Großes Vertrauen in ländliche Gefilde haben die US-Horrorfilmer nicht: Hier wüten Schlitzer wie Jason, monströses Viehzeug stapft umher – oder Snuff-Filmer erwarten unfreiwillige Darsteller.
Das Ehepaar David (Luke Wilson) und Amy Fox (Kate Beckinsale) ahnt allerdings noch gar nicht, was ihm bevorsteht. Das zerstrittene Paar kommt von einer Feier zurück und vom Weg ab, was die gereizte Stimmung nur verschärft. Die Ehe ist am Ende seit der gemeinsame Sohn umkam. Großartig als Backstorywunde angelegt und mehrfach erwähnt, doch schlussendlich kaum von Bedeutung. Genaueres zu dem Todesfall erfährt man nicht und die Bewandtnis für die eigentliche Geschichte entpuppt sich als herzlich klein.
Nach einer Autopanne ziehen die beiden in einem verlassenen Motel ein, das kaum Gäste entfängt und noch dazu extrem ranzig ist. Doch auf den Abschleppdienst muss gewartet werden. Zum Zeitvertrieb schiebt man die herumliegenden Videos in den moteleigenen Rekorder – auf den Bändern sind Snuff-Filme! Es wirkt schon befremdlich, warum die Killer diese rumliegen lassen, sind sie doch Beweisstücke und warnen die Opfer vor – das kann das bisschen gesteigerter Angst, das man damit erzielt, nicht wert sein.
Zudem bieten die Videos dem Ehepaar nützliche Anhaltspunkte, wie man gegen die Mörderbande vorgehen könnte, die bald anrückt, um das neuste Werk zu vollenden. Doch mitten im Nirgendwo ist die Suche nach einem Ausweg nicht leicht...
Das Thema des Snuff-Films wird in Hollywood immer mal wieder für Thriller aufgegriffen, ist hier aber nur Mittel zum Zweck. Genauso gut könnte man die mörderischen Hobbyfilmer durch Kannibalen, Psychopathen oder Raubmörder ersetzen, die Geschichte würde es kaum tangieren. Jedoch macht „Motel“ das meiste daraus, denn gerade die Szenen mit den Snuff-Bändern sind wohl die eingängigsten des Films: Im Camcorder-Look gefilmt vermitteln sie ein durchaus glaubhaftes Bild davon, wie es den Opfern derartiger Mörder wohl gehen könnte und wie sich diese wohl ausleben würden.
Abstriche hingegen sind bei den Charakteren und der Originalität zu verzeichnen. Im Endeffekt läuft die Chose auf ein handelsübliches Katz-und-Maus-Spiel hinaus, wie man es von zig anderen Thrillern und Horrorfilmen her kennt, dessen Ende man schon irgendwie erahnt. Zudem baut „Motel“ zuwenig Nähe zu seinen Hauptfiguren auf als dass ihr Schicksal den Zuschauer groß tangieren würde, dafür ist dann Geschichte um die kaputte Ehe der beiden dann zu unterentwickelt (s.o.) und es mangelt an sonstigem Profil. Er ist eher pragmatisch veranlagt, sie eher von der Situation geschockt – das war’s.
Was nicht bedeutet, dass „Motel“ es nicht verstünde passagenweise Spannung zu erzeugen. Die Exposition bereitet das Grauen, das schlussendlich kommt, sorgsam vor und das gezielte Vorgehen der Killer sorgt für Gänsehaut. Gerade dann, wenn mal wieder ein Plan der Eingeschlossenen misslingt, dann verunsichert „Motel“ den Zuschauer auf jene Art, die den Reiz des Horrorkinos ausmacht. Damit geht auch „Motel“ so gut es geht gegen die Vorhersehbarkeit des Scripts vor und verlässt sich nicht auf vordergründige Effekte: Die Todesszenen sind dezent in Szene gesetzt und lediglich bei der Zweckentfremdung einiger Autos gibt es einige aufwändige, aber nicht vordergründige Momente.
Luke Wilson und Kate Beckinsale mühen sich da auch redlich den Charakteren noch mehr Profil zu verleihen als das Script ihnen zubilligt und schaffen da immerhin einen Achtungserfolg, was aber die fehlende Charakterisierung von Drehbuchseite her nur teilweise wettmacht. Ähnlich sieht es auf Fieslingsseite aus: Die Darsteller verkörpern ihre Parts recht gut, doch ein unbefriedigtes Gefühl bleibt doch, da die Motivation schwammig bleibt. Machen die Killer das nur für den Verkauf der Videos oder haben sie Spaß daran? Wer kauft das Zeug außer dem Trucker? Und sind solche Leute eine so zahlungskräftige Käuferschicht?
Insofern lässt „Motel“ einiges an Potential sicher ungenutzt und hätte mit einem besser durchdachten Script mehr punkten können. Doch kurzweilige Horrorunterhaltung bietet der Film nicht zuletzt dank seiner gelungenen Inszenierung und der dichten Atmosphäre schon, nur zu wirklich großem Genre-Entertainment fehlt da eben noch ein Stück.