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Es fällt schwer, den Film „Weißer Oleander“ einem heute gängigen Genre zuzuordnen. Die Bezeichnung „Schauerromanze“ trifft die Sache wohl am Besten. Faktisch ist der Film ein relativ inhaltsarmes, unglaublich gut inszenierte Sozial-Beziehungsdrama, das man am besten mit Klassikern wie „Rebecca“ vergleichen kann.  Die Story ist rasch erzählt. Ein junges Mädchen vom Land aus dem Vorbürgerkriegsamerika bekommt die Chance, ihrem von Gottesfurcht und Langeweile geprägten Dasein zu entfliehen und eine Zeit bei ihrem nicht blutsverwandten, unglaublich reichen Cousin auf einem Schloss zu leben. Während dieses Aufenthaltes treten gravierende Veränderungen im Leben des Cousins ein. Seine Frau, die nach der Geburt der gemeinsamen Tochter keine weiteren Kinder mehr bekommen kann und damit nicht in der Lage ist, der Erbfolge vernünftig zu regeln, scheidet unter ungeklärten Umständen dahin. Gleichzeit kratzen die Pächter und Tagelöhner des sich absolutistisch gebärdenden Schlossherren an dessen Herrlichkeit und Selbstverständnis, indem sie die feudale Grundordnung nicht mehr länger hinnehmen wollen.Es kommt wie es kommen muss. Die Cousine wird geehelicht und damit die neue Schlossherrin. Aber das vermeintliche Glück zerbricht an dem Tod des neu geborenen Sohnes und der Drogenabhängigkeit des Ehemanns. Am Ende wird der Gatte zu allem Überfluss noch überführt, seine erste Frau mit der namensgebenden Pflanze vergiftet haben, und wird erschossen.  Die Story selbst ist recht einfach gehalten und absolut vorhersehbar. Sie zieht Ihren Reiz zum einen aus eingewobenen Spukelementen wie Unglück ankündigende Musik einer Selbstmörderin, die nur die Betroffenen hören können, und zum anderen aus sehr exakt herausgearbeiteten Charakteren, die mit ihrem Umfeld nicht zurecht kommen. Schon der Beginn des Filmes macht die Intention des Mädchens namens Miranda klar. Auch wenn ihr ländliches Leben idyllisch ist und sie die ihr vermittelten Werte adaptiert, wird sie doch von der Perspektivlosigkeit des Landlebens eingeengt. Ihr gegenüber steht Ihr feudaler Patron, der die Erosion seiner Herrschaft, sei es aufgrund einer anstehenden Bodenreform oder wegen des Fehlens seines Erben, nicht verkraftet. Sie lebt in einer Traumwelt, er in der Vergangenheit. Die Katastrophe ist vorprogrammiert…  Der Film lebt von einer hervorragenden Regie und unglaublich stimmig agierenden Schauspielern. Dabei spielt Vincent Price alle an die Wand. Mir fallen nicht viele Filme ein, in denen er einer derartig vielseitig spielt. Er vollführt einen unglaublichen Wandel vom versnobten Adel zum gebrochenen Mann und variiert zwischen liebendem Ehemann (auch wenn er zum Teil nur Umstände und nicht Menschen liebt) und aggressivem Kotzbrocken. Aber auch der Rest ist hervorragend, wobei mir die Besetzung der Mutter von allen Nebenrollen am besten gefällt. Sie bringt moderne Mutterliebe und ehelichen Gehorsam (im Sinne der Zeit) zur Deckung.  Weitere Stärke des Films ist die Vermittlung amerikanischer Werte ohne Pathos. Sie werden auch die Wagschale des Lebens gelegt und entweder verworfen oder als Richtlinie vernünftigen Handelns herausgestellt. Für einen Nachkriegsfilm ist diese Sachlichkeit sehr angenehm. Sie unterstützt der Kern des Films. Nämlich das Aufzeichnen einer Zeitenwende, die durch das Absterben alter Strukturen gekennzeichnet ist, um Platz für neue, modernere Ansichten zu schaffen.  Der Film ist nicht spannend. Aber er unterhält recht ordentlich. Und er lässt dem geneigten Zuschauer durch ein behäbiges Tempo genug Zeit, sich an seiner handwerklichen Perfektion zu erfreuen. Das gute alte Schwarz-Weiß-Kino ist doch oft bunter als der Unfug heutiger Tage. So lebt auch der geneigte Zuschauer irgendwie in der Vergangenheit.  Für mich ist „Weißer Oleander“ handwerklich großes Kino mit normaler Unterhaltungswert. Price zu sehen lohnt sich allemal. Von mir kriegt der Film 8 von 10 Punkten.  

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