Review

Die wirklich unheimliche Begegnung der dritten Art

„Poltergeist“ war für mich schon immer die zugänglichere, familienfreundlichere Version von „Shining“. Die ungewöhnliche Zusammenarbeit zwischen Tobe „Texas Chainsaw Massacre“ Hooper und Steven Spielberg trifft den Ton ziemlich genau zwischen dem Kubrick-Meilenstein und etwa „Ghostbusters“ oder „E.T.“ und hat absolut das Zeug, jeden kleineren Filmgucker zum Horrorfilmfan zu machen. Oder sein lebenslang zu verstören. Denn man sollte keinesfalls denken, dass die Geschichte um eine Familie in einem Geisterhaus (gebaut auf einem Friedhof!) zu weichgespült und kindlich daherkommt. Falscher könnte man kaum liegen! Spätestens wenn sich eine Person die aufplatzende Haut vom Gesicht reißt, weiß man Bescheid...

„Poltergeist“ ist von den Kindern bis zu den Erwachsenen herausragend intensiv und realistisch gespielt und bietet etliche ikonische Sätze und Szenen. Allein das stroboskopische Licht oder mit echten Leichen gedreht finale Pool-Szene bleiben lange hängen. Die Atmosphäre reicht von typisch-amerikanisch bis wahrhaft gruselig bzw. kombiniert diese beiden Extreme geschickt. Safe trifft unsicher, behütet trifft übernatürlich. Zudem sind die Effekte ein feiner Mix aus handgemacht und computergeneriert. Viel besser kriegt man das selbst heute nicht hin. Was das miserable und völlig unnötige Remake eindrucksvoll belegt. Ebenfalls klar ist auch der enorme Einfluss, den dieser All-American-Nightmare auf aktuelle Horrorwerke hat, von „Insidious“ bis „Stranger Things“. Wenn man dazu dann noch die Meta-Gänsehaut nimmt, die man automatisch bekommt, wenn man sich etwas mit der Entstehung bzw. dem Schicksal etlicher Beteiligter beschäftigt, ist ein einmaliges Gesamtpaket geschnürt, das nicht nur mich in meiner Kindheit nachhaltig geprägt hat. Vielleicht sind ein paar Minuten zu viel auf der Uhr, im Mittelteil wird doch etwas viel Zeit mit den Medien verballert, die der Familie helfen wollen, doch insgesamt ist das wohl der verstörendste „milde Schocker“, den so einige Eltern ihren Kindern (zu) früh vorgesetzt und gewaltig unterschätzt haben...

Fazit: für Familiengrusel zu heftig, für echten Grusel zu zahm? Quatsch! „Poltergeist“ ist ein ausgewachsener Horrorfilm, der Hoopers Terror mit Spielbergs Sanftheit kombiniert. Herausgekommen ist eine edle Einstiegsdroge in Sachen Horror und ein echter Klassiker seines Jahrzehnts. Gruselig, atmosphärisch, emotional. Von diesem Baum, der mich seit meiner Kindheit verfolgt, bis zu „Sie sind hiiier!“ - ein Volltreffer und erstaunlich zeitlos!

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