Review

Paul Schrader ist ein Name, der vielleicht so manchen Filmfans im Ohr nachhallt. "Paul Schrader woher kenn ich den Namen noch gleich?" Paul Schrader ist -war sowas wie ein gefragter Autor für große Regisseure, wie Martin Scorsese (Taxi Driver, letzte Versuchung Chrsti,...) und auch Peter Weir. Das ist eigentlich schon mal keine schlechte Reklame für den weithin bekannten Schreiberling. Er selbst hat auch schon einige, auch eigens geschriebene Filme auf dem Kerbholz. Doch schaut man richtig hin, sind es nur die Titel der großen Regisseure, die auch Bekanntheit erlangten. Würde man sich vorstellen, daß "Taxi Driver" nicht von Scorsese und vielleicht ohne De Niro gemacht worden wäre, würde der Film vielleicht absolut keine Sau interessieren, weil ein etwas hirnverbrannter Taxifahrer als Hauptcharakter ja eigentlich nicht so die Wucht ist. Und ich denke, daß Schrader genau da ziemlich scheitert. Er inszeniert seine Filme wie „Hardcore“ oder diesen hier, so wie seine Themen es vermuten lassen; schwer und trist.
An dieser Steller schrieb ein anderer als Schrader das Drehbuch als Romanadaption, nämlich der altgediente Harold Pinter, der schon seit den 60'ern aktiv ist und sich dem Thema sehr zart und behutsam nähert. Vielleicht zu sanft.

Und hier geht das Problem mit den Fremden los, mit dem Trost erst recht; denn der Film ist an und für sich trostlos. Man könnte gediegen stundenlang den Gesprächen von dem offensichtlich verliebten Pärchen Colin und Natasha zuhören und wäre gut unterhalten, weil die beiden (Everett und Richardson) das Pärchen so gediegen und herzlich rüberbringen. Erst ein bißchen distanziert, dann etwas herziger, und dann ein Herz und eine Seele; herrliches Schauspiel, schöne Dialoge, zwei angenehme Charaktere. Doch wäre da nicht noch die Handlung, die dem Lustspiel im Wege stünde: Anfangs wird dem etwas unzufriedenen Pärchen noch nachgestellt, bis sie auf den dubiosen Robert treffen, der sie schließlich zu sich in einen herrlichen, venezianischen Palais einlädt, wo auch seine Frau Caroline residiert, die etwas befangen wirkt. Sei's drum; der Kurzaufenthalt scheint Wunder gewirkt zu haben - das Pärchen kommt kaum noch aus dem Bett und versöhnt sich. Doch so langsam steigern sich die Vermutungen über Beobachtungen, die sie bei dem befremdlichen Ehepaar gemacht haben. Der Zufall verschlägt sie wieder zu den beiden und hier endet der Film tragisch. Moment...war's das? - Ja.
Wie gesagt, das Protagonistenpärchen ist absolut herrlich zu beobachten, doch der Rest erscheint eher wunderlich.
Der Film bemüht sich darum, Obsession und Perversion als Thema zu haben, doch bleibt bis auf ein paar Anspielungen recht wenig übrig - was zum Teil auch gar nicht so schlecht ist. Allerdings stolpert der gediegen unterhaltene Zuschauer über eine augenscheinliche Schlüsselszene, wo die beiden einvernehmlichen Partner auch einmal über Obsession und Perversion sinnieren, die so gar nicht in den restlichen Duktus passen möchte. Zwar zeigt einem der Film sowieso nicht alles, was in den Dialogen angesetzt ist und hält mehr im Verborgenen als er zeigt, aber hier riecht man so richtig wie Paul zu Harold sagt: "Hier, schreib denen auch mal ne Obsession zu, dann weiß der Zuschauer wenigstens, was wir wollen. Aber nicht zu viel." - Harold folgte und dichtete eine Szene zusammen, die unweigerlich ein Schmunzeln produziert. Obsession fällt hier halt aus den Wolken.
Genial ist und bleibt Christopher Walken als venezianischer Lebemann. Sein Acting passt perfekt und macht Freude, genauso wie es das von Helen Mirren. Leider liegt es in der Natur der Sache, daß die beiden ihre Trümpfe nicht richtig ausspielen können, sie spielen halt nicht die erste Geige. Und so verschwindet die als Motiv gedachte Geschichte von Robert als Fußnote in der Interpretation der Geschichte und die Devotion von Helen Mirren erscheint eher amüsant, als daß es wirklich grausig wäre.

Was von den Fremden übrigblieb:
Generell ist "Der Trost von Fremden" ein herrlich inszenierter Film. Etwas Liebe, etwas Obsession, etwas Unwohlsein und eine gute Portion Thrill. Allerdings erscheint der Film als ein schönes Ganzes von Nichts, weil er zwar wundervoll gespielt ist, aber eigentlich gar nichts wirklich erzählt. Die Charaktere sind plastisch, aber etwas uninteressant geraten und jegliche Perversion verschwindet in der Maske, die ihr erzählerisch vorgeschoben ist. Bei den Szenen von Rupert Everett und Natasha Richardson bekommt man den Eindruck, man würde eine sehr gut gelungene ZDF-Verfilmung eines Pilcher-Romanes anschauen, der sich schon solche Späße wie "Dirty Talking" als obszönen Matratzenspaß erlaubt. Bei Walken und Mirren erschaudert man selten, aber das Spiel der beiden macht Spaß. Naja gut, was soll man da für ein Fazit herausziehen? Es ist okay, es unterhält ziemlich gut und wirkt schön als Gesamtwerk.
Als Trostpflaster bleibt eine wunderbare Inszenierung, eine herrliche Kameraführung und illustre Postkartenbilder von der Lagunenstadt. Man kann sich den Film jedenfalls mal anschauen.

Ein Kammerspiel, was aus der Kammer fiel, doch ohne Spannung viel, mit wirklich gutem Stil.

Ich höre Paul noch im Hintergrund lachen: "Und das, lieber Zuschauer, ist nur für dich!"

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