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Der 12-jährige Shaun ist ein biederer Außenseiter. Seine Hosen, seine Schuhe, seine Haare - alles an ihm ist uncool. Das lassen ihn seine Mitschüler ständig spüren. Doch das Blatt wendet sich, als eine Truppe von Skinheads den Zwölfjährigen unter ihre Fittiche nimmt. Zum ersten Mal fühlt Shaun sich akzeptiert und geborgen in der Clique. Mit neuem Outfit, Doc Martin's, geschorenem Kopf und einer ganzen Gang hinter sich ist der vaterlose Halbwaise plötzlich jemand - er gehört dazu. Als eines Tages der wesentlich ältere Combo nach mehrjähriger Haft vollgepumpt mit rassistischer Propaganda und Fremdenhass wieder auftaucht und die Führung der Gruppe an sich reißt, folgt Shaun ohne zu zögern dem neuen Übervater in die Reihen der rechtsradikalen Nationalen Front.


Regisseur Shane Meadows hat mit diesem Film wohl einen der besten Beiträge überhaupt abgeliefert, wenn es um die Skinhead-Thematik geht. Das Besondere ist hier, das nicht nur die rechtsradikale Seite der Skinheads beleuchtet wird, sondern gerade auch die Abgrenzung der "normalen Skins", die sich mit den rassistischen Parolen nicht identifizieren können, sehr gut in Szene gesetzt wurde.

Wir befinden uns im Jahr 1983, der Falklandkrieg wirkt in England noch stark nach, in dem der kleine Shaun auch seinen Vater verloren hat. Als Woody und seine Gang ihn aufnehmen, fühlt er sich schnell von den älteren akzeptiert. Die Gang macht ihre Späße, zertrümmert manchmal etwas altes Mobiliar in Abbruchhäusern, ist aber ansonsten eher harmlos. Doch diese lustige und eher entspannte Zeit ändert sich schlagartig, als der gewaltbereite Combo auftaucht und versucht, die Mitglieder der Gang mit seinem Fremdenhass zu infizieren. So spaltet sich die Gruppe und Shaun folgt dem gewalttätigen Skinhead, der für ihn eine Art Vaterersatz darstellt. Die Situation spitzt sich immer mehr zu, bis sie am Ende fast in einer Katastrophe endet.

"This is England" zeichnet ein sehr realitätsnahes Szenario der damaligen Zeit und hebt vor allem die herrschenden Unstimmigkeiten innerhalb der Skinhead-Szene ganz exzellent hervor. Ein ganz wesentlicher Grund für den realistischen Eindruck, den der Film hinterlässt, sind die wiklich erstklassigen und sehr ausdrucksstarken Darsteller, von denen die meisten eher als laien zu bezeichnen sind. Dieser Punkt ändert aber rein gar nichts daran, das ihr Schauspiel als absolut überzeugend zu bezeichnen ist. Auch die Tatsache, das alle Charaktere mit Ausnahme von Combo sehr sympathisch wirken, bringt hier weitere Pluspunkte ein.

Doch auch, wenn alle Darsteller einen tollen Job machen, ist die Figur des Shaun noch etwas hervorzuheben. Der kleine Junge, der übrigens noch jünger aussieht, als er hier ist, ist hier als absoluter Sympathieträger anzusehen. Seine Geschichte geht einem zu Herzen und man ist erschüttert darüber, wie er sich vom Fremdenhass vorrübergehend infizieren lässt. Thomas Turgose spielt diesen Charakter einfach nur fabelhaft, es macht ganz einfach Spaß zu sehen, wie er sich das erste Mal verliebt, wie er seiner Wut freien Lauf lässt, oder auch einfach nur Spaß mit seinen Freunden hat, bevor er sich verleiten lässt.

In meinen Augen gab es selten einen so authentisch wirkenden Film mit dieser Thematik, selten wurde auch weniger Gewalt gezeigt und trotzdem wirkt dieses Werk phasenweise sehr schockierend, wenn man sieht, wie schnell und massiv man den Geist eines jungen Menschen durch Propaganda vergiften und manipulieren kann.

Ein toller und gleichzeitig schockierender Film, der mit tollen Darstellern und einer sehr glaubwürdigen Geschichte vollkommen überzeugen kann und ein auch nachhaltig wirkendes Filmerlebnis bietet.


9/10

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