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Biker schauen auf einen Gefängniskomplex. Schnitt. Der düster dreinblickende Diablo (Tony Bolano) wird zum elektrischen Stuhl geführt und festgeschnallt. Er schwört finstere Rache; im Publikum viele Figuren, die uns im Verlaufe des Films noch begegnen werden. Im Gegensatz zum eher rocklastigen Soundtrack im Stile von W.A.S.P., Iron Maiden und D.I.O., wobei das jetzt kein Zufall ist, führt die Band Animal doch W.A.S.P. Wegbegleiter und läßt sich von Rondinelli und Rough Cut doch ein direkter Bezug zu Ronnie James Dio herstellen, begrüßt uns Nightmare Beach zunächst mit Kirsten, die uns mit Don't Take My Heart eher kitschigen 80er Jahre Gute-Laune-Pop-Rock entgegenschmettert. Daß Claudio Simonetti (ex-Goblin) hier außerdem noch einen Score beigesteuert haben soll, merkt man hingegen kaum.
Die Stimmung kocht an Malibu's Stränden, denn es ist Spring Break. Gut zwanzig Jahre nach dem Drehtermin geben Boulevardmagazine zumindest die Illusion, daß der Deutsche weiß, was dies bedeutet. Für den, der nie etwas davon gehört hat: Tausende Studenten begrüßen den Frühling mit hemmungslosem Besäufnis und lassen sich mit Spielen der Marke Wet-T-Shirt-Contest mal so richtig gehen. Hier treiben sich lustige Gestalten rum, darunter Surfer, BMX-Turner, Bikini-Schönheiten und der übliche Spaßvogel, der mit Gruseleffekten um Aufmerksamkeit bettelt, wie wir es spätestens seit Und wieder ist Freitag der 13. kennen. Außerdem sticht ein Kleptomane hervor, wie auch eine unschuldige Nymphomanin, die sich mit ihrer Mitleidsgeschichte von älteren Herren königlich aushalten läßt und dafür ihren Dienst tut. Reverend Bates (Lance LeGault, der seine Karriere als Elvis-Stuntdouble begann und einigen vielleicht noch als Roderick Decker aus Das A-Team ein Begriff ist) fürchtet um das Wohl seiner Tochter, die später mit ihrem enthusiastischen Ausbruchsverhalten noch für Verwirrung sorgt, da sie meint mit 18 machen zu können, was sie wolle, wobei man in den USA doch erst mit 21 erwachsen ist.

Skip (Nicolas De Toth) und Ronnie (Rawley Valverde) gehören zu den Urlaubern und hätten sich vielleicht einen besseren Termin aussuchen sollen, denn nebenher wurde eine Frau ermordet, auf einem elektrischen Feuerstuhl, zu dem ein Unbekannter sein Motorrad umgerüstet hat. Der Zusammenhang mit Diablo liegt nahe, vielleicht zu nahe. Ordnungshüter Strycher (John Saxon, der gerade im Jahr zuvor noch bei Nightmare 3 - Freddy Krueger lebt den Lt. Donald Thompson gemimt hatte) bemüht sich ein Auge auf dem brodelnden Kessel zu halten, in dem ja noch Diablos aufgebrachte Gang für Aufruhr sorgt. Übrigens ist in Nightmare Beach mit Michael Parks als Doc Willet hier noch eine weitere Kultfigur an Board, die Tarantino und Rodriguez gern in der ambivalenten Rolle des Earl McGraw abfeiern.
Als auch Ronnie dem maskierten Rächer zum Opfer fällt, begibt sich Skip mit der Kellnerin Gail (Sarah Buxton) verzweifelt auf die Suche und gerät dabei in einen Konflikt mit Strycher. Ein bisschen zwielichtig sind die Ordnungshüter schon.
Derweil erhöht sich die Zahl der Opfer stetig. Die Morde bemühen sich zwar, sich vom gewöhnlichen Slasher abzuheben, bieten auch diverse elektrische Brutzelspiele z.B. mit Stromkabeln, wobei die Effekte nicht der Kunst wegen in Szene gesetzt werden, sondern sich eher auf das Wesentliche beschränken, was vielleicht auch an Umberto Lenzi liegt, der hier als Harry Kirkpatrick die italienischen Fäden in diesem so amerikanisch geprägten Filmchen hält.

Die Killerfigur mit Motorradhelm ruft tatsächlich Erinnerungen an einen Giallo wach. Mit Stränden, Bikern und etwas schrägem Humor, der dem Film jedoch nie den Komödienstempel aufdrückt, erinnert Nightmare Beach hingegen stark an bessere Drive-In Flicks aus der Schmiede Roger Cormans. Ähnlich beweist Lenzi hier auch Mut zur Durchschnittlichkeit, wobei dies ein Markenzeichen ist, welches man auf viele seiner Produktionen anwenden könnte. Obwohl vermutlich niemand je auf solch einen Film gewartet hat, kann er sich doch durch verschiedene Handlungsstränge und kalkuliert eingesetzte Ideen interessant halten. Umberto Lenzi gelingt es unaufdringlich viele Klischees einzubauen, genauso wie er der Geschichte immer im richtigen Moment durch eine kleine Wendung, Pointe oder Schockeinlage einen Schubs gibt, bis schließlich die Auflösung schnell und mit wenig Atempause auf den Zuschauer einbricht.
Obwohl die Gewaltszenen, so kurz sie auch sind, rein des Selbstzwecks eingesetzt werden, so kann man Nightmare Beach auch weder als Horrorfilm oder Thriller bezeichnen. Verschiedenste Genres verschmelzen hier zu einer Einheit, die dadurch ein schwer kategorisierbares Profil erhält und das Publikum je nach Erwartungshaltung vor den Kopf stoßen könnte. Diese Form des seicht unterhaltsamen, politisch inkorrekten Schundkinos eignet sich bestens für einen hirnschonenden Nachmittag auf der Couch. Wer damit leben kann, daß Umberto Lenzi kaum seine europäischen Wurzeln durchschmecken läßt und wer auch Filmen etwas abgewinnen kann, die ihre nicht immer gewollte Qualität nicht ausschließlich über ein dichtes Feuerwerk drastischer Darstellungen definieren, wird auch an diesem unterschätzten Werk seine Freude finden.

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