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Nach dem Handover 1997 brach nicht nur im Triadengenre eine Zeit der Besinnung an; eine Erinnerung an die ruhmreiche Vergangenheit, verbunden mit dem Blick auf die Zukunft. Man beherzigte die gutsituierten, altbewährten Themen, stattete sie aber mit dem Leiden der Epoche und einer retrospektiven Sichtweise aus. Fast wie in einer Art Hommage wurden die einstig jungen Recken betrachtet; Idole, die mittlerweile erwachsen geworden oder gar über den Zenit gelangt sind und sich trotzdem noch freiwillig oder unfreiwillig in der gefährlichen Welt der Gangster bewähren müssen. Eine Gesellschaft, in der bis auf die im Mittelpunkt stehenden Menschen selber alles gleichgeblieben ist. Die vormalig handelnden Personen stehen kurz vor dem Ausstieg oder haben ihn bereits vollzogen, spüren aber immer noch den Drangsal ihrer Mitstreiter und kämpfen faktisch mit der mystischen Schwere der eigenen Vergangenheit und dem heiklen Erbe ihrer Sehnsüchte und Hoffnungen.

Wong Jings A True Mob Story gab 1998 den Startschuss dieser Art von bedeutungsvoller Rückschau; es folgte die ebenfalls finanzstarken, aufwendigen, entsprechend starbesetzten Century of the Dragon [ 1999 ] und Young and Dangerous 6 : Born To Be King [ 2000 ] von Clarence Ford bzw. Andrew Lau als ausschlaggebendes Barometer. Die Filmemacher, die nur wenige Jahre zuvor selber das Signal der Heroic Bloodsheds mitverstärkten, setzen nun auch das jeweilige Schlusslicht in altersweiser Meditation. Die Helden gereift, müde, manchmal auch ergraut, auf jeden Fall schlauer als zuvor und mit einer Perspektive ausgestattet, in der ein ganz normaler Lebensabend vielversprechender erscheint als der ewige Kleinkrieg um Gewinn und Verlust. Anders als zuvor spielt nun auch der emotionale Gedankenprozess der vollzogenen Entwicklung und das Durchsetzen der eigenen Meinung incl. des ganz privaten Glücks eine wichtige Rolle. Die Filme verkleiden sich mit dem markanten Mantel der Kriminalität, erzählen aber mehr oder weniger offen ein menschliches Drama. So ist auch Goodbye, Mr. Cool mehr ein stiller Abgesang denn ein aktiver Hochspannungsreisser mit Anstössen für ein konstruktives Weiterdenken. Eine leise, weitgehend ohne Originalität und werkimmanente Wertigkeit erzählte Geschichte eines Mannes, der aus Fehlern gelernt hat, aber auf Unverständnis seiner Kollegen trifft:

Lok Yin Mun, genannt 'Cool Dragon' [ Ekin Cheng ] kehrt nach sechs Jahren nach Hong Kong zurück. Nach einem gescheiterten Entführungsversuch, bei dem er auch eine schwerwiegende Beinverletzung davontrug, sass er in einem thailändischen Gefängnis. Nun arbeitet und wohnt er im Schnellrestaurant seines alten Freundes Hong [ Lam Suet ] und kümmert sich um seinen allein aufgewachsenen Sohn Shu Long Poon [ Tam Wai Ho ], der gerade die Schulreife erlangt hat. Doch nicht nur dessen fesche Lehrerin Ms. Mung [ Rain Li ] hat ein Auge auf ihn geworfen. Seine frühere Freundin und mittlerweile in der Unterwelt hochaufgestiegene 'Geschäftsfrau' Helen Poon [ Karen Mok ] will ihn zurück und die alten Tage wiederaufleben lassen, was die Konkurrenten Prince [ Huang Pin Yuan ] und Volcano [ Jackie Lui ] wenig erfreut.

Das Palimpsest ist so sicher geschrieben, wie man es nach jahrelanger Erfahrung mit dem Gebiet erwarten kann. Weniger entscheidend für den Sehgenuss ist demnach die Vorfreude auf Kommendes, vielleicht sogar Überraschendes, sondern eher das Gefühl der Vertrautheit mit Figuren und Verhalten. Wiederentdecken statt Kennenlernen. Selbst der Schauplatz des Restaurants als Dreh- und Angelpunkt ist so eingängig gehalten, dass man geradezu einen Franchise aus dem Film machen könnte. Dies schliesst vor allem auch seinen main actor Ekin Cheng mit ein, der nach Chow Yun Fat und Andy Lau die gewichtige Götzenposition des Triadenhäuptlings übernommen hat und sich als Markenzeichen derartiger Werke sein speziell geweihtes Andachtsbild erspielt hat. Eine zuweilen recht hölzerne, aber hier durchaus feinfühlig-sensible Figur, die auf immer und ewig mit dem "Chan Ho-Nam" der besagten Young and Dangerous Reihe und ihren unzähligen spinoffs verbunden ist und so auch eine Verkörperung besonderer Moral präsentiert.
Kein Wunder, dass drei Schulmädchen trotz Hinkebein auf das streng idealistische Kunstprodukt Cool Dragon stehen und sich als permanente Gäste im klinisch reinen Restaurant einfinden. Auch die Lehrerin gehört bald zur schmachtenden bürgerlichen Dekoration des Ladens und etabliert sich nach Startschwierigkeiten - sie raucht ! - als perfekte Ersatzmutter.

Auch der Film weiss um die biographische Anziehungskraft dieser besonders tugendhaften Perspektive und benötigt ausser dem zuverlässigen Herzstück und der Verglasung unter Brauchtum und traditionellen Gepflogenheiten auch nicht viel mehr Zutaten im Handlungszentrum.
Selbst der Schalthebel der Macht liegt direkt beim allürenfreien Cool Dragon: Man kehrt ständig in seine heimisch-pastorale Lokalität ein und fordert freundlich oder bestimmt zur Rückkehr in die Wirkstätte der Triadenkreise auf. Kümmert sich gar nicht um dessen stetige Absage. Als wären keine sechs Jahre vergangen und hätte man nie ohne ihn gekonnt. In der Hinsicht macht es sich das Drehbuch notgedrungen sehr einfach und verschwendet keinerlei Gedanken an Unwahrscheinlichkeiten und Lebensnähe: Fehlende Realität in der Beschreibung der Hirarchie. Lose, oberflächliche Zeichnung der Charaktere und ihrer Prüfungssituationen, die mehr einem simplen Märchen - vollständig mit böser Hexe und einfachster Psychologie - entsprechen.
Sowieso muss man mit dem Nährboden effektivster Klischees und irreführender Akzentuierungen arbeiten, um die wegen seiner Bekanntheit wörtlich lahmende Erzählung mit emotionaler Wirkung und moderner Poetik zu übertünchen. Da hilft ein kleiner, in seiner Frechheit liebenswürdiger Bub ebenso wie mehrere Rückblenden in das Elternhaus oder dem früher unbekümmerten Leben genau wie eine sich anbahnende Liebesbeziehung, die von noch nicht ausgestandenen Hypotheken alter Gefühlen überschattet wird. Ein paar unvermeidliche Authentizitätssignale in ansonsten logikfreier Inszenierung.

Das schlicht gehaltene Recyclen der sorglos zusammengetragenen Stereotypen funktioniert erstaunlicherweise ganz gut, wenn man schon auf Ressourcen von Kreativität und Intuität verzichtet und sich auf archaisch erwartete Angebote der Verteilung von Sympathien, wachsende Sentimentalität und schummrige Dekadenz verlässt. Durch das Aufkochen bekannter Tatsachen entsteht sicherlich nichts Neues, aber dafür ein leicht bekömmlicher Unterhaltungssud zeitloser Aussagekraft, der sich erst mit schmuckloser Milde, Schlichtung und Vermittlung seinen Weg bahnt und nach und nach im Zusammenfügen vieler Details auch etwas zögerliche Gefahr in die Leerstellen einspielen lässt. Das meiste Gerangel liegt bereits eine Weile zurück und wird nur in historischen Einspielern des Protagonisten bereitgehalten. Impulsgesteuerte backflashs in edler Fotographie, die teilweise unerwartet und sicherlich auch unabsichtlich amüsant gehalten sind und dem versucht sachlich-nüchternen Porträt eher entgegenstehen statt es zu unterstützen.

Ideenlieferant, Kameramann und Regisseur Jingle Ma, der bisher durch abgeschwächt-infertile Actionfilme [ Hot War, Tokyo Raiders, Silver Hawk, Seoul Raiders ] oder harmlose Romcoms [ Fly Me To Polaris, Summer Holiday, Why Me Sweetie? ] aufgefallen ist, beweist auch hier wieder, dass er alles andere ausser einem instinktiv denkenden Filmemacher ist und gestaltet die entsprechenden Sequenzen wie keimfreie, allein über die obsessive Optik entworfene Werbeplattformen. Mit dem kränkelnden Hang zur virtuosen Karikatur. Die materielle Abkehr steht in wenig produktiver Widersprüchlichkeit einer formalen Beschwörung entgegen. Die spielerischen Messerschlachten im Hinterhof oder anderen eigentlich üblen Ecken werden nach Mas fehlgeleiteten Musenkuss zu dynamisch-gehobenen Lifestyleimprägnierungen, die mehr Ähnlichkeit mit einer überkompensierten klassischen Bannerfläche haben; es fehlt nur noch das Add-on der artistisch ausgeweiteten Traumkampfzone. Cool Dragon positioniert sich in zum visuellen Exzess durchkoordinierten Anschlagsserien als Schattenschnitt mit wehendem Haar vor glutrotem Hintergrund. Oder gleich im idyllisch strömenden Regen, wobei der blaumetallene Glanz des Messers sein im Standbild gefrorenes Antlitz bescheint. Der gemeine Kleinkriminelle als opernhafter Martial Arts Fabulierer in grossartig entrückter Beleuchtung. Geschönter Bombast mit ein bisschen Seele. Passgenau strukturiert für die Sehbedürfnisse der Jugend von Heute.

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