„Die Bestie kann man nicht zähmen. Das ist gegen die Natur.“
Das Jahr 1981 läutete die Renaissance des Werwolf-Films ein. „The Howling – Das Tier“, „American Werewolf“ und „Wolfen“ wurde allesamt in jenem Jahr veröffentlicht. Der erste in dieser Reihe war US-Regisseur Joe Dantes („Gremlins – Kleine Monster“) „The Howling – Das Tier“, seine erste Regiearbeit der 1980er-Dekade.
TV-Reporterin Karen White (Dee Wallace, „Cujo“, „E.T. - Der Außerirdische“) steht für die nächste große Story in telefonischem Kontakt mit einem sich Eddie nennenden Serienmörder. Schließlich will er sich in der Filmkabine eines Sexshops mit ihr treffen – mit der Polizei im Schlepptau geht sie auf das Angebot ein, doch dort geschieht etwas Grauenvolles. Die Polizei schießt Eddie nieder und Karen kann sich fortan kaum noch an den Vorfall erinnern, wird aber von Alpträumen geplagt. Ihr Psychiater Dr. Waggner (Patrick Macnee, „Reise zurück in der Zeit“) verordnet ihr und ihrem Ehemann Bill (Christopher Stone) Erholung im unter seiner Leitung stehenden abgelegenen Sanatorium im Wald. Unheimliches nächtliches Wolfsheulen, geheimnisvolle Mitpatienten und auf die Spur Eddies führende Devotionalien und Indizien deuten jedoch nicht auf einen erholsamen Aufenthalt hin…
Joe Dantes „The Howling – Das Tier” ist ein sehr gelungener Subgenre-Beitrag mit handgemachten Effekten von Spezialeffektkünstler Rob Bottin (John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welten“, „Total Recall“) inkl. einer der beeindruckendsten Verwandlungsszenen, die jemals ein Werwolf-Film erlebt hat, und im direkten Vergleich mit z.B. „American Werewolf“ wesentlich subtilerem Humor. Verpackt in schöne ‘80er-Grusel-Atmosphäre mit Kontrast aus städtischem Neonlicht und nebligem, idyllischem Waldgebiet baut sich die Geschichte zugegebenermaßen bisweilen ein wenig behäbig auf und in Suspense-Szenen fällt es Dante nicht immer leicht, die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu behalten. Dafür zieht er aber ca. nach der Hälfte die Spannungsschraube an und entschädigt letztlich mit einem überraschenden, makabren Ende. Viele Szenen überzeugen durch ein punktgenaues Zusammenspiel von Farben, Lichtern, Musik und Geräuschen, das ihnen zusätzliche Dynamik verleiht. Die am Tage spielenden Szenen atmen zudem sommerliche Camp-Stimmung, spätestens seit „Freitag, der 13.“ ein beliebtes Genremotiv.
Eine Sexszene am Feuer ist aufgeladen mit knisternder, archaischer Erotik und besiegelt den Subtext des Films, der sich um zivilisatorisch unterdrückte, animalische Triebe dreht, die sich äußerlich in Form der Werwolf-Verwandlungen manifestieren und ihren Teil dazu beitragen, dass die zu selbigen neigenden Menschen nicht vollends dämonisiert werden, ja, „The Howling – Das Tier“ sie gar um Verständnis buhlen lässt. Die sich humanoid-aufrecht auf zwei Beinen bewegenden Geschöpfe indes sehen leider nicht ganz so furchterregend und/oder faszinierend aus, wie sie es vielleicht hätten können und fallen gegenüber der ausführlich und detailliert gezeigten Verwandlungsszene etwas ab. Grandios hingegen sind die durchaus schwarzhumorigen, satirischen Seitenhiebe auf die Fernsehlandschaft, die ihren Höhepunkt in der überraschenden, großartigen Schlusspointe finden.
Die Schauspieler machen ihre Sache durch die Bank weg gut. Ihre Rollennamen stecken voller Verweise auf Filmschaffende, die ebenfalls ihren Teil zum Werwolf-Genre beigetragen haben. Generell ist „The Howling – Das Tier“ gespickt mit Anspielungen und Verweisen auf das Genre und bietet viel zu entdecken – beispielsweise einige Gastauftritte, unter anderem von Dante-Mentor Roger Corman. Dee Wallace in der Hauptrolle überzeugt auf ganzer Linie als unbescholtenes, moralisch einwandfreies junges Ding, das in einen Strudel aus konspirativen Geheimgesellschaften, sich verändernden Nahestehenden, wiedererstarkten Urtrieben und purem Entsetzen bis hin zur Zerstörung ihrer selbst gerät. In einer Nebenrolle als Buchantiquariatsbetreiber wieder mit von der Partie ist Dick Miller, wie üblich unter dem Namen seiner Hauptrolle in Roger Cormans „Bucket of Blood“, Walter Paisley – wenngleich er diesmal erschreckende Ähnlichkeit mit Peter Maffay aufweist.
Fazit: Die Wiedererweckung des Subgenres ist Joe Dante formidabel geglückt mit einem weitestgehend ernsten Film, der sich vor seinen Inspirationen ehrerbietend verbeugt und die richtige Balance zwischen Hommage, Horror, Härte, Effektspektakel, Anspruch und wohldosiertem schwarzem Humor trifft. Befindet sich gerade durch den Verzicht auf allzu offensichtliche Komik meines Erachtens trotz kleinerer dramaturgischer Schwächen auf Augenhöhe mit John Landis’ „American Werewolf“, der i.d.R. bei der Kritik etwas besser wegkommt – ist jedoch trotz der berüchtigten Bottin-Spezialeffekte mit Latex, Druckluft etc. vielleicht stilistisch noch etwas mehr dem vorausgegangenen Jahrzehnt verhaftet, als es Landis’ London-Exkursion war.
Vielleicht etwas zu strenge 7,5 von 10 Punkten, gehört für Horrorfreunde ungeachtet dessen zur Allgemeinbildung.