Zunächst möchte ich an dieser Stelle meinen Dank richten an Walt Disney und seine Meisterwerk-Reihe, die mir seit Kindestagen ein Garant war für unvergessliche Filmerfahrungen. Nicht jeder Film der Reihe erreicht gänzlich die angestrebte Perfektion doch erst „Triff die Robinsons“ wurde für mich zur absoluten Enttäuschung. Den zeitlosen Charme ehemaliger Glanzzeiten kann der neueste Animationslangfilm des Studios nicht annähernd herstellen, bleibt ein seelenlos glatt produziertes Werk, welches die Bezeichnung Meisterwerk nicht annähernd verdient.
Schon die ersten Bilder machen eher den Eindruck eines Computerspiels, so ganz und gar künstlich präsentiert sich die merkwürdige Plastik-Welt, in der unter den quietschbunten Oberflächenreizen kein Platz für Detailverliebtheit herrscht. So überraschen die stark reduzierten Animationen, was sich vor allem im Charakterdesign äußert. Mögen sich die Kleinsten vielleicht zufrieden geben mit der temporeichen Nonsens-Geschichte, die zum Ende hin eine haarsträubende innere Logik offenbart, der abgeklärte Zuschauer muss die rar gesäten Highlights schon mit der Lupe suchen.
Auch wenn der Bösewicht, der ulkige Melonenmann, durchaus ein würdiger Vertreter für die Ahnengalerie der Disney-Schurken ist und die stilvollen Frösche (tolle Referenz an Michigan J. Frog) hervorragende Sidekicks darstellen, unterm Strich versagt der Film kläglich. Das überladene Drehbuch zeigt kein Gespür für eine Spannungsdramaturgie, schon nach kurzer Zeit versickert jeglicher Esprit. Statt auf eine gut erzählte Geschichte setzt „Triff die Robinsons“ durchweg auf schnelle Unterhaltung ohne tieferen Nährwert.
Damit fehlen dem pädagogisch kaum wertvollen Film sämtliche Ingredizien, für die Disney seit jeher steht. Als Vertreter der Meisterwerk-Reihe begeht er damit einen unverzeihlichen Verrat, weist darüber hinaus keinerlei selbstreferenzielle Cleverness auf. Musikalisches Timing ist erschreckenderweise ebenfalls nicht vorhanden, was bereits der erste, völlig unmotiviert vorgetragene Song beweist. Die Musik von Danny Elfman kann dagegen wie gewohnt Akzente setzen und ist für einen solch flachsinnigen Film eigentlich völlig verschwendet.
Selbst die Disney-typische Botschaft kann nicht vermittelt werden denn so aufdringlich wurde diese noch nie präsentiert. Unumwunden schreit man dem Zuschauer „Gin niemals auf“ entgegen, ohne jemals einen Kontext zu kreieren, der dieser Binsenweisheit eine adäquate Gestalt verleiht. Gegen Ende häufen sich durchwachsene Plotwendungen, die trotz unabsprechlicher Originalität den Karren nicht mehr aus dem Dreck ziehen können. Die Form steht hier jederzeit über dem immer schwächer werdenden Inhalt und selbst stilistisch kann der Film nicht begeistern. Zu sehr orientiert man sich an Konkurrenzprodukten der vergangenen Jahre ohne Vertrauen in den zugrunde liegenden Stoff zu beweisen, dessen Rechte sich Disney schon vor Jahren sicherte.
Gesellschaftskritische Spitzen verwendet Regisseur Stephen J. Anderson, der auch am Drehbuch mitschrieb, leider kaum spürbar. Grelle Farben, fideler Slapstick und rasante Action bestimmen den Grundton, sämtliche Subtexte scheinen aus dem aalglatten Film entfernt. Insgesamt fällt es schwer, eine bestimmbare Atmosphäre heraus zu stellen, sodass die Figuren letztlich leblos bleiben. Was bleibt, ist eine sehr einfach gestrickte Moral, die hier wirklich mit dem Holzhammer serviert wird und eine interessante, wenn auch misslungene Stilistik. Diese Faktoren helfen „Triff die Robinsons“ aber kaum mehr auf Durchschnittsniveau – dafür sorgt die unglaublich naiv gestrickte Familiengeschichte mit ihrer verlogen-harmonischen Aussage noch zusätzlich für Verärgerung. Einzig die Synchronsprecher leisten gute Arbeit, was auch mit Abstrichen für die deutschen Kollegen gilt, die jeweilige Persönlichkeit des Sprechers bleibt aber im Gegensatz zu den führenden Genrevertretern unkenntlich hinter einer Maske der Beliebigkeit versteckt.
Fazit: Wann immer ein Disneyfilm versucht, möglichst cool und zeitgemäß zu erscheinen, dann geht dieses Konzept unweigerlich in die Hose. „Triff die Robinsons“ hinkt den Pixar-Produktionen meilenweit hinterher und beschmutzt zudem das fast makellose Antlitz der Meisterwerk-Reihe. Zudem entwickelt der Film ein bedenklich unkritisches, grenzenlos positives Bild einer durchtechnisierten Gesellschaft, gegen die selbst in Utopia eine Schreckensherrschaft regiert.
04 / 10