Review

Die Kritik beruht auf der einzigen zur Zeit erhältlichen Uncut-Fassung des Labels Dragon Entertainment!

 Michele Massimo Tarantini war als Regisseur ein Spätzünder und hechelte mit seinen Filmstoffen längst abgenutzten Trends hinterher. Lediglich mit diversen Komödien aus der "Flotte Teens"-Reihe lieferte er ein paar schlüpfrige Werke ab, und schwamm relativ erfolgreich auf der aktuellen Softsexwelle mit, eher er sich härteren Themen zuwendete:
Sein qualitativ eher bescheidener "Ausgestossen - Nackte Gewalt im Frauengefängnis" war ein unterhaltsamer Nachklapp auf das WIP-Genre und auch "Amazonas" entstand zu einer Zeit, als Kannibalen kaum noch einen Zuschauer ins Kino locken konnten.

Filmemacher wie Ruggero Deodato oder Umberto Lenzi schockten bereits lange vor Tarantinos Ausflug ins Kannibalenfilm-Genre mit knallharten und blutrünstigen Werken wie "Mondo Cannibalen", "Cannibal Holocaust" oder "Cannibal Ferox" das Kinopublikum, so dass "Amazonas" wie ein uninspirierter Versuch wirkt, ein längst totes Genre wieder zum Leben erwecken zu wollen.

Qualitativ als auch dramaturgisch kommt der Film, der großspurig mit seinem internationalen Titel "Cannibal Ferox II" mehr verspricht, als er auch nur ansatzweise halten kann, nicht über das Niveau peinlichster Fummelfilmchen hinaus.
Die Dialoge sind teilweise eine Qual, die Schauspieler eine Zumutung und primitive Sexszenen blasen das billige Machwerk auf eine akzeptable Länge.
Duschszenen, lesbische Fingerspiele oder auch eine Vergewaltigung - die Kamera verweilt länger als nötig und selbstzweckhaft auf den Intimzonen der Darstellerinnen, dass man glauben könnte, Tarantini wäre bei keinem geringeren als Jess Franco in die Lehre gegangen.

Doch trotz seines exploitativen Charakters entwickelt sich "Amazonas" nach einem zähen Einstieg zu doch noch zu einem leidlich unterhaltsamen Abenteuerfilm, der alles enthält, was man von einem Streifen dieses Genres erwarten kann:
Spinnen, Schlangen, Alligatoren - ja sogar Piranhas dürfen sich über die Darsteller hermachen. Mörderischer Treibsand und hungrige Kannibalen sorgen ebenso für einen Anstieg des Bodycounts wie ein Flugzeugabsturz - alles sehr billig inszeniert, aber durchaus effektiv.

Ja, der Film ist wirklich kostengünstig inszeniert worden - vor allem an einem Komponisten wurde gespart und nicht nur Darsteller Michael Sopkiw (bekannt aus Lamberto Bavas "Der Monster-Hai"), sondern auch der komplette Soundtrack aus "Blastfighter - The Exekutor" kamen in "Amazonas" erneut zum Einsatz. Die fetzigen Synthesizer-Klänge passen zwar überhaupt nicht zur Dschungel-Atmosphäre, verleihen dem Film aber einen unverwechselbaren Charme und Trash-Appeal.

Alles in allem kein ganz so schlechter Streifen wie der Anfang noch vermuten lässt. Zwar wird Tarantini als Regisseur niemals  Anwärter auf einen Oscar sein, aber zumindest bieten seine Werke kurzweilige Unterhaltung auf niedrigem Niveau. Und Mitte der 80er Jahre haben die Italiener - weiss Gott - schlimmere Machwerke verbrochen, als diese kleine Trash-Perle.

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