Cybill Sherperd ist in Deutschland nicht wirklich eine große Berühmtheit. In den USA kennt sie dagegen nahezu jeder. Der Fernsehstar ist in vielen TV-Serien wie "Das L-Word" oder "Das Model und der Schnüffler" zu sehen gewesen, in letzterer als Partnerin von Actionstar Bruce Willis. Den wirklich großen Durchbruch erlangte Sherperd jedoch bereits Mitte der 90er mit "Cybill", einer ihr auf den Leib geschneiderten Sitcom, erfunden vom Meister seines Fachs Chuck Lorre, der auch "Two and a half Men" und "Big Bang Theory" zu verantworten hat. Und wie nahezu alles von Lorre ist auch "Cybill" zum brüllen komisch.
"Cybill" erzählt die Geschichte der erfolglosen Schauspielerin Cybill Sheridan, welche sich zwar mit kleineren Rollen und Fernsehauftritten soweit über Wasser halten kann, jedoch schon immer den Hang nach Größerem verspürt. Nur hat sie leider nie das Glück mal ein größeres Arrangement an Land zu ziehen, zumal sie sich auch mit ihrer Patchwork-Familie herumschlagen muss. Da hätten wir die zwei Ex-Ehemänner, der eine ebenfalls (schlechter) Schauspieler, der andere Romanschreiber mit Schreibblockade. Und die beiden Töchter, eine scharfzüngig und zynisch, die andere Ehefrau und alles andere als happy. Gut, dass da noch Maryann, Cybills beste Freundin, ist, doch diese ist mit ihrem ständigen Rachefeldzug gegen ihren Ex-Mann auch nicht wirklich eine Hilfe... Doch für eine ordentliche Portion Sitcom-Fun reicht diese Kombo bestens aus. Zumal sich die Storys der einzelnen Episoden immer wieder wohlwollend von braver Familienunterhaltung wie. z. Bsp. der "Bill Cosby-Show" abhebt, und sich nicht selten um die typischen Probleme der Frauen dreht.
Dabei geht die Serie oft einen Weg, der zur Ausstrahlungszeit der Serie ungewöhnlich war und schon mal für den ein oder anderen kleinen Skandal sorgte. Denn Themen wie die weibliche Menopause bzw. die Menstruation, Sex mit wesentlich jüngeren- und wesentlich älteren Männern, oder allgemein die weiblichen, sexuellen Bedürfnisse, waren noch Mitte der 90er ein absolutes Tabu im amerikanischen Sitcom-Raum, werden jedoch hier lockerleicht und ohne falsche Verkniffenheit zum Gesprächsthema gemacht. Dabei wird natürlich ordentlich über die Strenge geschlagen und hoffnungslos überspitzt, auch wenn ein wirklicher "Dirty Talk" nicht stattfindet. "Fucks" gibt es auch hier nicht, "Vagina" jedoch nicht nur einmal. Und das war für die damalige Zeit schon beachtlich.
Aber auch außerhalb der leichten Tabubrüche ist die Serie ein Hochgenuss. Die ewigen Kabeleien zwischen der doch eher normalen Cybill und ihrer schwerreichen, hochkantitelten und dabei dennoch irgendwie mehr als menschlichen Freundin Maryann machen einfach nur Spaß und geben nicht selten eine wunderbare Karikatur auf das amerikanische Sein und Nichtsein wieder. Wenn Maryann z. Bsp. ihren Martini aus einem pinkfarbenen Thermobecher trinkt, während sie Sport macht, oder die Hochzeitsparty ihres Exmanns aufmischt, dann ist Lachen einfach garantiert. Und auch die herrlichen Seitenhiebe auf die kleinen Naivitäten des normalen bürgerlichen Lebens machen Spaß.
Und wenn man sich Cybills Familie anschaut, kommt man aus dem Lachen ebenfalls kaum raus. Allen voran ist dabei Töchterchen Zoey zu erwähnen, welche mit ihrem beissenden Zynismus wirklich so gar nicht in ihre Familie passen will und doch genau das Produkt ist, was man sich irgendwie aus der Mischung von Cybill und ihrem Vater Ira vorstellt. Dann eben Ira, der Ex-Mann der nicht von Cybill lassen kann und Jeff, der Ex-Mann, der zwar irgendwo gut aussieht, aber in punkto Intelligenz auch nicht gerade hier geschrien hat, als diese verteilt wurde. Und natürlich dessen und Cybills Tochter Rachel, sowie deren Ehemann, die mit ihren Zänkereien auch für nicht wenig gute Witze zu gebrauchen sind. Kurzum, egal ob Familie oder Freundin, Cybills Umfeld ist eine Ansammlung wirklich aberwitziger Figuren, die allesamt typisch Amerika sind, auch wenn ihre Zusammenstellung so gar nicht dem US-Ideal entsprechen will. Und genau das ist es, was die Serie ausmacht.
Aber auch die Darsteller sind Gold wert. Über Cybill Sheperd muss man sicher nicht noch mehr sagen. Das diese Rolle die Rolle ihres Lebens ist, habe ich ja schon erwähnt. Mindestens genauso brillant, wenn nicht gar noch besser, ist da die wunderbare Christine Baranski, welche die schräge Maryann mit absoluter Bravour zur Schau stellt. Kein Wunder das auch viele ihrer späteren Rollen genau auf dieser Figur basieren, vor allem in "Mamma Mia" kommt sie ihr wieder sehr nahe. Dazu Alicia Witt als kreidebleiche, zynische Tochter Zoey, Deedee Pfeiffer als Tochter Rachel, sowie Alan Rosenberg, als Ex-Mann Ira Woodbaum. Und zumindest in einer kleinen Rolle darf sich auch Tim Maculan als schwuler Kellner ordentlich austoben. Kurzum, der Cast ist einfach wunderbar.
Fazit: Ein weiteres Comedy-Juwel aus der Tasche von Chuck Lorre. Herrlich schräge Figuren, in noch schrägeren Geschichten, welche aber dennoch allesamt wie aus dem typischen Leben von nicht ganz so typischen Amerikanern wirken und vor allem mit ihrer sehr offenen Art, weibliche Probleme in einer Sitcom zu verarbeiten, punkten kann. Auch wenn das alles nach gut 15 Jahren überholt wirken mag, Spaß macht das Ganze auch heute noch. Den wunderbaren Figuren, sowie Lorres Zutun sei dank!
Wertung: 8/10 Punkte