Review

Wohohow, jetzt bin ich doch ein wenig sprachlos. Was für ein stranges Stück Zelluloid. „Ex Drummer“, der belgische Beitrag zur „Kino Kontrovers“-Reihe von Legend ist brutal, zynisch, absolut geschmacklos, sexistisch und schwer verdaulich. Vor allem ist er momentan für mich aber eines: furchtbar schwer zu benoten.

Ich fang mal, so wie sich das gehört von vorne an, also mit dem Vorspann. Ein erfolgreicher Schriftsteller namens Dries, der ein wenig so aussieht als wäre er irgendeiner Vorabend-Soap entsprungen, erzählt uns von seinem Leben. Er sei von Selbstzweifeln zerfressen, ein Zyniker erster Güte und dauernd stünden irgendwelche Fans, Groupies und andere seltsame Gestalten vor seiner Tür. Wie diese drei Typen letztens, die noch einen Drummer für ihre Band suchten… .

Die nun folgende Szene kann nur mit dem Wort „innovativ“ bezeichnet werden. Wahnsinn wie man mit so einfachen Mitteln soviel rausholen kann. Und so geht es auch mit dem Rest des Films. Ehrlich gesagt saß ich dauernd da und dachte mir, mann, warum bin ich nie auf so eine Idee gekommen. Keine CGI´s, kein aufändiges Trara, nur einfachste Mittel, die den Film aber bestechend aufwändig aussehen lassen. Nun gut, einige Sets waren dann doch aufwändig, wie etwa die Wohnung des Sängers – dafür grandiose Idee.

Was die schöne Optik und der nahezu perfekte Soundtrack jedoch nicht verbergen können, ja gar nicht wollen, ist: Es handelt sich um eine Geschichte, die in Blut, Sperma und Kotze geradezu zu versinken droht.

„Meine Muschi stinkt nach Fisch! Nach altem Fisch!“

Wem sich bei Unterhaltungen über solcherlei Dinge, fette, glatzköpfige Mütter die genagelt werden sollen, Frauen die mal „ordentlich eins auf die Fresse“ bekommen sollten (wenn nötig mit einem Ziegelstein), Kindesmissbrauch (den die Kinder auch noch gut finden) und 50cm lange Penisse nicht der moralinverseuchte Magen umdreht kann getrost einschalten. Allen anderen rate ich dringlichst: Tut´s nicht! Denn „Ex Drummer“ begeht nicht den Fehler seiner Kollegen aus Übersee und lässt seine Protagonisten nur – um zu schockieren – darüber reden, nein, er hält auch voll drauf wenn’s zur Sache geht.

Und da komm ich auch gleich zu dem leidigen Thema FSK. Wahnsinn was sich die Herren und Damen da gedacht haben. Meine Kinder bekomen so was mit 16 nicht zu sehen … und mit 18 auch nicht. Liebe Gorehounds versteht mich nicht falsch, erwartet bitte keine Schlachtplatte. Liebe Onanisten, dito, „Ex Drummer“ ist kein „sick-fetish-porn“.Aber JA, ihr bekommt Blut, und ja es gibt leichten HC. Aber – und dieser Tatsache gebührt mein Respekt –nie exploitativ, sondern realistisch. Dreckig und sauer aufstoßend.

Apropos Blut und Sperma. Respekt vor den Schauspielern, die eigentlich allesamt ihre Sache wunderbar machen. Wenn man sich ansieht was die Jungs und Mädels hier machen fragt man sich doch, warum mindertalentierte Promi-Tusen á la Jolie so einen Haufen Kohle kassieren. Für was !? Ja, die Menschen in diesem Film spielen wirklich ihre Songs, ja sie ficken wirklich und sie strengen sich WIRKLICH an. Ohne Millionen-Budget, das hat der Regisseur nämlich nicht bekommen. Ganz im Gegenteil, die Filmförderung Belgiens verweigerte ihm jeglichen Cent.

Das die Story in Ihrer geradezu aufdringlichen Symbolik nicht jedermanns Sache sein dürfte ist verständlich, doch es gibt einen großen negativen Aspekt der umso unverständlicher ist. Viele beschweren sich über den, auf jeden Fall vorhandenen, Leerlauf gegen Mitte des Films – ich würde sagen so ungefähr ab der 45. Minute. Mann! Der wäre unnötig. Lange habe ich darüber nachgedacht was mich an dem Film stört, nervt, was nicht ins Konzept passt. Und jetzt weiß ich es. Der gesamte Handlungsstrang um „Großer Schwanz“ den Sänger von „Harry Mulish“ ist überflüssig, teilweise doof, zu comichaft um sich in die – schon genügend groteske – Handlung einfügen zu wollen. Zudem ist auch seine (und ihre) Rechtfertigung am Ende einfach nur doof – so empfinde ich das zumindest. Diesen Käse rausgelassen, der Flick hätte einen ewigen Platz in meinen Top 10 gehabt. So muss ich mir überlegen ob ich 7 oder 8 Punkte gebe.

Aber ganz leicht: ich addiere.

Kamera: 1 Punkt
Schauspieler: 1 Punkt
Musik: 1 Punkt
Story: 1 Punkt
Idee: 1 Punkt
Settings: 1 Punkt
Blut und Porno-Bonus: 1 Punkt
Die ersten und die letzten 10 Minuten: 1 Punkt

Leerlauf: 2 fette Minuspunkte, zerstören sie doch das Gesamtbild des Films.

Trotzdem, definitiv der mutigste, seltsamste und krankste Film der letzten Jahre. Inkl. einem Ende das mächtig - zumindest bei mir - drückt und Gänsehaut verursacht. Dringende See-Empfehlung an die Aufgeschlossenen unter euch!!

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