Der Herr der Bälle
„Real PingPong is not played for trophy. It is played in the shadows, in the park alleys and in the back rooms for hard cash and cheap ugly women!"
(Master Wong)
Im August bzw. September des letzten Jahres kam mit „Balls of Fury" unter der Regie von Ben Garant (z.B. Co-Autor für „Nachts im Museum") eine vollkommen überdrehte, brachial komische Komödie in die Kinos, bei der es leider noch nicht sicher ist, ob wir sie in deutschen Lichtspielhäusern überhaupt zu sehen bekommen. Derzeit ist in Deutschland leider nur der durchaus hörenswerte Soundtrack erhältlich. „Balls of Fury" ist eigentlich mit nichts zu vergleichen. Den Streifen kann man vielleicht am ehesten noch beschreiben als eine Parodie auf Bruce Lees „Der Mann mit der Todeskralle" (1973) im Tischtennis-Kostüm. Der Titel „Balls of Fury" lässt sich vermutlich am ehesten noch ins Deutsche übersetzen mit „Tischtennisbälle außer Rand und Band" - dies klingt komisch und ist es auch. Leider ist es mir nicht möglich, den Titel näher zu beschreiben, denn wie der Film an sich, so ist auch der Titel im wahrsten Sinne des Wortes unbeschreiblich.
Der Streifen beginnt mit äußerst authentischen Bildern, die original Aufnahmen gleichen, mit dem Halbfinale im Tischtennis der olympischen Spielen in Seoul 1988. Vorher wurde bereits der junge 12-jährige Protagonist Randy Daytona (hier noch dargestellt von Brett Delbuono), ein wahres Wunderkind des Pingpong, quasi der Mozart der weißen Bälle in einer Art Homevideo - Kollage gemischt mit Talk-Show - Auftritten dem Zuschauer vorgestellt: „Randy, the eyes of all America and, indeed, the eyes of the entire world will be on you tonight". Als Betrachter wird man wirklich verleitet zu glauben, dass derartig rasante Tischtennisballwechsel (vor allem mit sich selbst als Gegner) durchaus möglich sind und sich die Ereignisse damals - ist ja schon 20 Jahre her - wirklich so zugetragen haben. Der Druck auf Randy, dem Amerikanischen Held, ist bei den olympischen Spielen gewaltig, und so geschieht das Unvermeidliche. Die Angst Randys wird noch bestärkt durch seinen Vater und Trainer Sergeant Daytona von der US Marine (gespielt von Robert Patrick) der obwohl er versprochen hatte es nicht zu tun, auf seinen Sohn gewettet hat. Kein geringerer als der deutsche Karl Wolfschtagg (gespielt von Thomas Lennon) ist Randys Gegner. Karl Wolfschtagg ist der typische Klischee-Deutsche: strohblond, wild, ungestüm, mit Nazihaften - Zügen; ebenso so wie man sich eigentlich einen Wrestler vorstellen würde, der zu oft auf den Kopf gefallen ist. Leider handelt es sich hier nicht um eine Form von Ringen, sondern um die eigentlich elegant - flinke Sportart Tischtennis, was die Situation wirklich überdreht und komisch wirken lässt. Bereist während des ersten, intensiv geführten Ballwechsels nimmt das Match ein tragisches Ende, als Rany zu weit nach hinten gedrängt wird, über die Bande fällt und bewusstlos liegen bleibt. Man erfährt noch, dass sein Vater von den Leuten, bei denen er die Wette abgeschlossen hat, ermordet wurde. Die Nachrichten titeln nach der Niederlage: „He returns to America - a life with shame!"
Dann macht der Film einen radikalen Schnitt. Man befindet sich 19 Jahre später in einem Spielcasino in Reno, Nevada (USA). Nun gewinnt der Film erst so richtig an Fahrt und Drive. Der mittlerweile erwachsene Randy Daytona wird nun gespielt von Dan Fogler, den man auch schon in „Der Date Profi" (2006) in der Nebenrolle des Zack sehen konnte und der bereits im Jahr 2005 den begehrten Tony Award als bester Nebendarsteller in einem Musical („The 25th Annual Putnam County Spelling Bee") erhalten hat. Als abgehalfteter, abgeschlafter (lange, fettige Haare, unrasiert mit Bauchansatz), aber ohne Mangel an Selbstbewusstsein und Selbstüberschätzung tritt er als eine Art Tichtennis-Artist vor nahezu „grenzenlos begeistertem" Publikum täglich auf. Schließlich wird er gefeuert, nachdem er mit einer unbeabsichtigten Ballattacke jemanden aus dem Publikum zu einem Herzanfall verholfen hat. Wie in dem legendären Bruce Lee - Film "Der Mann mit der Todeskralle" wird
ein Amateuragent rekrutiert, um das FBI in den geheimen Unterschlupf des Bösewichts einzuschleusen. Da kommt es Randy gerade recht, dass Agenten des FBI seine Hilfe benötigen, um den Kriminellen Feng (brillant gespielt von Christopher Walken) zu schnappen. Ungläugig reagiert Randy auf das Angebot des FBI Agenten Ernie Rodriguez (überzeugend dargestellt von George Lopez): „The FBI needs you to take part in a top - secret mission."
Feng ist ein Tischtennisfanatiker, der alle fünf Jahre ein großes Turnier an einem geheimen Ort veranstaltet und leider auch derjenige - wie es der Zufall so will -, der Randys Vater auf dem Gewissen hat. Für dieses Turnier sucht Feng weltweit nach den besten Tischtennisspielern und Randy ist „our ticket in" zu dieser geheimen Gesellschaft. Ungünstig nur, dass dieses besagte Turnier bereits in zwei Wochen statt findet und sich Randy nicht in seiner besten, wettkampftauglichen Verfassung befindet, was er auch gleich bei seinem ersten Testspiel (zum Brüllen komisch) gegen „The Hammer" (Patton Oswalt) unter Beweis stellt. Deshalb nimmt in auch der blinde Trainer Meister Wong (James Hong) unter seine Fittiche. Zusammen mit seiner Nichte Maggie (dargestellt von Maggie Q, Nebenrollen in „Mission Impossible III" und „Die Hard 4.0") sollen sie Randy wieder soweit in Form bringen, dass die Talenscouts von Mr. Feng auf ihn aufmerksam werden.Schließlich besiegt Randy nach einiger Zeit des harten Trainings in einem Spiel den gefürchteten „The Dragon", der, wie sich herausstellt ein kleines Mädchen ist. Dieser Sieg ist allerdings auch zugleich die Eintrittskarte zu Mr Fengs Turnier.
Dieses läuft auch anfangs recht gut für Randy, bis er feststellt, dass der Modus des Turniers „sudden death" wirklich wörtlich gemeint ist: Jeder Verlierer wird mit einem vergifteten Pfeil beschossen und getötet. Randy gewinnt das Vertrauen und die Aufmerksamkeit von Mr Feng immer mehr. So kommt es bis zum Schluss zu allerlei sowohl unerwarteten als auch spannenden und äußerst lustigen Wendungen, wodurch der Film sehr kurzweilig wirkt und keine Längen entstehen. Ohne zu viel zu verraten, stehen sich am Ende natürlich Feng und Daytona selbst Auge um Auge, Zahn um Zahn an Fengs modifierter Tischtennisplatte gegenüber und es kommt zum ultimativen Showdown.
Christopher Walken als herrlich schräger und schriller Großmeister Feng im opulenten asiatischen Kostüm, der sich allerdings auch selbst nicht so ernst nimmt ist das eigentliche Highlight des Films. Der Film lebt von der Situationskomik, ständig unerwarteten Aktionen und der großartigen schauspielerischen Leistung vor allem der beiden Hauptdarsteller Dan Fogler und Christopher Walken. Auch die wanhwitzigen Dialoge, vor allem auch Dan Foglers trockener, anarchischer Humor tragen zum urkomischen Gesamtkunstwerk des Films bei. Leider muss man der englischen Sprache teilweise schon sehr gut mächtig sein, um wirklich alles verstehen zu können. Leider habe ich noch keine Möglichkeit entdeckt, den wirklich über weite Strecken kurzweiligen und humorvollen Film mit deutscher Tonspur zu sehen. So manche Verstehenslücke wird durch die großartige Mimik und streckenweise überdrehte Gestik der beiden mehr als ausgeglichen. Wie es sich für einen typischen Tischtennisfilm gehört, dürfen auch traditionell asiatische Kampfsportelemente (vor allem Dank der überzeugenden Maggie Q) nicht zu kurz kommen. Zu diesem Mix aus klassischer amerikanischer Komik und asiatischen Elementen gesellt sich dann ideal noch der wunderbar nostalgische 80er Jahre Glamour-Rock Soundtrack (zumeist) von Def Leppard wodurch ein unglaublich komisches Film entstanden ist.
FAZIT:
Vom Humor erinnert „Balls of Fury" sehr stark an brachial Komödien a là „Zoolander" (sprich: viel Spaß, wenig Hirn). Vielleicht kann man den Humor des Films auch so beschreiben, indem man sich die britische Komik z.B. eines „Hot Fuzz" ins Amerikanische übertragen vorstellt, also vielleicht etwas weniger hintertrieben, böse und schwarz (wie eben die Briten so sind) sondern eher offen, ja schon fast ein wenig platt, aber dennoch mit einem gewissen Niveau. Die Story ist schon wieder so doof, dass sie schon wieder originell ist, was den Film auf jedenfall sehr sehenswert macht - lässt man sich erst einmal auf diese Art von Film ein. Jeder der die Gelegenheit hat, diesen in Deutschland noch schwer zu findenden Film zu sehen - es gibt ihn auch nur in Englisch - sollte ihn sich nicht entgehen lassen, selten hat man bei einer derart kriminellen Sportkomödie, die sich selbst nicht ganz ernst nimmt so gelacht. Man muss allerdings der Englischen Sprache schon einigermaßen mächtig sein oder hoffen, dass es der wirklich sehenswerte Film noch zu uns nach Deutschland schafft.
(7 / 10Punkten)