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No Country for old men. So genial lakonisch wie der Titel ist auch das neue Meisterwerk von Joel und Ethan Coen. Meine Erwartungen waren sehr hoch und sie wurden erfüllt und zwar in erster Linie dadurch, dass die Coens sich eben nicht der allgemeinen Erwartungshaltung unterworfen haben.



Doch erstmal schön der Reihe nach. Die Geschichte, die hier erzählt wird, ist alles andere als neu. Im Grunde genommen gibt es unzählige Thriller die ähnlich ablaufen und dennoch umschleicht einen bereits nach den ersten Minuten das Gefühl, einen großen Film zu sehen.



Dies liegt natürlich in erster Linie an der inszenatorischen Perfektion, mit der die Coens ihr Werk versehen. Die Einstellungen der endlosen Wüste sind brillant, die Kamera liefert traumhafte Bilder und ohne große Vorgeschichte geht es gleich los. Der Film ist in den ersten 90 min eine relativ konventionelle Hetzjagd, welche allerdings spannender nicht daherkommen könnte. In No Country for old men wird man als Zuschauer mit ein paar der aufregendsten Patt Situationen in der Geschichte des Filmes konfrontiert. Die Coens ziehen virtuos an der Spannungsschraube und schaffen es sogar, aus dem Publikum vertrauten Szenen noch das letzte Stück Nervenkitzel herauszuholen.



Doch dann ca. 20 Minuten vor Schluss bricht das kreative Brüderpaar so radikal mit allen Konventionen und liefert einen Plottwist, der dem Großteil des Mainstreampublikums wohl den finalen Todesschlag versetzen dürfte. Der Film endet schließlich sehr offen und genau das ist es, was No Country letztendlich zu einem so starken Film macht. Die Coens pfeifen auf die Erwartungen und schaffen es somit den Zuschauer in so einer Art und Weise zu überraschen, wie er niemals zu träumen gewagt hat. Denn auch in diesen letzten Minuten schlagen die Coens ein paar weitere Haken und immer wenn man denkt, man weiß wie es nun weitergeht, schon wird man wieder überrascht. Dennoch finde ich zum Beispiel den Schlussmonolog von dem Sheriff nicht sonderlich gelungen, einer der wenigen Kritikpunkte.



Von der technischen Perfektion war ja bereits die Rede, besonders erwähnt werden sollte noch das eigentlich vollständige Fehlen einer Musik (die Mariachi Band zählt an dieser Stelle nicht). Auch dies ist sehr gewöhnungsbedürftig, erwies sich in diesem Falle allerdings als brillanter Schachzug. Die totale Stille, sorgt mit einigen Geräuschen der Natur für eine unbehagliche Atmosphäre.



Bei den Schauspielern muss man natürlich in erster Linie die beiden Hauptdarsteller, deren Duell den Hauptteil des Filmes ausmacht, erwähnen. Josh Brolin stellt seine Figur absolut brillant dar. Sein Moss ist ein sehr interessanter Charakter und seine Handlungen sind nicht immer berechenbar. Das gilt in noch deutlich ausgeprägterer Form für Javier Bardems Figur. Man kennt ja den Psychopathen aus vielen Filmen, sie sind aus dem modernen Kino kaum mehr wegzudenken. Chigurh ist einer von ihnen und doch wieder nicht. Denn obwohl er ein paar Merkmale bekannter Figuren in sich trägt, ist dieser Mann im Grunde völlig einzigartig. Er lebt nach seinem eigenen Kodex. Diese Figur ist allerdings auch die einzige, die sehr nah an einer Karikatur ist, doch Bardem starkes Schauspiel verhindert, dass die Grenze überschritten wird. Darüberhinaus machen die Coens in 2 Szenen eindrucksvoll klar, das auch er nur ein Mensch ist. Tommy Lee Jones ist ebenfalls großartig. Ihm gelingt es meisterhaft dem resignierten Sheriff ein eindrucksvolles Profil zu geben.



Fazit: No Country for old men rechtfertigt, zumindest meiner Meinung nach den Hype, der um ihn gemacht wird. Die Coen Brüder haben sich nach 2 schwächeren Filmen eindrucksvoll zurückgemeldet. Meisterschaft in fast allen Bereichen, das sollte honoriert werden. Ob es zu einem Klassiker reicht, darf allerdings noch bestritten werden. 9,5/10

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