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Jack Nicholson und Sean Penn? Da fällt einem doch sofort das deprimierende Meisterwerk „Crossing Guard“ ein. Sechs Jahre später traf dieses Duo wieder zusammen, um mit „Das Versprechen“ einen Friedrich- Dürrenmatt-Roman zu verfilmen. Und wie kam des von den beiden gewohnt ist, wird hier komplett gegen den Strom, gegen alle Konventionen und gegen die Interessen der meisten Zuschauer inszeniert.

Wieder nimmt sich Hollywood-Rebell Sean Penn das Psychogramm einer isolierten Figur vor. Dieses Mal ist es der, in wenigen Stunden in Pension gehende, Cop Jerry Black (Jack Nicholson), der sich von seiner Abschiedsparty verabschiedet, um im tiefsten Schneegestöber einen Schauplatz des Grauens zu betreten. Ein siebenjähriges Mädchen wurde brutal verstümmelt und getötet, doch schon bald hat man einen möglichen Verdächtigen, quetscht ein Geständnis aus ihm heraus und erklärt den Fall für abgeschlossen. Allerdings nicht für Jerry, der der Sache nicht so ganz glauben schenken kann.

Penn erzählt einmal mehr langsam, nimmt sich alle Zeit der Welt, um diesen Charakter in seinen verschiedenen Stadien (die Jahreszeiten wandeln sich entsprechend) zu dokumentieren – vielleicht hier und da etwas zuviel, denn in der einen oder anderen Einstellung hätte sich durchaus kürzer gefasst werden dürfen. Hinzu kommt diese einzigartig niederschlagende, klischeefreie Inszenierung, bei der sich Szenen geradewegs in die Magenkuhle bohren. Die Benachrichtigung der Eltern des toten Kindes durch den einzig in dieser Situation stabilen Charakter Black, ist ein Paradebeispiel dafür. Kameramann Chris Menges liefert hier und in vielen weiteren Szenen eine bravouröse Leistung ab. Sein Spiel mit sich wiederholenden, bedeutsamen Motiven ist klasse.

Typisch für Penns Filme auch das Schlangestehen der Stars, die sich selbst für einen Kurzauftritt nicht zu schade sind. Benicio del Toro, Tom Noonan, Mickey Rourke, Sam Shepard, Aaron Eckhart und Harry Dean Stanton sind dabei nur eine kleine Auswahl. Prominent auch die Musik, die von niemand anders als Hans Zimmer und Klaus Badelt komponiert worden ist, vielleicht jedoch etwas zu pompös geriet.

Jerry Black gibt, als die eigenen Zweifel an ihm nagen, der Mutter der Toten ein Versprechen. Er schwört bei seinem Seelenheil, dass er den wahren Mörder finden wird. Angesichts eines von der Toten wenige Tage vorher gemalten Bildes glaubt er nicht an den Indianer als Täter und so beginnt sein eigener geistiger Verfall, angetrieben von dem zerstörerischen Drang nach der Wahrheit und der Jagd nach dem Täter. An Rente denkt oder will Black nicht denken, er ermittelt weiter, stellt Theorien auf und auf den ersten Blick merken wir ihm seine Verwandlung gar nicht an, wohl aber seine Kollegen, die keine Hilfe darstellen. ihn schon richtig einstufen, verspotten und erniedrigen. Spätestens bei einem Besuch bei einer Psychiaterin wird Black entlarvt, kann es selbst schon nicht mehr kontrollieren, legt den Fall jedoch beiseite und gönnt sich Urlaub. Die Flucht vor dem eigenen Ich währt aber nur für kurze Zeit.

Ob er nun aus purer Berechnung oder einfach nur zufällig in diesem kleinen Nest eine Falle für den Mädchenkiller aufbaut, darf jeder Zuschauer für sich entscheiden. Fakt ist jedenfalls, dass er sich dort mit einer Frau anfreundet, die ein kleines Mädchen hat und eine Tankstelle aufkauft. Nachdem sich erste Anzeichen verdichten, dass der Killer tatsächlich Kontakt mit dem Mädchen aufnimmt, mischen sich Blacks Wahnvorstellungen mit der Obsession den Killer zur Strecke zu bringen, was letztlich in einem Antiklimax enden soll.

Jack Nicholson ist grandios in seiner Rolle. Sehr nuanciert spielend wirkt er wie ein Fremdkörper in diesem kleinen Ort, in dem jeder jeden kennt und er nur für einen Cop gehalten wird. Dass er schon pensioniert ist, nimmt ihm keiner ab - Er sich selbst am wenigsten. Seine negative Entwicklung ist äußerlich wie innerlich spürbar. Robin Wright Penn darf, späte als tragende Figur, hier mal etwas mehr Profil als sonst zeigen, spielt aber keinesfalls herausragend. Genau wie der Rest, denn die Bühne gehört nur einem.

Fazit:
„The Pledge“ fokussiert nicht die Jagd auf einen Mörder, sondern die Besessenheit und den Verfall eines pensionierten Ex-Cops, der sich einer unauffüllbaren Leere ausgesetzt sieht. Jack Nicholson agiert hierbei auf seinem üblichen Niveau, hält sich aber, was seine Extravaganz angeht, doch dankbar zurück. Die Geschichte ist, dank ihrer langsamen Erzählweise nicht so packend wie erwartet, hat aber einige nette Wendungen und Überraschungen zu bieten. Auch angesichts des unkonventionellen Endes ist Sean Penns dritte Regiearbeit, die nicht ganz an „Crossing Guard“ heran reicht, eine erfrischende Erfahrung – ganz abseits des Mainstreams.

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