COWABUNGA!!!
Nicht nur die gigantische Merchandising-Maschinerie zeugt von der Langlebigkeit der Turtles, die schon immer für eine augenzwinkernde Ironie standen. Nicht umsonst sind mit Schildkröten langsame Tiere ausgewählt die zu agilen Superhelden werden, Pizza lieben und in der Kanalisation mit ihrem Lehrmeister, der Ratte Splinter, leben. Reichlich starker Tobak, der die Welt im Sturm eroberte und ausgewiesenen Kultstatus besitzt – bei Ankündigung des Projektes sprach man in der Werbung von einer Rückkehr im ganz neuen Gewand.
Doch die Teenage Mutant Ninja Turtles waren nie wirklich tot, nur von den Leinwänden der Kinos verschwunden. Den düsteren Comics folgte eine kindgerechte Zeichentrickserie, die mit quietschbunten und stark animierten Actionsequenzen punkten konnte und sich durch markantes Charakterdesign ins Gedächtnis der Zuschauer brannte. Weiterhin erschienen drei Realfilme die international in den Kinos liefen und weitere Zeichentrickprojekte. Besonders aufregend ist besonders die zurzeit immer noch in Produktion stehende, dritte Serie die perfekt Elemente aus den Comics und der frühen Serie vereint und als aufregendste Erweiterung gilt. Leider beweist der neue Kinofilm von Kevin Munroe nicht den Esprit der aktuellen Serie sondern bewegt sich weit weg von der ursprünglichen Atmosphäre.
Nicht viel wurde aus den klassischen Turtles übertragen, abgesehen von den typischen Charakteristika der vier Hauptprotagonisten, deren ureigene Züge komplett den Weg in die Computerverfilmung fanden. Selbst die glatte Animationstechnik erweist sich als effektvoll da die Mimik der Schildkröten allgemein eher minimalistisch ist. Die Bewegungsabläufe beeindrucken vor allem in den Kampfszenen da eine fotorealistische Darstellung nicht nötig ist. Stilisierte Künstlichkeit steht dem Film sehrgut, vor allem da es kaum menschliche Charaktere zu animieren gilt. Casey und April, die beiden altbekannten humanoiden Figuren im Turtles-Universum, erscheinen dementsprechend erschreckend leblos. Ohne jeden Zug von Natürlichkeit wirken die beiden als seien sie einem mittelmäßigen Konsolenspiel entsprungen, die Präsenz der sympathischen Schildkröten blendet sie endgültig zu unwichtigen Randfiguren.
Angesiedelt ist die Geschichte nach den gewohnten Ereignissen, Erzfeind Shredder ist lange besiegt und die vier Brüder befinden sich in einer Phase der Neuorientierung, so soll Leonardo auf Reisen als Anführer der Gruppe an Reife gewinnen während seine drei Brüder unterschiedlichen Tätigkeiten nachgehen. Innerhalb der verschworenen Gemeinschaft gibt es also oberflächliche Unstimmigkeiten die aber niemals echtes Konfliktpotential aufweisen und wenn es darum geht die ganze Welt zu retten ist das sowieso egal. Der Hang zur Übertreibung beginnt in der aufgeblasenen Vorgeschichte, setzt sich fort im donnernden Effektgetöse und findet einen logischen Schlusspunkt in der Errettung der Welt. Das alles ist festgehalten in dunklen, fast sterilen Nachtbildern, wobei besonders das Design der Straßenschluchten und Wolkenkratzer beinahe schon stilistisch an Tech-Noir-Optik erinnert.
Trotz trockenem Humor und der typischen Verwendung cooler Oneliner nimmt sich der Film insgesamt aber zu ernst um wirklich zu überzeugen. Die clevere Grundidee, die asiatische Traditionen verbindet mit typisch amerikanischen Verhaltensweisen und Identifikationsfiguren, besteht auch hier doch der ironische Umgang mit den klischeehaften Versatzstücken denen das Konzept zugrunde liegt fehlt schlichtweg. Dazu kommt die einfältige neue Storyline die abermals eine Mythengeschichte in den Vordergrund stellt, diese aber nur bemüht voran treibt und nicht um innovative Züge verbessern kann. In Anbetracht der kurzen Laufzeit und der banalen Handlung wird sich „TMNT“ wohl nicht im Langzeitgedächtnis der Fans etablieren können auch wenn einige Ansätze durchaus gelungen erscheinen und die Animationen bis auf die Gestaltung der Menschen vollauf überzeugen können.
Am Ende enttäuscht der Film mit einer gründlich einfältigen Moral und lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Nur gemeinsam ist man stark. Ebenso simpel endet allseits versöhnlich die Storyline um die verfluchten Seelen, die als Gegner der Turtles auftraten und im Gegensatz zu Shredder unter akuter Profillosigkeit leiden.
Fazit: Enttäuschende Kinorückkehr der Ninja-Schildkröten im voll computeranimierten Format, das dem Sujet ganz einfach nicht steht. Die kalte und wenig detailreiche Animation stört genauso wie die simple Geschichte und die einfach gestrickte Moral. Letztlich nur leidlich unterhaltsam.
04 / 10