Die Kunst lebt von Kreativität, und Kreativität ergibt sich meist aus der Fusion zweier Elemente, die bisher nicht zusammen geführt wurden. Wer sich den Konventionen entledigt, mögliche Unkenrufe der Endbetrachter außer Acht lässt und sich vollkommen auf die Umsetzung der persönlichen Ideen und Konzepte konzentriert, darf sich wahrhaftig einen Künstler nennen.
Doch das Endresultat muss bei aller Liebe zur Kunst dennoch nicht immer zu 100% überzeugen.
So sehr ich es auch schätze, wenn Künstler sich frei entfalten, und nur das tun, was sie für künstlerisch wertvoll erachten, so muss ich aber trotzdem sagen, dass mir Takashi Okazakis Mix aus dem Samurai Genre und der Hip Hop Kultur, schon durch eben jenes Aufeinander-treffen dieser beiden mir nicht wirklich vertrauten Gesellschaftsschichten, wenig zusagt.
Jetzt muss man natürlich kein Fan von Samurai Filmen oder Hip Hop Musik sein, denn wenn Story, Charaktere, und Atomsphäre stimmen, sei über die für mich schwer zugängliche Ausgangsidee der Serie hinweg gesehen, doch genau hier offenbart „Afro Samurai“ seine großen Schwächen.
Als ob ein farbiger Samurai mit einer voluminösen Föhnwelle als Haarpracht Innovation genug sei, bedient man sich handlungstechnisch dem allseits unmissverständlichen und zeitlosen Rache-Motiv. Getötet wurde wie so oft der Vater des Helden, zugegen war der Held wie es sich für die Dramatik gehört als Kind, und die Folge ist ein unerbittlich hartes Training im Samurai Camp.
Als gegenwärtige No. 2 unter den Killern dieser Welt besteht Afros Leben aus einem einzigen feindseligen Umfeld, dass ihm den Titel streitig machen möchte, denn nur die No. 2 hat das Recht und die Gabe die No. 1, derzeit Justice, den Mörder von Afros Vater, herauszufordern...
Und damit wäre alles zur Handlung gesagt, denn auf den Weg zur Nr. 1 warten unzählige Schwert fuchtelnde Finsterlinge und Hip-Hop Monks mit Mini-Ghetto-Blaster-Headset, die sich nebenbei von ihren Ischen ablecken lassen, und gleichzeitig mit ihren stylishen Handys SMS verschicken. Und leider nimmt sich die ganze Chose trotz alle dem sehr ernst, und präsentiert uns mit Afro einen Protagonisten, der durchschnittliche 2 Sätze pro Folge spricht, den immer gleichen angepissten Gesichtsausdruck parat hält, und sich dabei durch Heerscharen von Widersachern
metzelt wie Kratos aus God of War. Und so wird hier auf eine schonungslose ja gar übertrieben brutale Gewaltdarstellung gesetzt, die anfangs noch schockieren mag, dann aber in ihrem inflationären Maße an Reiz verliert und ziemlich schnell in der Belanglosigkeit versinkt.
Das ist zwar ein generelles Problem im Splattergenre, doch zwischen den Gewaltorgien bleibt eigentlich nicht mehr viel, das nennenswerte Stärken liefern könnte.
Narrativ beherrschen tatsächlich Flashbacks den Fortgang der gerade mal 5 Episoden, und werden eben ab und zu von Afros gegenwärtigem Voranschreiten auf dem Weg zu Justice' Battle Stage unterbrochen. Durch diesen Erzählstil wird die Möglichkeit eines dynamischen Spannungsaufbaus von vornherein ausgeschlossen, und es bleibt nicht mehr als ein ständig eingeschobenes WirrWarr vergangener Ereignisse. Und dennoch erfährt man erstaunlich wenig über Afro Samurai, denn bis auf einige wertvolle kriegsphilosophische Ratschläge vom Meister persönlich, kurzen Präsentationen von Nebencharakteren und vielen weiteren blutigen Auseinandersetzungen, ist da nichts was den Hauptcharakter der Serie in irgend einer Art und Weise zugänglicher machen würde.
Er ist ein wortkarger Bad-Ass-Motherfucker, der bis auf einer Sex-Szene und ein gelegentlich schmerzhaftes Aufstöhnen, keinerlei Menschlichkeit zeigt, und somit pure Gleichgültigkeit beim Zuschauer hervorruft. Lediglich der bevorstehende Encounter mit Justice übt ein klein wenig Reiz aus, doch auch das hält sich in Grenzen, da dieser Gegenspieler nur in der ersten und letzten Episode auftaucht, und somit von keiner sich entwickelnden Rivalität die Rede sein kann. Entsprechend distanziert von Story und Hauptcharakter plätzschert die Handlung spannungsarm vor sich hin und lässt nur im Finale einen Anflug von Spannung die Serie überkommen.
Ein kleiner Lichtblick dabei ist zumindest Afros begleitender Sidekick, der wie Afro selbst in der englischen Sprachfassung von Samuel L. Jackson gesprochen wird, und eine gewisse Präsenz für sich beanspruchen kann. Er ist das komplette Gegenteil von Afro, da er die Klappe gar nicht erst zu bekommt, und so ziemlich alles kommentiert, das irgendwie Einfluss auf Afros Werdegang nimmt, oder nehmen könnte. Mit Sam Jackson als Sprecher darf hier von einer kleinen Synchroperle gesprochen werden, da der stark Slang behaftete Dialekt und die Kommentare dieses hip hoppenden Kauzes irgendwie Spaß machen, und diese Figur zu einer angenehm unterhaltsamen, wenn auch stark Klischee behafteten Persönlichkeit machen. Leider aber muss hinzugefügt werden, dass dieser Kerl streng genommen höchst überflüssig für die Handlung ist. Ohne dass jemals erklärt wird woher er kommt und wie er Afro kennengelernt hat (in den Flashbacks wäre eigentlich genug Raum dafür gewesen), taucht er irgendwann in der ersten Episode auf, und begleitet Afro mit seinen amüsanten und nicht enden wollenden Laberorgien, doch so nett dieser Charakter auch sein mag, sein Handeln trägt absolut nichts zur Story bei, und auch seine ehrenvolle Selbstopferung wirkt unnötig, da an dieser Stelle sich Afro keineswegs in einer ausweglosen Lage befand. Zudem ist es auch schwer von einer stimmigen Chemie zu reden, da das einzige, das Afro seinem plappernden Begleiter zu entgegnen hat, ein genervtes „Shut up“ ist, was etwa gefühlt ein knappes Drittel der Gesamtheit seiner Sprechzeilen ausmacht.
Was der Serie zu dem ungemein großen Erfolg in den USA verholfen hatte, lässt sich wohl nur mit dem prominenten Synchronsprecher-Ensemble um Samuel L. Jackson, Ron Pearlman und Kelly Hu, sowie der für solch eine Serie vielleicht ungewöhnlichen aber irgendwie doch stimmigen, wenn auch keine dichte Atmosphäre aufkommen lassenden musikalischen Begleitung erklären.
Mich jedenfalls hat der Afro Samurai als tragende Hauptfigur völlig kalt gelassen, 5 Episoden sind definitiv zu wenig für das doch recht üppige Aufkommen an Vorstellungen von Nebencharakteren, und übertrieben brutale Gewaltorgien, wie sie sich hier in jeder Episode ja geradezu neu erfinden möchten, machen in ihrem Übermaß auf Dauer auch absolut keinen Spaß.