„Wenn es nach meinem Willen ginge, würde jeder Narr, der mit ,Fröhliche Weihnachten‘ auf den Lippen herumrennt, mit dem eigenen Truthahn gebraten und lebendig begraben – mit einem Stechpalmenzweig im Herz!“
Charles Dickens‘ Weihnachtsgeschichte wurde bereits unzählige Male in verschiedensten Formen verfilmt, doch eine Muppets-Variante fehlte lange Zeit – bis ins Jahr 1992. Kurz nach der Übernahme durch den Disney-Konzern und dem tragischen Tod des Muppet-Erfinders Jim Henson verfilmte dessen Bruder Brian das Drehbuch Jerry Juhls. Nach anfänglicher Zurückhaltung an den Kinokassen avancierte auch dieser Muppets-Film zu einem Klassiker, der zur Weihnachtszeit gern wieder angeschaut wird.
„Humbug!“
Es handelt sich um kein reines Puppenspiel, denn Ebenezer Scrooge wird von niemand Geringerem als Michael Caine („Dressed to Kill“) gespielt, dessen Neffe von Steven Mackintosh („Frau in Schwarz“), Freds Ehefrau von Robin Weaver („Frau in Schwarz“) und auch einige Statistinnen und Statisten tummeln sich zwischen den bekannten Muppets. Von diesen schlüpft Gonzo in die Rolle des erzählenden Charles Dickens, dem Rizzo the Rat zur Seite steht. Zugleich werden sie Teil der Geschichte, indem sie mitunter mit den Figuren interagieren.
„Wollt ihr wohl still sein, ihr Melonen?“
Mit einer Kamerafahrt über schneebedeckte Häuserdächer beginnt der visuell aufwändig und sorgfältig gestaltete Film, der ein winterliches London nachbildet und mit detailreichem Interieur überzeugt. Scrooges Angestellte sind Muppets, darunter Kermit als Buchhalter Bob Cratchit, der mit der von Miss Piggy dargestellten Emily verheiratet ist und Kinder mit ihr hat. Scrooges verstorbener Geschäftspartner Jacob Marley bekommt einen Bruder Robert zur Seite, damit die Meckeropas Statler und Waldorf beide als Geister verkörpern können. Zahlreiche weitere Muppets bis hin zu singendem Gemüse besiedeln die Szenerie, in der die klassische Geschichte mittels einiger Slapstick- und eigens für den Film geschriebener Musical-Einlagen aufgepeppt wird.
Das ist alles sehr niedlich gemacht und Michael Caine gelingt das Zusammenspiel mit den Puppen über die gesamte Distanz sehr gut, doch vermisse ich den anarchischen Muppets-Witz. Das Ende biegt etwas holterdiepolter um die Ecke und verzichtet keinesfalls auf den typischen Kitsch, dafür aber, wie in so vielen Dickens-Verfilmungen, auf die Systemfrage: Wie ist es überhaupt möglich, dass jemand wie Mr. Scrooge sich derart seinen Angestellten und Mitmenschen respektive -muppets gegenüber verhalten kann?
„Die Muppets Weihnachtsgeschichte“ lässt sich für Kinder und Erwachsene gut schauen, unterhält weihnachtlich und macht durchaus Spaß. Ich hoffe aber, ich tue niemandem unrecht, wenn ich den gebremsten Humor und die weitestgehende Harmlosigkeit dieser Verfilmung angesichts des Fehlens Jim Hensons und des Einflusses des stets sehr auf Familienfreundlichkeit bedachten Disney-Konzerns für mehr als eine Koinzidenz halte…