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Als Hollywoods modernisierte Teenie-Variante des Hitchcock-Klassikers „Rear Window“ vermarktet, schlug „Disturbia“ sich über Wochen hinweg wacker am amerikanischen Boxoffice und konnte schließlich bemerkenswerte 80 Millionen Dollar und die Erkenntnis einsacken, dass aus Shia LaBeouf („Transformers“, „Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull“) ein neuer Shooting-Star werden könnte, der in Zukunft das Potential hat die Zuschauermassen zu mobilisieren und diese Fähigkeit dann auch in „Transformers“ untermauerte.

„The Salton Sea“ - Regisseur D. J. Caruso, nach Enttäuschungen wie „Taking Lives“ und „Two for the Money“ schon fast wieder auf dem Weg zurück ins TV-Geschäft, inszeniert den überraschend gut ineinander greifenden Mix aus Teeniekomödie und Thriller leichtfüßig, ohne überflüssige Passagen und vor allem mit soviel Drive, dass die offensichtlichen Plotholes dem Publikum nicht weiter sauer aufstoßen – pures Entertainment eben.

Shia LaBeouf gibt den widerspenstigen, fast-volljährigen Halbwaisen Kale, der ein Jahr nach dem tragischen Verkehrsunfall seines Vaters noch immer am tödlichen Verlust zu knabbern hat. Als er seinem Spanischlehrer ein Veilchen spendiert, bekommt er vom milde gestimmten Richter eine einmalige Chance. Anstatt Jugendknast wird ihm nur Hausarrest aufgebrummt. Überwacht wird er durch eine elektronische Fußfessel. Weil Muttern (Carrie-Anne Moss, „The Matrix“, „Suspect Zero“) berufstätig und kaum dazu in der Lage scheint ihren undisziplinierten Filius genügend Aufmerksamkeit zu schenken, kündigt sie ihm prompt den iTunes- und X-Box-Account. Seiner Hobbys entrissen, soll er zumindest in seiner eigenen Bude klar Schiff machen. Kale, schwer gelangweilt, denkt aber gar nicht daran sich mit der neuen Situation zu arrangieren, sondern entdeckt eine neue Leidenschaftum sich die Zeit zu vertreiben. Er beobachtet zusammen mit seinem Kumpel Ronnie (Aaron Yoo) die Nachbarschaft. Mit Ashley (Sarah Roemer, „Asylum“) zieht direkt nebenan praktischerweise der Traum von einer Nachbarin ein, die alsbald spitz kriegt, was die beiden da treiben und das Stalker-Duo flugs um ein Mitglied erweitert.

„Disturbia“ präsentiert sich in der ersten Hälfte als ziemlich witzige Teeniekomödie, in der Shia LaBeouf absolut kein Fettnäpfchen auslässt, um sich vor seiner neuen Nachbarin nach allen Regeln der Kunst zum Affen zu machen, ohne gleich in die albernen Manierismen der trotteligen „American Pie“ - Generation zu verfallen. Das macht den Jungen schwer sympathisch, relativ authentisch und den Film deutlich erträglicher, weil er so niveaulose und inzwischen auch gänzlich abgedroschene Gags vermeidet.
Ohne dass der Streifen großartig neue Ideen präsentiert, entwickeln sich die Drei natürlich fix zu einem eingespielten Trio, das die Abläufe und schmutzigen Geheimnisse der Nachbarschaft erkundet, während sich Kale und Ashley ein gutes Stück näher kommen.

Nun wohnt ein paar Meter weiter aber ausgerechnet David Morse („The Crossing Guard“, „The Rock“), der endlich mal wieder in einer größeren Hollywood-Rolle eine Kostprobe seines Könnens abgibt, und scheinbar den Wolf im Schafspelz darstellt. Hinter der Fassade des freundlichen Nachbarn, den zu allem Überfluss Kales Mutter sehr charmant findet, scheint sich offenbar ein eiskalter Serienkiller zu verbergen, der reihenweise junge Frauen in seinem Haus ermordet. Von Nervenkitzel und Neugier gepackt, beginnen die Kids eine Observation zu starten und auf eigene Faust nach Beweisen zu suchen, aber ganz so blöd ist Morse alias Mr. Turner nun auch nicht, durchschaut sie ganz im Gegenteil ziemlich schnell.

Mit einer ordentlichen Portion schwarzem Humor im Gepäck spielt D.J. Caruso lange Zeit mit der Erwartungshaltung seines Publikums und hat trotz offensichtlicher Szenen viele Lacher auf seiner Seite, schafft dann aber, ohne dafür zu tumben Genremotiven greifen zu müssen, den plötzlich einsetzenden Balanceakt zu einem ernstzunehmenden und ziemlich spannenden Thriller-Finale, das am Ende mehr düstere Geheimnisse zu Tage fördert, als man als Zuschauer allgemein erwartet.

Der charismatische Edeljoker David Morse hat sichtlich Spaß daran endlich mal wieder im Rampenlicht zu stehen, spielt den undurchschaubaren Nachbarn entsprechend genüsslich und ruft damit beim Publikum, ebenso wie beim Dreiergespann, Verunsicherung hervor: So deutlich die Hinweise auch sind, vielleicht ist ja doch alles anders als man denkt. Da das ordentliche Drehbuch zwar nicht auf altbekannten Klischees herumtrampelt, allerdings den Gesetzen des Genres treu bleibt, fehlen zum Schluss dann leider die großartigen Twists. Böse kann man dem Film deswegen aber eigentlich nicht sein. 100 Minuten komprimierte Unterhaltung ohne überflüssige Schnörkel sind nun (leider) auch keine Selbstverständlichkeit.


Fazit:
Überaus sympathischer Mix aus Teeniekomödie und Thriller, bei dem man alle Akteure am Ende mal so richtig in den Arm nehmen möchte. Danke, Leute.
„Disturbia“ ist beileibe kein außergewöhnlicher Film, aber ein rundum kurzweiliger, sehr amüsanter, später dann auch spannender Film, dessen dezente Logikschwächen kaum ins Gewicht fallen. D.J. Caruso inszeniert temporeich mit Gespür für das richtige Timing, die spielfreudigen Akteure geben ihr Bestes und der Zuschauer dankt es letztlich allen. Kann man bedenkenlos weiterempfehlen.

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