Kevin Costner ist jemand, den man irgendwie immer abschreiben will und gerade in dem Moment bringt er einen echten Kracher – z.B. „Open Range“ oder „Mr. Brooks“.
Titelfigur Earl Brooks (Kevin Costner) ist der amerikanische Traum in Fleisch und Blut: Erfolgreicher Unternehmer, frisch zum Mann des Jahres gewählt, wohlhabend, glücklich mit Frau und Tochter. Doch bereits ein Eingangszitat erklärt, dass Mr. Brooks von einem gewissen Hunger erfüllt ist – dem Hunger zu morden, wie man sich denken kann, denn andere Erwartungen weckt das Genre des Serienkillerfilms nicht im Zuschauer.
Tatsächlich tötet Earl kurz darauf ein junges Liebespärchen, angespornt durch seinen imaginären Partner Marshall (Willam Hurt). Anfangs erscheinen beide Verkörperungen von Es und Über-Ich zu sein, Earl als Familienmensch, der sich mordfrei in die Gesellschaft einordnen will, Marshall als Stimme, die ihn zum Töten anstachelt. Doch dieser Einordnung verweigert sich „Mr. Brooks“ bald: Nach dem Mord ist es Earl, der kurz daran die Fotos vom Tatort zu behalten, während Marshall ihn anspornt bloß keine Zweifel an der aufgebauten Fassade kommen zu lassen und diese – wie immer – zu verbrennen.
Doch Mr. Brooks’ Leben befindet sich an einem Wendepunkt: Mit der Polizistin Tracy Atwood (Demi Moore) hat er eine ebenbürtige Gegenspielerin. Außerdem hat ihn ein schmieriger Unbekannter (Dane Cook) bei seinem letzten Mord fotographiert. Dieser will jedoch kein Geld, er will, dass Mr. Brooks ihn das nächste Mal mitnimmt...
„Mr. Brooks“ schafft es als Serienkillerfilm gleichzeitig konventionell und unkonventionell zu sein. Im Grunde genommen ist die Geschichte um Brooks’ mörderische Triebe keinesfalls ein Novum; es erinnert ein wenig an „American Psycho“. Ähnlich ist auch die fehlende Klärung von Motiven, es wird als Hunger bezeichnet, Brooks geht zu den anonymen Alkoholikern und stellt sich dort simpel als Süchtiger vor (ähnliches gab es dann auch in der zweiten Season von „Dexter“). Standarderklärungen wie ein Kindheitstrauma bleiben aus, zudem geht es Brooks wirklich nur ums Töten, weniger um die Methode – als sogenannter Thumb Print Killer ist er vor allem auf das Ausbleiben von Spuren aus.
Unkonventionell hingegen ist die Erzählweise. Gerade die (für die Mitmenschen unsichtbare) Interaktion von Earl und Marshall ist beeindruckend umgesetzt, da sie Brooks’ Innerstes preisgibt, ohne auf Voice-Over zurückzugreifen. Doch trotz dieser Thematisierung von Brooks’ Innenleben gibt „Mr. Brooks“ dem Zuschauer nie zuviel Wissensvorsprung, sondern lässt ihn mit Staunen beiwohnen, wenn Brooks’ seine raffinierten Pläne umsetzt. Schön auch die Andeutung von Fragen, z.B. ob die Tochter den mörderischen Trieb ihres Vaters geerbt hat oder was den unsympathischen Unbekannten, der sich Mr. Smith nennt, wirklich treibt.
Brooks, Smith und Atwood bilden drei Pole eines Dreiecks, spielen alle gegeneinander und versuchen die anderen auszubooten. Smith bleibt dabei das kleine, fiese Sandkorn im Getriebe, maulig, aber gefährlich, während mit Atwood eine wirklich gut ausgearbeitete Polizistenfigur auf der anderen Seite des Gesetzes daherkommt. Ihre Subplots, meist auf ihre Scheidung und ihr Vermögen fixiert, runden die Figur ab, zeichnen jemanden, der eine ähnliche Passion und Präzision wie Brooks besitzt, und fügen sich gleichzeitig wunderbar in den Mainplot ein.
Regisseur Bruce A. Evans liefert dann auch passende, ansprechende Bilder und setzt das Treiben ausgesprochen spannend um, weshalb man auch verzeiht, dass „Mr. Brooks“ noch ein kleines bisschen Feinschliff fehlt, das Ganze teilweise etwas zu konstruiert wirkt (gerade was Brook’s Planungstalent angeht). Dafür entschädigen dann wohldosierte, wohlplatzierte Schauwerte, z.B. die versuchte Entführung Atwood durch einen anderen Killer oder die Schießerei in dem Hotel. Szenen wie diese ziehen zwar das Tempo an, wirken aber nie vordergründig eingestreut.
Vor allem auf schauspielerischer Seite kann „Mr. Brooks“ allerdings ganz dick mit seinen Pfunden wuchern. Kevin Costner als Killer und Familienvater zugleich ist schlichtweg großartig, William Hurt als Ausprägung seiner bösen Natur eine wundervolle Ergänzung. Dane Cook überzeugt als Schmieriack, Demi Moore als starke Frauenfigur ebenso, während die Nebendarsteller, darunter auch Reiko Aylesworth, Matt Schulze und Marg Helgenberger, nicht ganz so gut zur Geltung kommen.
„Mr. Brooks“ ist stiller, aber durchweg spannender und stilvoller Thriller, der bekannte Elemente des Serienmördergenres aufgreift, aber mit nicht ganz gewöhnlichem Blickwinkel erzählt und von einer famosen Besetzung getragen wird.