Review

Rob ist ein kleiner Angestellter bei "Joe’s Säuberungsaktionen" (Deppen-Apostroph authentisch), einer Firma, die dafür sorgt, dass nach Autounfällen und dergleichen die verstümmelten Leichen entsorgt werden. Für Rob und seine Freundin Betty ist das sicherlich ein Traumjob, denn immerhin sind beide nekrophil und natürlich bringt er ab und zu auch "Arbeit" mit nach Hause. Als Rob eines Tages eine komplette, verweste Leiche anschleppt, ist Betty auch völlig aus dem Häuschen und der neue Bettgefährte wird erst mal gepflegt zu dritt willkommen geheißen. Als Rob kurz darauf aufgrund seiner schlampigen Art gefeuert wird, verlässt ihn allerdings seine Freundin und nimmt zu allem Überfluss auch noch die Leiche mit... der Anfang vom Ende... Dieser berühmt-berüchtigte Streifen hat sicherlich im Alleingang ausgereicht, um Regisseur Jörg Buttgereit auf die Karte der beachtenswerten Home Made-Filmer zu hieven und stellt das zentrale Werk im Œuvre des Berliner Underground-Regisseurs dar, auf das sich auch die nachfolgenden Arbeiten immer noch reduzieren beziehungsweise an dem sie sich messen lassen müssen. Bei objektiver Betrachtung fällt allerdings auf, dass eben diese Messlatte hier nicht allzu hoch gelegt wurde, denn auch Buttgereit kann die Ursprünge seiner Produktion (No Budget, schrottiges Super 8-Equipment, Schauspieler, die diese Bezeichnung eigentlich gar nicht verdienen etc.) nicht verhehlen. Unter formal-technischen Gesichtspunkten ist "Nekromantik" also nur ein erbärmlich zusammengeschustertes Machwerk, das von anderen Streifen dieser Gattung, die sich ebenfalls (zwangsweise) einer unhübschen Amateurfilm-Ästhetik bedienen, glatt vom Feld gerdrängt wird. Einem Jim Van Bebber kann Buttgereit in dem Bereich mal gerade gar nichts vormachen und an die Überzeugungskraft eines "Roadkill - The Last Days of John Martin" (der auch handwerklich weitaus besser dasteht) kommt er nie ran. Was bleibt ist ein in einigen Momenten eindringlicher, meistens allerdings unfreiwillig komischer Amateur-Beitrag, der eher in Richtung langatmiger Kunstfilme als in die Splatter-Ecke tendiert. Das Drehbuch-Gespann Buttgereit und Rodenkirchen hat sich dabei zwar redlich Mühe gegeben, die krankhaften Macken ihrer Charaktere tiefenpsychologisch auszuloten und darum auch nicht nur den typischen Gorebauern Zucker zu geben, die lediglich an den kruden F/X-Einlagen interessiert sind, allerdings ist ihnen einiges doch zu zäh und unglaubwürdig geraten. Welche Aussagen sich hinter solchen inszenatorischen Kabinetts-Stückchen wie beispielsweise der Parallel-Montage zwischen der (realen) Schlachtung eines Kaninchens und dem Autopsie-artigen Herumschneiden an einer Leiche verbergen, darüber sollte sich mal ein diplomierter Psycho-Analytiker mit den Machern unterhalten. Mir selbst verschließt sich da so einiges. Geplagt wird die Glaubwürdigkeit der Geschichte von einigen schieren Schlampereien wie dem Herumhantieren des geschulten Fachpersonals mit den Überresten der Unfallopfer ohne Handschuhe oder der schlichten Tatsache, dass offenbar niemandem auffällt, dass der Protagonist ab und zu mal Organe und Körperteile vom Arbeitsplatz mitgehen lässt und diese bei sich daheim in Einmachgläsern konserviert. Und woher kommt bitteschön diese Obsession der hiesigen Hobbyfilmer, ständig Leute zeigen zu müssen, die sich entweder einen von der Palme wedeln, in der Gegend rumschiffen oder sich ihr Frühstück noch mal rückwärts durch den Kopf gehen lassen? Okay, auf die Lachen von Erbrochenem hat man in diesem Fall verzichtet, aber die entsprechenden Close Ups auf sämtliche verspritzten anderen Körperflüssigkeiten werten den Film beileibe nicht auf und bringen auch die Geschichte um keinen Schritt weiter, sondern steigern allenfalls den reinen Kotz-Wert der Angelegenheit, der eh schon beachtlich hoch ist. Die amateurhafte Aneinanderreihung von Szenen-Abfolgen macht es dem Zuschauer dann auch schwer, den tieferen Sinn hinter diesem vordergründigen und teilweise verkrampften Tabu-Brecher zu erkennen. Für ein "normales" Publikum ist die Chose aufgrund ihrer detailreich ausgestalteten, im liebevollen Selbsteinsatz entstandenen grotesken F/X (zu nennen wären da neben dem Leichen-Prop vor allem die Blut-und-Sperma-Exzesse im Finale) dann auch kaum zu schaffen. Ein wirklicher Pluspunkt ist allerdings der memorable Score voll minimalistisch-schönem Tasten-Geklimper, der stellenweise die vorherrschende morbide Stimmung auf tonaler Ebene nicht nur unterstützt, sondern diese sogar noch steigert und gelegentlich eine traumwandlerische Atmo verbreitet. Und das Poster-Artwork von Andreas Marschall ist natürlich schlichtweg grandios und hat sicherlich auch mehr als nur ein wenig zur Legendenbildung als Kult-Klassiker beigetragen... da kommt der Film an sich nicht ran. Aber wie könnte er das auch? Wenig Romantik also, stattdessen mächtig nekro, von daher zumindest keine Mogelpackung.

5/10

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