Chris O´Donnell spielt einen Internatsschüler, der ein paar seiner Mitschüler beobachten konnte, als sie Wagen des Dirktors verunstalteten, diese aber nicht verraten will. Während ihm sein Dirktor im Nacken sitzt, erklärt er sich bereit, auf einen erblindeten, ehemaligen Colonel aufzupassen. Doch der verbitterte Alkoholiker, gespielt von Al Pacino, schleift ihn mit nach New York, wo er sich umbringen will.
Die Story ist gut. Das wirklich einzigartige an "Der Duft der Frauen" ist die hervorragende Charakterzeichnung der Hauptfigur. Der Colonel gibt sich zwar nach außen unnahbar und unerbittlich, ist aber nach innen ausgebrannt und zerrissen. Über die vollen 150 Minuten beschäftigt sich der Film fast ausschließlich mit dieser Figur und zeichnet sie somit hervorragend. Auch die Beziehung von Pacino zu O`Donnell rückt in den Vordergrund und ist ebenfalls vielschichtig und hochinteressant dargestellt. Die eigentliche Story ist meiner Meinung nach ein kleines bisschen zu simpel gestrickt und ist kaum komplex genug, um die lange Laufzeit voll auszufüllen, weswegen der Film im Mittelteil stellenweise ein bisschen harkt. Die Wendungen sind nicht schlecht, auch wenn sie zum Ende hin leider mehr und mehr vorherzusehen sind. Dafür liegt die Handlung aber jenseits jedes Stereotype und liefert endlich ein paar neue Ideen. Alles in allem ist die Story gut.
Wenn man schon die ganze Story auf eine einzige Figur ausrichtet und deren charakterliche Fassetten und Veränderungen darstellen will, lebt und stirbt das Werk natürlich mit der Leistung des Hauptdarstellers und der ist überragend! Bekanntermaßen sind Behinderten- und Psychopathen-Rollen am schwersten zu spielen, weswegen viele der weltbesten Darsteller vor allem in solchen Werken besonders glänzen konnten, man denke nur an Dustin Hoffman in "Rain Man" oder Jamie Foxx in "Ray". Und auch Al Pacino zeigt hier sein vollkommenes Talent und heimst absolut zu Recht seinen ersten Oscar ein. Mit einer überragenden Mimik, einer unübertroffenen Gestik und einer, beinahe beängstigend großen Leinwandpräsenz, bereichert der Jahrhundert-Darsteller den Film um einiges. Hinterher weiß man nicht einmal mehr, ob es überhaupt andere Darsteller in diesem Film gab, so überragend und vollkommen ist das Spiel von Pacino, dem man den Spaß an seinem Beruf und seine Hingabe deutlich anmerkt. Neben Robert de Niro in "Wie ein wilder Stier" und Hilary Swank in "Million Dollar Babie" ist dies wohl die beste Leistung, die ich jemals sehen durfte. Chris O`Donnell spielt ebenfalls gut und liefert ohne Zweifel die beste Leistung seiner Karriere ab, kommt aber nicht einmal ansatzweise an die Leistung seines Kollegen heran. Philip Seymour Hoffman ist übrigens in einer seiner ersten Rollen in einer Nebenrolle zu sehen. Der übrige Cast ist ebenfalls gut.
Nach den Komödien "Midnight Run" und "Beverly Hills Cop" macht Regisseur Martin Brest eine 180°-Wendung und präsentiert diesmal ein Drama, woran er mit "Rendezvous mit Joe Black" anknüpfte. Die Atmosphäre ist die ganze Zeit über melancholisch, was aus der ruhigen Musik und dem überaus getragenen Erzähltempo resultiert. Die Kulisse ist gut und wie der ganze Film relativ stilvoll. Der Unterhaltungswert wäre wohl nicht sonderlich hoch gewesen, da der Film gegen Ende durch seine Vorhersehbarkeit keine Spannung hätte aufbauen können und durch das langsame Tempo kein bisschen spannend hätte werden können, aber die hervorragende Leistung von Pacino, dem ich auch 10 Stunden lang hätte zusehen können, korrigiert den Unterhaltungswert nach oben. Spannend wird der Film leider dennoch kaum, dafür er aber wenigstens dramatisch und spitzt sich zum Ende hin zu.
Fazit:
Mit einer soliden Umsetzung und einer guten Charakterkonstruktion, wäre "Der Duft der Frauen" sicherlich sehenswert, aber nicht wirklich gut gewesen, zumal der Unterhaltungswert nicht sonderlich hoch ist. Mit Al Pacinos überragender Leistung wird der Film jedoch schlagartig über das Mittelmaß hinausgehoben und kratzt bereits an der Schwelle zum Meisterwerk. Es macht wirklich Spaß, diesem Könner bei der Arbeit zuzusehen. "Der Duft der Frauen" ist damit auf jeden Fall empfehlenswert.