Als ich den Trailer zu Ex Drummer sah, war ich gespannt. Konnte das Gezeigte und die Statements verschiedener Internetseiten und Magazine das Versprochene halten? Würde man tatsächlich einen der kontroversesten Filme sehen? Den Trainspotting des neuen Jahrtausends? Wird das wirklich "hardcore"?
Es wurde nicht zu viel versprochen!
Ex Drummer ist reine Millieustudie: drei absolut kranke Typen, jeder mit einer Behinderung (steifer Arm, taub, lispelt) haben eine Band ohne Drummer und werben einen bekannten Schlagzeuger und Autor um bei ihnen einzusteigen. Dieser erzählt uns nun die Geschichte. Er will einfach mal in die Welt dieser kaputten, asozialen Leute hinabsteigen, mit dem Bewusstsein, jederzeit in seine heile Welt zurückkehren zu können. Gleichzeitig verarbeitet er das Erlebte in einem neuen Buch. Was er und der Zuschauer aber so alles zu sehen bekommen, im Leben der absoluten Unterschicht, ist hart an der Grenze zum Erträglichen, unglaublich intensiv und real.
Filmisch ist Ex Drummer klar ein Meisterwerk. Der Film strotzt nur so vor Innovationen. Alleine der rückwärtslaufende Anfang mit den ungewöhnlich platzierten Credits oder die symbolhafte Überkopffilmung des frauenhassenden und -mordenden, lispelnden Sängers sind geniale Einfälle. Eine vergleichbare Story gab es bisher ebenfalls nicht. Entscheidend ist hier das Gezeigte nicht die Story an sich, denn diese ist eher einfach und bis auf das Ende nicht so sehr gewitzt. Jeder Charakter hat seine kleine kaputte Welt in der er lebt und die wird auch schonungslos gezeigt.
Fraglich finde ich die Freigabe ab 16. Nicht für sich gesehen, aber im Vergleich zu anderen Filmen. Hier hätte man gut und gerne eine Freigabe ab 18 geben können. Denn nicht nur dass das Gezeigte schon sehr harter Tobak für die Psyche ist, es wird auch alles sehr explizit gezeigt. Ob es sich dabei um Sexszenen handelt mit gezeigter Penetration und öfters mal einen 50cm Penis oder um Gewaltexzesse wie das Einschlagen eines Frauengesichts mit Backstein, Erschießungen, Vergewaltigungen und einen Messermord wo in Nah- und Zeitlupenaufnahme die Klinge immer und immer wieder blutig in den Rücken fährt .
Verliert sich der Film vor dem Ende etwas (mein einziger Kritikpunkt) und man fragt sich bei und nach dem Auftritt der Band (The Feminists ;-) ) auf einem Festival vielleicht noch wo das alles denn nun hinsteuert, so kommt jetzt die Abrechnung. Schon alleine die Vorgeschichte die zu diesem Ausgang führt ist dermaßen abgedreht und krank, aber das Ende selbst ist an Innovation nicht zu schlagen. Durch die kurzen Statements der Toten wird man hinters Licht geführt, aufgeklärt warum sie waren wie sie waren. Teilweise doch sehr bedrückend, denn vorher fiel es nicht schwer sie zu hassen. Erschreckende Geständnisse von allesamt verkorksten Wesen.
Fazit: Alle meckern immer rum: nichts Neues, schon mal gesehen, aber besser usw. Ex Drummer bietet nun etwas Neues! Dieser Film verdient die Bezeichnung Filmkunst zu Recht! Er strotzt nur so vor innovativen, kreativen Ideen. Ein genialer, erschreckender, gleichzeitig unterhaltender, manchmal aufgrund der Skurrilitäten (z.B. das "Werk" von "großer Schwanz": wir stehen in der Vagina alias "die geplatzte Ratte") witziger Film. Auf jeden Fall gewagt und provokativ und mit Sicherheit nicht für Jedermann geeignet.
Außerdem als "Musikfilm" mit genialer Mucke unterlegt!
9 von 10