Wie so viele Originale hätte auch „The Crow“ nie ein oder gar mehrere Fortsetzungen erfahren dürfen. Der Film war und ist für sich gesehen Kult, aber es gibt nun mal findige Strategen wie Produzent Jeff Most, die glauben so eine Franchise melken zu müssen. Mittlerweile wurde die Reihe auf ganze vier Teile ausgedehnt und nimmt einen katastrophalen Verlauf. Ganz zurecht, dümpelt sie deswegen auch inzwischen im direct-to-dvd – Bereich herum.
„The Crow: City of Angels“ lief indes noch im Kino, ohne den Erfolg seines Vorgängers ansatzweise folgen zu können. Seitens des Studios wurde der Film, noch bevor er in die Kinos kam, rabiat zusammengeschnitten - daher übrigens auch die überraschend kurze Laufzeit. Einmal mehr muss der mündige Zuschauer sich mit einer Rumpfversion des ursprünglichen Films zufrieden geben.
Mit Regisseur Tim Pope holte man sich einen erfahrenen Musikvideodirektor an Board, der es tatsächlich schaffte der Fortsetzung seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Drehbuchautor David S. Goyer („Blade“, „Batman Begins“) ist bekanntlich ein Spezialist für düstere Stoffe, vermag allerdings nur sehr selten innovative Geschichten zu erzählen. Besonders seine frühe Phase ist doch eher von Mittelmäßigkeit geprägt, was sein Skript hier nur allzu deutlich unter Beweis stellt. Im Grunde rekapituliert er nur die Geschichte des Originals, wirft Emotionen und Nebencharaktere, als wären es Ballast, aus dem Film und schickt Ashe Corven (Vincent Perenz), begleitet von schmerzhaften Visionen seines Todes, als Krähe in eine noch düstere Welt.
In diesem nun fast schon postapokalyptischen, chaotischen Los Angeles liegt die Stärke des Films, da Pope mit seinen düsteren Farbkompositionen ein sehr atmosphärisches, hoffnungsloses Flair verbreitet. Es herrscht völlige Anarchie in den Straßen, die Welt geht vor die Hunde und die Stärksten, die Bösesten, überleben. Nur um den Mord an seinem Sohn und sich zu rächen, kehrt Ashe zurück...
Die Krähe ist immer noch saucool und auch wenn ihr Handeln genau dem Schema des Vorgängers folgt, so hat sie nicht wesentlich von ihrer Faszination eingebüßt. Begleitet von einem wieder erstklassigen Soundtrack, mordet und foltert sie sich gnadenlos, schwarzhumorig und endgültig durch die Gang von Drogenhändler Judah Earl (Richard Brooks, „The Substitute“, „In Too Deep“), bis sie sich nach oben vorgekämpft hat, um dort fast genau wie im Original ausgetrickst zu werden. Neben Iggy Pop muss dabei übrigens auch der damals noch gänzlich unbekannte Thomas Jane („Deep Blue Sea“, „The Punisher“) in einer Minirolle dran glauben.
An meist von der Krähe ausgehender, kompromisslos-tödlicher Gewalt mangelt es „„The Crow: City of Angels“ nicht, wohl aber an Emotionen und Zugangsmöglichkeiten. Wo Eric Draven wirklich noch eine tragische Figur, mit der man mitfühlte, war, da ist Ashe Corven nur noch ein Rächer, dem es nach Blut und Vergeltung dürstet. Angeblich wurde dem Film einiges an Handlung genommen. Insbesondere die Beziehung zu Sarah (Mia Kirshner, „Out of the Cold“, „Dark Summer“) wurde vermutlich auf ein Minimum beschränkt, so dass ihr Mitwirken hier nur noch wenig Sinn ergibt. Dabei hätte diese emotionale Bindung dem Film höchstwahrscheinlich sehr gut getan.
Aber bleiben wir bei dem, was uns hier letztlich als Resultat vorgesetzt wird. Die wenigen CGI-Effekte, besonders zum Schluss, sind mieser Natur und enttäuschen genauso wie das gesamte Finale. Judahs SM-Schuppen wirkt reichlich bizarr auf den Zuschauer und bleibt eher befremdlich anstatt extravagant im Gedächtnis hängen.
Damit bleibt nahezu alle Verantwortung an der Krähe selbst hängen. Tim Popes optischer Stil, der mit seinen exzessiven Farbfiltereinsätzen überraschend gut mit der Endzeitwelt harmoniert tut sein Möglichstes, um eine würdige Fortsetzung abzuliefern, die der Film, in seiner ursprünglichen Version auch mal gewesen sein könnte. Doch Vincent Perez mangelt es an Charisma im Vergleich zu Brandon Lee. Das Selbe gilt für Richard Brooks. Wenn man da an den chargierenden Michael Wincott („Robin Hood: Prince of Thieves“, „The Three Musketeers“), seinerzeit auf diese Rollen abboniert, denkt, wird einem schnell schmerzlich bewusst, wie unbarmherzig und fies ein Bösewicht sein kann.
So bleibt der Film für Fans eine höchst zwiespältige Angelegenheit, denn in visueller Hinsicht kann man den Film nichts vorwerfen. Er geht andere Wege und verfügt über einen fast ebenbürtigen Soundtrack. Die Action präsentiert sich dann schon bei weitem nicht mehr so ausgefeilt und Goyers Skipt sich als wenig intelligentes Plagiat ohne nennenswerten Innovationen.
Fazit:
Oberflächliche, zerstückeltes Sequel, der die Tragik des Originals fehlt. „The Crow: City of Angels“ legt Wert auf Kurzweiligkeit, kümmert sich wenig um seine traurigen Figuren, die ohnehin nur mittelmäßig gespielt werden, hat auch keine aussagekräftigen Dialoge an den Zuschauer zu bringen und versagt dramaturgisch auf voller Linie. Dank Tim Popes stylischer Inszenierung, die Atmosphäre hervorbringt und ein paar coole Liquidierungen der Krähe zu einem fetzigen Score zelebriert, reicht es geradeso in Anbetracht dessen, was hierauf mit Teil 3 und 4 folgen sollte, noch für den Durchschnitt.