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Am Anfang des mit über 16 Millionen DM bis dahin teuersten Films der deutschen Kinogeschichte stand nichts anderes als die Softporno-Reihe "Schulmädchen-Report". Mit diesen selbsternannten "Aufklärungsfilmen" hatte der Münchener Exploitation-Produzent Wolf C. Hartwig nämlich das notwendige Grundkapital für sein ehrgeiziges Projekt eingespielt, einen ernstzunehmenden Action-Film für den internationalen Markt herzustellen. Als Drehbuchvorlage entschied sich Hartwig für den erfolgreichen Nachkriegsroman "Das geduldige Fleisch" von Willi Heinrich, in dem dieser 1955 seine Erlebnisse an der Ostfront verarbeitet hatte. Um zusätzliche Geldgeber zu gewinnen und den Erfolg des Filmes auch außerhalb Deutschlands sicherzustellen, wollte Hartwig einen namhaften Hollywood-Regisseur engagieren. Er entschied sich für den ebenso genialen wie exzentrischen Western- und Actionfilm-Spezialisten Sam Peckinpah, obwohl dieser wegen seines schwierigen Charakters und seiner Drogen- und Alkoholsucht im Ruf stand, noch kein Filmprojekt frist- und budgetgerecht zum Abschluss gebracht zu haben. Tatsächlich kam es sehr bald zu ernsten Reibereien, und Hartwig und Peckinpah blieben sich bis zum Tod des Regisseurs 1984 in herzlicher Abneigung verbunden. Sogar auf der Leinwand spiegelte sich dieser Konflikt wider, indem Hartwig darauf bestand, in einer Nebenrolle als hochdekorierter Wehrmachtsgeneral aufzutreten, nur um später mitzuerleben, wie diese Szene (neben unzähligen anderen) aus dem fertigen Filmmaterial herausgeschnitten wurde. Immerhin brachte Peckinpah nicht nur sein geschultes Filmteam mit an den Drehort in Jugoslawien, sondern gewann auch die englischsprachigen Charakterdarsteller James Coburn, James Mason und David Warner für das Projekt, mit denen er zum Teil schon in der Vergangenheit ("Pat Garrett & Billy the Kid", "Straw Dogs") zusammengearbeitet hatte. Hartwig steuerte etliche erfahrene deutschsprachige Schauspieler bei, allen voran Maximilian Schell, aber auch Klaus Löwitsch, Vadim Glowna oder Senta Berger. Daneben wurden insbesondere die kleineren Nebenrollen mit einheimischen jugoslawischen Darstellern besetzt.

Den historischen Hintergrund für "Steiner - Das Eiserne Kreuz" bildet der Rückzug der deutschen Wehrmacht aus dem Kaukasus auf den Kuban-Brückenkopf im Herbst 1943. Im Mittelpunkt des Filmes (wie auch des Romans) steht der Konflikt zwischen dem Feldwebel und Zugführer Rolf Steiner und seinem vorgesetzten Bataillonskommandeur Hauptmann Stransky. Steiner ist eine eisenharte und nihilistische Kämpfernatur, die nur für den Krieg zu existieren scheint. Er schert sich um keinerlei Ideale, sondern will nur das Überleben seiner Männer sicherstellen. Stransky dagegen ist ein arroganter preußischer Aristokrat, der sich aus dem sicheren Frankreich an die Ostfront versetzen ließ, um dort das Eiserne Kreuz zu erwerben. Dabei schreckt er auch nicht vor der Vorspiegelung falscher Tatsachen und der Ausübung von Druck auf seine Untergebenen zurück. Als Steiner sich weigert, Stranskys Ehrgeiz durch eine Falschaussage zu unterstützen, will dieser den lästigen Zeugen ein für allemal aus dem Weg schaffen ...

James Coburn brilliert in der Rolle des "Universal Soldier" Rolf Steiner - eines Mannes, der sogar auf mehrere Wochen Heimaturlaub an der Seite einer attraktiven Krankenschwester (Senta Berger) verzichtet, um wieder mit seinen Männern an die Front zu gehen. Ähnlich überzeugend agiert Maximilian Schell als ebenso feiger wie heimtückischer Hauptmann Stransky. Auch die Nebenrollen sind vorzüglich besetzt. Dies gilt sowohl für die Offiziere - James Mason als väterlich-resignierter Regimentskommandeur,  David Warner als sein zynisch-verlotterter Adjutant, Roger Fritz als kriecherischer und mit seiner Homosexualität erpressbarer Stransky-Gehilfe und Igor Galo als mutig-fürsorglicher Kompaniechef) als auch für die Soldaten aus Steiners Zug, die trotz ihrer tödlichen Effizienz als erfahrene Krieger auch individuelle Wesenszüge entwickeln dürfen: da sind die großmäulige Kampfsau Krüger (Klaus Löwitsch), der menschlich-gutmütige Karl "Schnurrbart" Reisenauer (Fred Stillkrauth), der intellektuelle Zweifler Kern (Vadim Glowna), der fröhliche Überlebenskünstler Maag (Burkhard Driest), der jugendlich-naive Dietz (Michael Nowka), der melancholische Funker Anselm (Dieter Schidor) und der zurückhaltende Hollerbach (Ivica Pajer). Einzig Arthur Brauss als Parteimitglied Zoll wirkt nicht nur in Steiners Zug, sondern auch im Film wie ein Fremdkörper, was aber auf die einseitige Betonung seines angeblichen Nazi-Hintergrundes durch ein hier stark von der Vorlage abweichendes Drehbuch zurückzuführen ist. Daneben gelang es Wolf C. Hartwig, seine Ehefrau Veronique Vendell in einer wenig dankbaren Rolle als russische Soldatin unterzubringen.

Technik und Ausstattung sind weitgehend überzeugend, teilweise konnten für die Waffen und Fahrzeuge jugoslawische Armeebestände herangezogen werden. Die Kampfszenen sind erstklassig choreographiert und bestechen insbesondere durch den häufigen Einsatz der Peckinpah-typischen Zeitlupentechnik. Einige Dialoge mögen etwas platt, andere unrealistisch erscheinen - so ist es zum Beispiel nicht allzu realitätsnah, wenn einfache Landser ohne nennenswerte Schulbildung über moralphilosophische Fragen diskutieren. Daneben aber stehen echte Klassikerzitate wie "Auf die heroischen Arschlöcher!", "Was machen wir, wenn wir diesen Krieg verlieren? - Wir bereiten uns auf den nächsten vor!" oder "Und ich werde Ihnen zeigen, wo die Eisernen Kreuze wachsen". Die Darstellung des deutschen Soldaten gehört zu den besten, die bis dahin - und auch darüber hinaus - geboten wurden, da hier sowohl die hollywoodtypische Verzeichnung als tumbe Nazischurken als auch die apologetische Weißmalerei bundesdeutscher Nachkriegsschinken à la "08/15" oder "Der Arzt von Stalingrad" vermieden wurden. Steiner und seine Soldaten sind schmutzige, desillusionierte Kriegshandwerker, die keinen anderen Sinn in ihrem Kampf sehen als das eigene Überleben zu verlängern. Für hohlen Pathos ist bei Peckinpah kein Platz, und wo er dennoch auftaucht, wie in der Figur des Hauptmanns Stransky, wird er ganz schnell als solcher entlarvt.

Hervorzuheben sind auch der einzigartige Vorspann aus einem Zusammenschnitt historischer Wochenschauaufnahmen vor der musikalischen Untermalung des Kinderliedes "Hänschen klein" und einer Variation des Horst-Wessel-Liedes und der Abspann, der in eine Zusammenstellung von Bildaufnahmen aus damals (1977) aktuellen Konflikten übergeht und mit einem Brecht-Zitat endet. Wenn auch das Drehbuch vom Roman häufig abweicht oder die Szenenabfolge ändert, wird die Grundaussage der Buchvorlage dennoch weitgehend umgesetzt. Ausgerechnet das Ende des Filmes, aus Zeit- und Kostengründen kurzfristig noch umgeschrieben, geriet weitaus eindrucksvoller als in der ursprünglichen Version vorgesehen: statt sich zusammen mit Stransky in die Luft zu sprengen, fordert Steiner den Hauptmann dazu heraus, sich gemeinsam mit ihm einer enormen russischen Übermacht zu stellen und endlich im Kampf zu beweisen, dass er das Eiserne Kreuz verdient hat - eine Herausforderung, die Stransky aus seinem verletzten Ehrgefühl heraus annimmt, nur um postwendend festzustellen, dass er ihr nicht gewachsen ist. Ähnlich wie im Buch bleibt offen, was aus den scheinbar dem sicheren Untergang geweihten Hauptprotagonisten wird - für die Aussage des Films ist das auch nicht von Bedeutung.

Alles in allem ist "Steiner - Das Eiserne Kreuz" ein handwerklich überzeugender und realitätsnaher Kriegsfilm im typischen Peckinpah-Stil mit einer ganzen Riege eindrucksvoller Hauptdarsteller. Wie gut der Film tatsächlich ist, beweist noch heute ein Vergleich mit der überhastet nachgeschobenen und schlampig inszenierten Fortsetzung "Breakthrough" (dt. "Steiner - Das Eiserne Kreuz II"), die der Welt besser erspart geblieben wäre.

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