Wie so oft handelt es sich bei „No country for old men“ um eine Romanverfilmung. Dieses Mal sind die Coen-Brüder die „Übeltäter“ gewesen. Der Produzent Scott Rudin hatte die Rechte an der Geschichte von Cormac McCarthy gekauft und daraufhin den Gebrüdern die filmische Umsetzung angeboten. Sie waren begeistert und machten sich alsbald an’s Werk. Der Roman selbst ist erst drei Jahre alt. Die Produktionskosten betrugen 25 Millionen US-Dollar und alleine in den Staaten konnte in den Kinos das Dreifache wieder in die Kassen gespült werden. Alleine finanziell – man bedenke die DVD-Einnahmen, die folgen werden und die Kinoeinnahmen aus anderen Ländern – ist der Film also ein gigantischer Erfolg. Zudem konnte er zahlreiche Awards abräumen, am erwähnenswertesten dabei natürlich die 4 Oscars. Unter Anderem wurde „No country for old men“ zum besten Film gewählt und die Coen Brüder erhielten den Oscar für die beste Regie. Das sind doch Fakten, die einen auch hierzulande noch in’s Kino ziehen sollten, so wie mich gestern.
Die Geschichte wird auf sehr ruhige und geduldige Art und Weise erzählt. Anfangs begleiten wir Llewelyn Moss (Josh Brolin) auf seiner Jagd durch die Prärie von Texas. Dort stößt er ungewollt auf einen fehlgeschlagenen Drogendeal, der 2 Millionen Dollar herrenlos hinterlassen hat. Das kommt ihm natürlich entgegen, allerdings sind noch ganz andere Leute hinter dem Geld her. Beispielsweise der kaltherzige Anton Chigurgh (Javier Bardem erhielt trotz seiner Frisur den Oscar als bester Nebendarsteller), der mit seiner Hochdruck-Tötungsmaschine (normalerweise ein Schlachtschussapparat) durch’s Land zieht. Zwischen den beiden beginnt ein umbarmherziges Katz- und Mausspiel, bei dem Moss immer auf der Flucht und Chigurgh immer auf der Jagd ist. Tommy Lee Jones verkörpert abgesehen davon den gealterten Sheriff Ed Tom Bell, der gezeichnet scheint von der beunruhigenden kriminellen Entwicklung, die sein geliebtes Land zu nehmen droht.
Wie ich schon andeutete, lassen sich die Gebrüder Coen massig Zeit beim Erzählen ihrer Geschichte. Ruhige Kamerafahrten und schöne Bilder sind es, die man hauptsächlich zu Anfang erblicken darf. Die Idylle wird immer wieder von knallharten Sequenzen gestört, meist inszeniert durch den skrupellosen Chigurgh. Dabei hatte ihn schon ein Polizist in den Händen gehabt, musste jedoch auf Grund seiner mangelnden Vorsicht ebenfalls sterben. Die Protagonisten, die sich gegenseitig meist haarscharf auf den Fersen sind (bis auf Bell, der das Ganze meist aus der Ferne beurteilt), sind selten gemeinsam auf der Leinwand zu sehen. Es ist ein ständiger Wechsel zwischen Flucht und Jagd. Wenn die beiden Elemente aufeinander prallen, kracht es so richtig. Klaffende Wunden, die auch noch selbstständig genäht werden (John J. lässt grüßen) sind ständiger Begleiter während des Films und man versucht nicht großartig, sie vor den Augen der Zuschauer zu verstecken. Daher muss man auch sagen, dass „No country for old men“ nichts für schwache Nerven oder Mägen darstellt.
Gesprochen wird wenig, da Opfer und Täter wie gesagt meist separat dargestellt werden. Die vorhandenen Dialoge sind natürlich gehalten, man darf keine großartigen Sprüche erwarten (außer, wenn Woody Harrelson seinen kurzen Auftritt als Carson Wells bekommt) oder übertrieben intellektuelle Moralpredigten. Der Film will seine Botschaft in realistischer Form herüberbringen. Das wird meiner Meinung nach fast zu weit getrieben, der Höhepunkt war für mich das Gespräch zwischen Chigurgh und dem Tankwart. Das ist so stupide, dass es einem schon wehtun muss. Nicht nur, dass das Sprechtempo auf sehr überschaubarem Niveau ist, die Hälfte der Sätze wird zudem wiederholt. Sonst allerdings bleibt man nah am Leben und das ist gut so. Denn wer hat schon in jeder Situation einen genialen Spruch, der auch noch voller Inhalt steckt?
Die Besetzung der Rollen ist perfekt gelungen. Der erste, der dabei feststand war Tommy Lee Jones, dem man sein Alter von über 60 Jahren mittlerweile deutlich ansieht. Doch das soll man dem alterndem Sheriff des Filmes auch, daher passt Jones sehr gut. Es gelingt ihm, die frustrierende Resignation, die sein Charakter scheinbar empfindet, zu verdeutlichen und kann auf diese Weise die Herzen der Zuschauer berühren. Josh Brolin spielt den egozentrischen Eigenbrödler Moss und auch hier ein großes Plus für die Besetzung. In den meisten Momenten gilt es, knallhart und stur zu sein. Schließlich noch Javier Bardem, bei dem ich mir zunächst schwer tat, die Rolle als Killer zuzugestehen. Doch Bardem macht seine Sache ebenfalls hervorragend und nach wenigen Minuten wird es eiskalt im Raum, wenn er wieder eine Szene hat. Gleichzeitig nimmt man ihm ab, dass der Charakter des Chigurgh auch eine menschliche Seite hat, die man nur in wenigen Szenen zu Gesicht bekommt.
Der Film ist eine atemberaubende Mischung aus ruhigen, geduldig erzählenden Elementen und nervenzerreißender Spannung. Letztere ist vor allem im Mittelteil des Films beheimatet, als es primär um die Kohle geht. Die Mischung ist bis zum Ende hin erfrischend, bis es nach knapp zwei Stunden zu langsam wird. Nachdem der Plot eigentlich schon aufgelöst ist, nimmt man sich noch etwa 20 Minuten, um alles wieder zur Ruhe kommen zu lassen und Tommy Lee Jones noch vermehrt die Chance zu geben, sich zu zeigen. Bis dahin spielt er nämlich eine Randrolle, am Ende gerät er jedoch in den Mittelpunkt. Das beinhaltet ein, zwei Szenen, die sinnlos und erzwungen erscheinen.
Fazit: Bei „No country for old men“ haben sich die Coen Brüder weitgehend an den Roman von McCarthy gehalten und einen riesigen Erfolg eingefahren. Sowohl finanziell als auch was die Reviews angeht. Die Kritiker sind sich weitgehend einig, dass es sich um ein Meisterwerk handelt und nicht umsonst erhielt „No country for old men“ den Oscar für den besten Film. Man darf aber kein Actionfeuerwerk erwarten. Die Brüder lassen sich bei ihrer Umsetzung viel Zeit, damit man sich auf die Charaktere und die Geschichte einlassen kann. Trotzdem kommt es zu gnadenlos spannenden Sequenzen und aufwühlender Gewalt. Eine wunderbare Mischung aus vielen Genres, das einzig zum Ende hin ein bisschen unübersichtlich wird. Von mir daher 8 Punkte. Euer
Don