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Nein, in diesem Leben werde ich wohl kein Freund mehr des Schaffens von Catherine Breillat...

In Deutschland dürfte ihr bekanntester Film wohl "Romance X" sein, der seinerzeit für helles Aufsehen sorgte, da die "Bild"-Zeitung mit der Schlagzeile "Porno im Free-TV" auf billige Sensationsgeilheit aus war. In der Tat enthält Romance einige pornografische Szenen, die jedoch nicht den selben Hintergedanken besitzen, wie die Filme von Michael Ninn beispielsweise.

Mit ihrem Film "Une vieille maitresse" möchte Catherine Breillat neue Wege gehen. Es handelt sich um einen etwas konventionelleren Film, ohne schockierende Hardcore-Szenen und feministischen Hintergründen. Als Vorlage diente der gleichnamige Roman von Jules Amédée Barbey d'Aurevilly (1808-1889).

Paris, 1835. Die Marquise de Flers möchte ihre Enkelin Hermangarde (schrecklicher Name) mit dem Frauenheld Ryno de Marigny verheiraten. Dieser hat jedoch seit zehn Jahren eine Geliebte, die den Namen Vellini trägt (Asia Argento) und einen schlechten Ruf genießt. Aus dieser Konstellation enstehen zwangsläufig Konflikte. Der Film spiegelt einerseits die Ereignisse des Jahres 1835 wieder und erzählt auf der anderen Seite mittels Rückblenden, die Entwicklung der über 10 Jahren anhaltenden, innigen Beziehung zwischen de Marigny und Vellini.

Die Umsetzung dieser klassischen Geschichte gelingt Catherine Breillat, wenn man bedenkt, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Historienfilm realisiert hatte. Sie selbst behauptet, dass dieser Film ihr besonders am Herzen liege, da die Kosten für dieses Werk ihr übliches Budget bei weitem übertrafen. Diese Aussage lässt sich nach der Sichtung zweifelslos untersteichen, denn sowohl die sorgfältig ausgesuchten Dekors, als auch die Kostümierung versetzen den Zuschauer zurück in die Zeit der "liaisons dangereuses". Die stets zeitgemäße französische Sprache der Protagonisten fügt sich ebenfalls in diese gelungene Rekonstruktion des 19. Jahrhunderts ein.

Der androgyne Hauptdarsteller Fu'ad Aït Aattou, der den Ryno de Marigny spielt und mir bis dato nicht bekannt war, oszilliert ständig zwischen der Rolle eines Don Juans und einer weiblichen Seite, sodass ein sehr facettenreicher Charakter entsteht, den man ernst nehmen kann.

Etwas deplaziert wirkt für meine Begriffe Asia Argento, die in einer ernsten Rolle durchaus überzeugen kann und dadurch ihr wahres Talent offenbahrt, aber natürlich auch ein wenig an Glaubwürdigkeit vermissen lässt, bedingt durch bisheriges Rollenmuster. Bemerkenswert finde ich, dass man ihre Tätowierungen durch ein Körper-Make-Up vollständig kaschieren konnte.

Zwei Szenen haben mich desweiteren aufspringen lassen. An einer Stelle trinkt Asia Argento ihrem Geliebten das austretende Blut aus einer Wunde. In einer anschließenden Szene wird ein Huhn getötet, um den roten Saft des Tieres zu Heilzwecken zu benutzen. Im Vergleich zu den Provokationen in "Anatomie de l´enfer" sind diese Szenen letztendlich noch sehr sanft.

Vorwürfe könnte man dem Film "Une vieille maitresse" wegen seines sehr trägen Erzähltempos machen. Selbstverständlich bin mir darüber bewusst, dass Catherine Breillat kein Unterhaltungsfilm plante und naturgemäß andere Elemente im Vordergrund stehen sollten, als bei normalen Genrefilmen. Ich bleibe in dieser Beziehung aber sehr pedantisch und verlange auch von einem Arthaus-Film einen gewissen Unterhaltungswert, wenn er schon nicht menschliche Gefühle in einer nie dagewesenen Weise reflektiert.

An dieser Stelle entsteht ein perfekter Übergang zu unserem nächsten Kritikpunkt. Wie ich es bereits erwähnt habe, ist Breillats Film konventionell, vielleicht sogar schon etwas zu konventionell für meine Begriffe, sodass er aus ihrem Gesamtwerk heraussticht. Eine alte, triviale Weisheit lautet "Schuster, bleib bei deinem Leisten". Genau diese Verhaltensweise hätte ich Catherine Breillat ans Herz gelegt. Obwohl sie darauf besteht, dass der Film ihr wichtig sei, kann ich es nur widerwillig glauben, da "Une vieille maitresse" nicht den selben Tiefgang, die Komplexität ihre vorherigen Werke besitzt. Reflexionen über bestimmte Rollenmuster oder Sexualität sind hier in einem viel niedrigerem Ausmaß vorhanden.

"Une vieille maitresse" bekommt 5 Punkte.

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