Eine kleine, letztlich fast banale Geschichte, mit überschaubarer Personenkonstellation, eingeschränkter Landschafts- und Architektureinheit und wenig Interaktion mit der Außenwelt. Mit Verständnis für die poetische Phantasie, zuweilen visuell unerschöpflicher Dichtkunst, romantischer Verklärung. Und einer empfindsamen, ein wenig steifen Gangart, die selbst die Veränderung des Ausdrucks nur wie beiläufig festhält, obwohl man auf präzise Bilder nicht verzichtet.
Regisseur Teng Hua-Tao erzählt nach druckvollem Beginn von den Grübeleien über das Leben, die Liebe und den Tod, die zeitlose Ewigkeit, über das Für Immer, dass ausnahmsweise tatsächlich das gelten soll, was es in der Bedeutung beinhaltet. Über Gefühle, die keine gewisse, sondern eine unbestimmte Zeitspanne anhalten, fortwährend, immer während gelten. Über abgestorbene Leidenschaft, verblühte Freude, unbedingter Besitzwillen, Eifersucht, Neid, Missgunst, Rivalität.
Über eine als Schrein empor gehobene Vergangenheit, die jegliches Empfinden in der Gegenwart blockiert. Über Egoismus, der das Glück des Menschen verhindert, den man eigentlich für am Wichtigsten bezeichnet. Und über Ereignisse, die immateriell, jenseitig, metaphysisch, spirituell, transzendent sind. Eine Verführung aus dem Reich der Toten. Eine Wiederbelebung erloschener Emotionen durch die Reinkarnation.
Shanghai in den 30ern des letzten Jahrhunderts.
Filmemacher Shen Junchu [ Leon Lai ] verliert kurz vor der Hochzeit seine Verlobte Manli [ Fan Bingbing ], eine Radiomoderatorin mit eigener Sendung, bei einem verhängnisvollen Autounfall. Ein Jahr danach ist er zwar mit der Schneiderin Sansan [ Rene Liu ] neu verheiratet, aber nur auf Druck seiner Mutter [ Zheng Yuzhi ], die ihm zudem vorgeschwindelt hat, dass sie schwer krank sei und eine Schwiegertochter ihr größter Wunsch wäre. Doch Junchu liebt nur Manli und hat keine Augen für Sansan, die während seiner häufigen Abwesenheit allerdings eine ganz andere Entdeckung macht.
Eine große Ruhe, Kälte, Apathie, die ohne Sprache funktioniert und statt einer gemütlichen Beschaulichkeit eher einen unsteten Dämmerschlaf bereithält, der bei Anwesenheit von Junchu noch an Teilnahmslosigkeit gewinnt. Sansan ist verliebt in ihn, nicht nur seit diesem Jahr, sondern schon viel länger. Er kann sich an den ersten Treff gar nicht erinnern, obwohl er ihr gegenüber da überdies noch viel aufmerksamer und zuvorkommender war als jetzt in der Beziehung. Das Mysterium einer Zusammenkunft in einer unglücklichen Bewegungslosigkeit fern von anderen Einflüssen macht den zaghaften Teil des Filmes aus. Umkreist von objektivem Prolog und Epilog, eingerahmt von einem Vorspann, der bereits die ersten Schocks andeutet und einem Einstieg, der gleich mehrere in rascher Folge bereithält. Ergänzt mit hochviskosen Rückblenden, die konzeptionell das Wissen des Betrachters erweitern.
Ob er stärker als das Schicksal sei, wurde Junchu mehrmals von Manli gefragt. Mittlerweile nimmt sie es selber in die Hand. Möchte ihre Zuneigung unsterblich machen. Auch über ihre Tragödie hinaus lässt sie nicht von ihrem versprochenen Mann ab und begleitet ihn auf Schritt und Tritt, ohne registriert oder ihm gar nah sein zu können. Will sie ihn berühren, schadet das seiner Gesundheit sogar; jegliche Verbindung zwischen den Beiden ist entweder einseitig oder gleich ganz schädlich. Die Erinnerung an einstmals bessere Zeiten geht für Junchu einher mit dem Konservieren von Stimme und Bildern seiner Verflossenen; auch besitzt er einen Rückzugsort, den er nur mit ihren Möbeln ausgestattet hat und zu dem er keinem Anderen Zutritt erlaubt.
Er hat sich seelisch und geographisch von der Gesellschaft abgeschottet: Während er vorher durch Shanghai flankierte und bei der Ausübung seines Berufes tagtäglich neue Menschen kennen lernte, verbringt er seine Freizeit nunmehr als passiver Zuschauer im Kino. Die Wohnstätte selber wurde in ein riesiges Anwesen abgelegen in einem Wald mit angrenzendem See verlegt. Als Einrichtung viel zu groß für drei Personen, wobei er Sansan und ihre Tante Rong Ma [ Xu Songzi ] eh die meiste Zeit allein lässt.
Die Unsicherheit in diesem riesigen, dunklen, rustikalen Haus, das Knarren der Massivholzpaneele, die verschlossenen Türen, die unsichtbaren Stimmen und die Geräusche der unter dem Dachboden einlogierenden Fledermäuse machen in der Nutzung dieser Standardversatzstücke die idealtypische Atmosphäre aus. Eine Zwischenzone mit konkreter Absonderlichkeit, allgemeiner Gleichnishaftigkeit und lancierter Einbildungskraft, die keine Sogwirkung oder eine befremdende Zweideutigkeit einbringen, aber zumindest die Phantasie anregen und vor allem auch das Auge erfreuen kann. Mirakulös statt schmerzlich elegisch und tranceartig faszinierend statt radikal beklemmend.
Hinter all dem schönen Schein der liebevoll restaurierten Dekorationen, der kompletten Erstellung ganzer Straßenzüge, der detaillierten Zier von Manlis Pharaphernalien - [ die jetzt neben der Mitgift auch die Wortbedeutung "Grabbeigaben" erfüllen ] - versteckt sich ein vorsichtiger Horrorfilm, ein psychologisch angehauchter Thriller und ein Liebesdrama. Die sich in hypnotischer Langsamkeit jeweils viel Raum zum Atmen und Entfalten geben und so gemeinsam in Richtung behutsames Schauermärchen wenden. Ohne die allgemeine Rationalität zu zerstören wird der Auftritt des nunmehr Zwischenwesens Manlis erst effektvoll mit theaterhaften Schreckeinlagen, aufgerissenen Augen und prompter Ohnmacht zelebriert, um dann die beginnende Konversation zwischen ihr und der neuen Frau geradezu logikbasiert zweckgebunden zu halten: Die Eine gibt der Anderen Hinweise, was Junchu gerne mag, was er am liebsten isst und trinkt und wie man ihn für sich gewinnen kann. Im Gegenzug dafür möchte sie für einige Momente den lebenden Körper übernehmen, ihn besitzen und so auch wahre Nähe bis zur Tuchfühlung mit ihm eingehen.
Ein Pakt, der nur so lange funktionieren kann, wie beide miteinander statt gegeneinander arbeiten und Keiner seine Liebe / Abhängigkeit / Besessenheit über die des Anderen stellt.
Zwischen Mythos und Aufklärung, zwischen einem Niemandsland und der bevölkerten Alltäglichkeit und zwischen Gewinn und Verlust strukturiert, verzichtet die Inszenierung löblicherweise auf zu viel Technizismus und der marktschreierischen Methodik des neuen Horrors, der keine Imagination mehr zulässt, sondern alles in jeder Genauigkeit bebildern muss. Altmodisch, sicher auch etwas hausbacken und mit recht blässlichen Schauspielleistungen zwischen Kunst und Schund wird eine Welt porträtiert, die in noch blühender Naivität an das Unschuldige, das Gute und Reine im Gegenüber glaubt. Und dann umso schneller erfahren muss, dass diese moralisch-ethischen Grundsätze nicht für Alles und Jeden gelten. Der Nachhall des ersten Entsetzens verändert sich zu einer nekrophilen Phantasie, der Resonanz beinahe gothischen Grauens und alsbald auch der Renaissance asiatischer Geistermystik.