Mit ihrem Double-Feature "Grindhouse" haben die beiden Kult-Regisseure Robert Rodriguez und Quentin Tarantino die ultimative Hommage an alle Sex- und Action-Trash-Reißer der 60er- und 70er-Jahre herausgebracht. Leider kamen "Death Proof" und "Planet Terror" hierzulande getrennt als einzelne Filme ins Kino (wenn auch in längeren Versionen, was wiederum ein Vorteil ist), wodurch das geniale Konzept der Originalversion "Grindhouse" nicht mehr ersichtlich war: Ein einziger, über drei Stunden langer Film, der inhaltlich wie eine Doppel-Vorstellung aufgebaut ist - zuerst Rodriguez' Beitrag über eine Zombie-Epidemie, dann Tarantinos Version eines Auto-Trash-Streifens, beides durch eine Handvoll Fake-Trailer voneinander getrennt.
Wie so oft bei den beiden Regisseuren ist die Besetzung hochkarätig: Schon bei "Planet Terror" tummeln sich neben Seriendarstellern wie Freddy Rodriguez auch Stars wie Rose McGowan, Michael Biehn, Jeff Fahey oder Bruce Willis. Sogar auf den Regiestühlen herrscht buntes Treiben: Für die Fake-Trailer in der Mitte des Films gaben sich bekannte Genre-Filmemacher die Klinke in die Hand. So zeigt Rob Zombie einen wunderbar grotesken Trailer für "Werewolf Women of the SS" und auch Eli Roth beweist sein Händchen für ultra-makabre Gewaltszenarien. Ganz nebenbei huldigt "Grindhouse" hier der hohen Kunst, einen unterhaltsamen und spannenden Filmtrailer zu gestalten.
Rodriguez und Tarantino treiben ihre Hommage ans Schmuddelkino vergangener Zeiten in beinahe jeder Einstellung auf die Spitze: Die Bilder sind grobkörnig, das Filmband ruckelt, wird von Laufstreifen durchzogen und hin und wieder können Schnitt und Ton fehlerhaft sein oder gar eine ganze Filmrolle fehlen. Jedes Detail ist hier liebevoll auf Trash getrimmt. Das erzeugt eine herrlich schmutzige und billige Ästhetik, die auch im Film selbst übernommen wird - immer nur dreckige Gassen, versiffte Räume mit Flecken an den Wänden und (zumindest bei Rodriguez) literweise Blut und Eingeweide.
Zu dieser konsequenten Trash-Gestaltung setzt das ganz offenkundige handwerkliche Können der beiden Filmemacher einen starken Kontrapunkt: Zwar sind Dialoge, Handlung und Inszenierung auf "schlecht" getrimmt - besonders Rodriguez scheut nicht vor derben Logikfehlern zurück - aber dem stehen raffinierte Schnitte von einer Szene zur anderen, originelle Hintertreibungen klassischer Handlungsmuster und ein Wust an irrwitzigen Ideen gegenüber. So versteht es Rodriguez, seine zahlreichen Figuren durch kluge Schnitte wechselseitig einzuführen, ohne den Zuschauer zu verwirren; und Tarantino kehrt bei seinem "Death Proof" das klassische Rollenmuster von Auto-Trashfilmen lustvoll um: Hier sind es die Frauen, die sich in einer von männlicher Brutalität beherrschten Welt durch ebenbürtige Gewalt behaupten. Wenn der von Kurt Russell fantastisch gespielte Auto-Killer gegen Ende selbst gejagt wird, kann einem das Herz vor grausamer Freude aufgehen. Moral? Inhaltliche Fülle? Politische Korrektheit? Wer das sucht, ist hier im falschen Film.
Natürlich gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Beiträgen von Rodriguez und Tarantino. Während ersterer eine klassische Zombie-Story erzählt und diese mit extremer Gewalt, irrwitzigem Humor und makabren Ideen zu einer grellen Geisterbahnfahrt voller Action und zerfetzter Körper auflädt, lässt es zweiterer ruhig angehen und folgt seinen Protagonistinnen über zahlreiche vulgäre, genial-verschrobene Dialoge bis zu einer Handvoll punktueller, aber heftiger Action- und Gewaltszenen. Dennoch schaffen es die beiden, "Grindhouse" formal sehr rund zu gestalten. Das liegt vor allem daran, dass der Schmuddel-Look durchgehend überzeugend gehalten wird und auch der Soundtrack (wie so oft bei Tarantino) eine großartige Tour durch die Rock- und Pop-Geschichte macht und die Bilder fantastisch untermalt.
"Grindhouse" ist der ultimative Beweis, dass Trash und ausgeprägte Handwerkskunst unbedingt zusammengehören können. Wer auf Action, irre Gags im Minutentakt und geniale Dialoge steht (und im Fall von "Planet Terror" auf drastische Gewaltexzesse), sollte sich dieses Gesamtkonzept nicht entgehen lassen - allein die total kranken Fake-Trailer sind es wert, sich diese Version anzusehen. Rodriguez und Tarantino haben eine geniale Hommage an den klassischen Horror- und Action-Trash inszeniert, der für meine Begriffe ganz klar selbst ein moderner Klassiker ist.