Review

Christian Züberts Regiedebüt „Lammbock“ aus dem Jahre 2001 ist eine dieser unverkrampften, lockeren, moderneren deutschen Komödien, die den Kultstatus, um den sie buhlen, zwar nur selten wirklich und nachhaltig erreichen, aber durchaus viel Spaß machen und angenehme Unterhaltung garantieren.

„Lammbock“ handelt von zwei jungen Pizzeriabetreibern und Freunden (Moritz Bleibtreu als Kai und Julian Weigend als Achim), deren Hauptstandbein eigentlich das Dealen mit Haschisch ist. Zudem sind beide selbst dem Konsum bewusstseinserweiternder Substanzen alles andere als abgeneigt. Doch bald heftet sich ein Zivilbulle an ihre Fersen…

„Lammbock“ besteht naturgemäß aus viel Kifferhumor, also skurrilen Situationen, die sich aus Rauschzuständen ergeben und vernebelten, sinnfreien Dialogen, doch nicht ausschließlich. Zur Situations- und Sprachkomik gesellen sich beinharte Fremdschämmomente, teilweise leider auf Pubertätsniveau wie beim Staubsauger im Genitalbereich, sowie Beziehungskisten und daraus resultierende verhältnismäßig ernste Momente, denen eine gewisse Tragik sowie ein Art sehnsüchtige Melancholie inne wohnt. Das irritiert etwas, bringt es den Film doch um ein eindeutiges Konzept und fällt es nicht immer leicht, als Zuschauer entsprechend schnell geistig umzuschalten. Ferner wird die Polizei durch den Kakao gezogen, mit Stereotypen gespielt und mit einer (angedeuteten) Inzest-Szene der Versuch eines Tabubruchs unternommen.

Je deutlicher wird, in welch verfahrener Situation sich Kai und Achim am Ende befinden, desto deutlicher spielt „Lammbock“ bei allen Albernheiten seine kritische Note aus, die von verwandtschaftlich und „Vitamin-B“ bedingter Bevorzugung durch die Justiz erzählt. Letztlich zieht Jura-Student Achim daraus seine Konsequenzen und vergeigt absichtlich seine Abschlussprüfung; vermutlich, da er folgerichtig den Glauben an die Justiz verloren hat. Damit schafft „Lammbock“ ein versöhnliches Ende, das ohne Moralismen gegen die Kifferszene auskommt, ihr Treiben aber dennoch nicht unbedingt verharmlost. Ein angenehm gelungener Spagat.

Viel von seinem Reiz bezieht „Lammbock“ durch sein Schauspielerensemble. Moritz Bleibtreu ist der dominanteste Charakter, der voll in seiner Rolle als bodenständiger und eloquenter, aber vorlauter, leicht zynischer, doch stets sympathischer und humorvoller Kiffer Kai aufgeht, der ebenso wenig wie Kumpel Achim gängige Klischees von zotteligen, verwahrlosten, lethargischen Haschisch-Konsumenten erfüllt. Jener ist gespielt von Julian Weigend so etwas wie ein Gegenpol – ein Student aus gutem Hause, zurückhaltender und verträumter als Kai. Er gibt sich vernunftbetonter, muss sich letztlich aber eingestehen, ebenso die Kontrolle verloren zu haben wie Kai. In Nebenrollen erfreuen die von mir immer gern gesehen Alexandra Neldel, die mit ihrer natürlichen Ausstrahlung punktende Marie Zielcke sowie einige karikierend überzeichnete Charaktere den Zuschauer, die allesamt einen deutlichen Kontrast zur zwar als einflussreich, aber spröde und langweilig umrissenen Welt der „Alten“, verkörpert u.a. durch Elmar Wepper, darstellen.

Wie ein roter Faden zieht sich die Huldigung des ex-Fußballprofis und -Nationalspielers Mehmet Scholl durch die Handlung, der zwar nicht mitspielt, aber Bestandteil vieler Dialoge ist, insbesondere einer denkwürdigen Abhandlung über homoerotischen Oralverkehr mit eben jenem ehemaligen Bayern-Kicker. Inwieweit Scholl den Film gesponsert hat, entzieht sich aber meiner Kenntnis. Ein hörenswerter, rockiger Soundtrack, der ebenfalls Kifferklischees entgegensteht, rundet das Filmvergnügen ab.

Kein zweiter „Bang Boom Bang“, aber sympathisch und unterhaltsam.

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