„The Toxic Avenger II“ und seine direkte Fortsetzung beweisen: Nicht nur die Sequels zu Hollywoodfilmen wie „Fluch der Karibik“ oder „Matrix“ werden teilweise back to back gedreht, sondern B-Firmen können das genauso.
Dabei geht der Troma-Film sogar eine Sequelproblematik recht offensiv an: Wie kommt der Held wieder zur Action, wenn man Ende des Erstlings Friede Freude Eierkuchen angesagt war? So geht es auch Melvin Junko, dem Toxic Avenger, der Tromaville von sämtlichen Schurken befreite, aber jetzt nichts mehr zu tun hat. Er hilft im Blindentreffpunkt aus, wo auch seine Freundin Claire (Phoebe Legere) große Teile ihres Tages verbringt. Vermutlich war Troma viel an der Höher-schneller-weiter-Logik eines Sequels gelegen, die diesem Falle wohl „geschmackloser“ bedeuten sollte, denn Blinde werden hier als Tollpatsche dargestellt, die durch den Verlust ihres Sehvermögens nicht mehr klarkommen.
Doch mit der Ruhe im Tromaville ist es vorbei, als die Schurken des Konzern Apocalypse Inc. dem Toxic Avenger ans Leder wollen. Ihr Bombenanschlag pustet jedoch nur diverse Blinde ins Jenseits und auch ihre Killertruppe ist Toxie nicht gewachsen. In die Luft gejagte Blinde, eine mit einer AK-47 über den Haufen geballerte Oma sowie eine Schlägertruppe, in der so gut wie jede Bevölkerungsgruppe, vom Muskelmann über den Kleinwüchsigen bis zum Transvestiten, vertreten ist und von Toxie verhackstückt wird – „The Toxic Avenger II“ möchte den Vorgänger anscheinend gerne toppen, kann jedoch bestenfalls gleichziehen, denn der begann immerhin mit zum Spaß überfahrenen Kindern und in Giftmüll badenden Mobbingopfern.
Da die Übelwichte Toxie nicht mit normalen Mitteln aufhalten können, in Japan aber ein Gegengift zu seiner Mutation entwickelt haben, das sie aus konstruierten Drehbuchgründen nicht in die USA bringen können, fassen sie einen Plan: Sie locken Toxie mit der Aussicht auf ein Wiedersehen mit seinem verschollenen Vater dorthin…
Vielleicht sollte hier zusammenkommen, was zusammengehört. Denn die Verpflanzung Toxies nach Japan ist logisch folgerichtig: Die von dort stammenden Sickos dürften als asiatisches Äquivalent zu den Troma-Exzessen durchgehen. Das Regie-Duo aus Michael Herz und Lloyd Kaufman tritt daher auch aufs Tabubruch-Gaspedal und versucht den Vorgänger zu übertrumpfen: Toxies blinde Freundin Claire ist inzwischen zum knapp geschürzten Blondinenwitz mit Handicap mutiert, die Schurkinnen und Schurken treten deutlich sexualisierter als im Erstling auf und auch sonst wird jede Chance für Nacktheit, Gewalt und derbe Geschmacklosigkeiten genutzt. Und trotz all der Bemühungen holt er „The Toxic Avenger“ in der Hinsicht nicht wirklich ein: Der hatte die Messlatte wohl so hochgelegt, dass die Überschreitungen dieser Schwelle hier nur noch gradueller Natur sind.
Problematisch ist allerdings auch, dass Toxies Japantrip immer etwas hinter den Möglichkeiten zurückbleibt. Das Gegenmittel entpuppt sich als eine Art MacGuffin, der nie so wirklich zum Einsatz und dessen pures Vorhandensein schon als Erklärung dafür dienen soll, dass Toxie in aneinander gestoppelten Kampfszenen lauter Handlanger plattmacht. Das hat durchaus seine Momente, etwa wenn sich Toxie auf dem Fischmarkt mit alternativen Waffen eindeckt, um einen Schwertfisch zum Fechten zu benutzen oder Seesterne als Ninjasterne einzusetzen. Allerdings ermüdet das etwas gleichförmige Verhackstücken irgendwelcher Knilche mit der Zeit, da „The Toxic Avenger II“ das Ganze ohne Dramaturgie oder Steigerung erzählt. Erzählerisch ist es eh nicht viel los: Ein einheimisches Mädel, das zu Toxies Japan-Guide wird, taucht beliebig in der Handlung auf und verschwindet sang- und klanglos wieder.
Nun war auch schon der Vorgänger kein erzählerisches Wunderwerk, hatte aber noch mit Hintersinn den Rächer- und den Superheldenfilm aufs Korn genommen. Von dieser Cleverness besitzt „The Toxic Avenger II“ dann weniger, trotz einiger Metagags, etwa wenn im Film darauf verwiesen wird, dass noch ein dritter Teil kommen wird oder dass Melvin in zweiten Reel des Vorgängerfilms mutierte. Von der Machart her bleiben Herz und Kaufman dem Vorgänger treu, drehen das Rad noch ein Stück weiter: „The Toxic Avenger II“ ist schräg, schrill und schundig, vollgepackt mit Overacting-Knalltüten, unter denen vor allem Lisa Gaye und Rick Collins als durchgeknallte Schurken-Oberhäupter den Vogel abschießen. Als kickenden Apocalypse-Inc-Handlanger sieht man den späteren Actionstar Michael Jai White in seiner ersten Filmrolle, die seine Talente bereits erahnen lässt und mit Augenzwinkern von ihm gespielt wird. Manchmal ist das Overacting etwas anstrengend, mehr noch als beim Vorgänger, wobei vor allem die neue besetzte Phoebe Legere in der Claire-Rolle einem schnell auf den Zeiger fallen kann.
Doch trotz aller Mängel: Man kann nicht behaupten, dass „The Toxic Avenger II“ nicht liefern würde. Es gibt reichlich Splatter, grobschlächtige Effekte, Political Incorrectness und abgefahrene Ideen, etwa wenn Toxie auf einem Surfbrett nach Japan übersetzt, weil dies angeblich der schnellste Weg zu reisen sei. Tatsächlich ließen sich die Troma-Sparfüchse für ihre Verhältnisse nicht lumpen, bauen sogar die eine Explosion oder den anderen Autocrash ein, und hauen mächtig auf die Pauke, etwa wenn die Apocalypse-Inc-Schurken das friedliche Tromaville, auf dessen Straßen die Leute am liebsten friedlich tanzen, ruckzuck zum apokalyptischen Höllenkaff ummodeln. Manche Ideen sind in ihrer Beklopptheit auch total sympathisch, etwa die Auflösung der Frage nach Toxies Vater gegen Ende. Und bei mancher Gaga-Idee weiß man am Ende gar nicht mehr, was man davon halten soll. Man nehme nur den Showdown: Da will ein Attentäter Toxie und Tromaville vernichten, indem er mit Sprengstoff bepackt ins Rathaus rast, liefert sich eine Verfolgungsjagd mit dem toxischen Rächer und kann am Ende dadurch gestoppt werden, dass er einfach in einem anderen Gebäude explodiert, obwohl die Sprengkraft ja theoretisch die ganze Stadt einebnen sollte.
„The Toxic Avenger II“ hat nicht mehr ganz die Sprengkraft seines Vorgängers: Das Rezept war etabliert, groß toppen konnte man die Parade aus Gaga-Gags, derbem Splatter und gezielt eingesetzten Tabubrüchen wohl nicht mehr und noch dazu hatte der Vorgänger noch mehr Ideenreichtum bewiesen. Allerdings bereitet auch das Sequel als herrlich beklopptes Fest der schrillen Art durchaus Vergnügen, auch wenn es in seinen Wiederholungen gelegentlich ermüdet.