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Da Wong Jing seit über 25 Jahren mit auteur-Status fest im Geschäft ist, dort alle Höhen und Tiefen erfolgreich bestanden hat und ihm sicherlich auch Einiges von seinem Vater, dem legendären Filmemacher Wong Tin Lam in die Wiege gelegt wurde, kann man nur annehmen, dass er nicht so dumm war, diesen speziellen Film unbeabsichtigt derartig irrig-entstellt zu promoten. Vieles am Projekt, eingeschlossen seine Besetzung und sein modern art Marketing, deudeten auf eine weitere gambling comedy hin; etwas, dass Wong seit langem blind beherrscht und womit er erstaunlicherweise selbst in den hiesigen Krisenzeiten auch noch sein Publikum findet. Ein weiter Weg bergab von God of Gamblers hin zu Kung Fu Mahjong; durch die Entwicklungen und Veränderungen der Endergebnisse nicht immer begeisternd von den Kritikern aufgenommen, aber dennoch eine einprägsame Schneide quer durch die Hong Kong Filmlandschaft ziehend. Dazu gehört auch die Conman - Reihe, zu der man Wise Guys never Die noch am Ehesten zählen könnte. Nur ohne die humoristische Tonika der späteren Nachzügler The Conmen in Vegas, Conman in Tokyo oder The Conman 2002; sondern als Mischung aus Thriller und Drama wie der Erstling. Etwas, dass man damals nicht von Wong Jing und seinem Schauspieler Nick Cheung erwartet hätte. Und von dem man heutzutage immer noch nicht ausgeht, wenn man ihre Namen in Verbindung mit einem gemeinsamen Projekt betrachtet. Zusätzlich dazu das widersprüchliche Kinoposter: Wong und Cheung sitzen am Spieltisch. Ihr Mitspieler unter dem wunderlich grossbuchstabig-bunten Titelbanner bestehen aus einem jeweils animierten Krokodil, einem Schwein, einem Hund und einem Fuchs.

Im fertigen Film sieht man nichts davon. Ob "leider" oder auch "zum Glück" lässt sich nur je nach Sichtweise bzw. Erfahrungen mit Wongs Filmographie beantworten; auf jeden Fall bezieht die Handlung auch wegen seiner vermeintlich vorauszusehenden Ahnung und Annahme einen Anteil der unsicheren Spannung. Vieles in der intriganten Katz-und-Maus Erzählung stösst erst einmal ab, bzw. deudet auf etwas Anderes hin, als es letztlich in Wahrheit ist. Ein radikales Umverteilungsmodell mit Blick auf die Details, dass beileibe nichts gänzlich Neues, das Vorhandene aber in einer unterschiedlichen und damit ungewohnten Verpackung liefert. Ein schützender Deckmantel im aschfahlen Grau, der die wahre Gesinnung vielleicht nicht komplett verbirgt und auch nicht auf eine gänzlich falsche Fährte lockt, aber die anerlernten Mutmassungen öfters deswegen unterlaufen kann, gerade weil er nicht korrekt aussieht. Man hält richtig Ausschau nach einer wesensfremden Inszenierung, lässt sich dann von dem Gebotenen einlullen und bekommt genau in dem Moment doch noch einen leichten Schlag auf den Hinterkopf.
Dabei ist das Skript selber weniger heimtückisch. Eine fatalistische Eröffnungseinstellung, die das Ende der Fabel andeudet und die prophetischen Ursachen aus der voice over Bilanz erzählt. Erst zum Schluss vervollständigt sich das Bild über Hergang und Motiv. Die Geschichte von Vertrauen und Misstrauen unter Personen, die sich von Berufswegen bedeckt halten und mit Bluffs arbeiten müssen, kommt mit sehr wenigen Figuren und noch seltener auftretenden Schauplatzwechseln aus und lässt statt einem gigantischen Kraftakt technischem Raffinements zumeist eine theaterhaft-eingeschränkte Sensibilität und Beobachtungsgabe erblühen.

Buchhalter Nick Wong [ Nick Cheung ] wird von der Polizei wegen Unterschlagung und Veruntreuung von 10 Millionen HK$ verhaftet. Trotz heftigster Unschuldsbeteuerungen muss er neun Monate im Gefängnis verbringen, wobei er von dem Betrüger Chan Sap Si, genannt 'Teddy' [ Wong Jing ] unter die Fittiche genommen wird. Teddy schliesst mit ihm ein Pakt. Er lehrt ihm diverse Tricks und Kniffe und schützt ihn durch entsprechend gewonnenes Geld und Ansehen auch vor Vergewaltigung und Schlägen. Als Beide aus dem Gefängnis entlassen werden, fassen sie rasch einen neuen Plan: Der lokale Wett- und Spieltycoon Dragon [ Eddie Cheung ] bewahrt in seinem Safe einen staatlichen Haufen Geld auf.
Probleme tauchen auf, als Nick von Teddys wahrer Taktik erfährt und er trotz eigener Freundin Jolie [ Jolie Chan ] zudem eine Affäre mit dessen Frau Lola [ Alice Chan ] anfängt.

Da weiter nichts passiert, als dass sich mehrere Parteien auf die falsche Fährte locken und man im besten Fall vier Personen im Zentrum dieser unlauteren Bauernfängerei hat, kann es durchaus sein, dass trotz der noblen Kürze von 85min zwischenzeitlich Ermüdungserscheinungen aufkommen.
Der vorprogrammierte Konflikt von Gier, Rache und Gerechtigkeit, das wechselnde Machtgefüge, dass nach und nach in Unordnung gerät und der damit offene Ausgang stellen einen relativ zuverlässigen Grundstock an klassischen Motiven und Stilmitteln dar. Der aber zuwenig zweite Trümpfe in der Hinterhand hat und nur mit einer bedingt psychologischen Konturierung der eigenen Identität und bescheiden erfolgreichen Dramaturgie geadelt ist. Man nimmt sich viel Zeit für wenig Ereignisse, die zudem auch keine Schauwerte bereithalten.

Der Einstieg, der Nicks Strapazen innerhalb der Knastmauern zeigt, erinnert mitsamt dem Auftritt von Ben Ng als König der Gefangenen stark an die eher ärmlich gehaltenen Genrevertreter Chinese Midnight Express oder Prison on Fire: Life Sentence und gibt auch dadurch schnell die kommende Strategie vor. Ein düsteres Szenario als üblich. Mit Schäden für Physis, Leben, Seele und Geist seiner Beteiligten, die mit mehr oder weniger Skepsis ihr Schicksal in die Hände Anderer legen, ohne sich des rettenden Tricks vergewissern zu können. Hier spielt man tatsächlich mit dem Einsatz des Todes; doch die meisten Aktionen werden stramm nach dem Dialogbuch gehalten und ergehen sich in leicht interpretationswürdige Gespräche. Manieristischer Umgang mit Konventionen, nebenwirkungsarme Geradlinigkeit, ein paar mysteriöse Blicke und Zweideutigkeiten auf der invasiven Beziehungsebene halten für den Spannungsaufbau her; obwohl durchaus tauglich in Szene gesetzt, lässt sich der Eindruck eines halbwegs soliden Fernsehfilmes in finanzieller Bußrunde nicht vermeiden. Unzweifelhaft waren Mittel und Budget von vornherein begrenzt. Und ebenso fraglos hat Associate Director Bosco Lam, der zuletzt mit so nebensächlichen Werken wie Kung Fu Mahjong 3: The Final Duel, Dream And Desire, A Tragic Room, Psychedelic Cop oder Legend of the Flying Swordsman tätig war, die meiste Zeit in formal-proletarischer Gleichgültigkeit die hauptsächliche Aufsicht beim Dreh geführt. [Interessanterweise zählen andere Quellen fälschlicherweise Billy Chung oder Herman Yau als Regisseure auf; alles Handwerker, die ähnlich unauffällig berichten.]

So darf man sich einigen Spionagetätigkeiten von Nick erfreuen, der früh gemerkt hat, dass er Teddy nicht blind aus der Hand fressen darf und ihn deswegen mit Videoüberwachungstechnik und Abhörwanze observiert. Ausserdem möchten die früheren Cat III - Experten Wong und Lam auch gerne etwas anzügliche Triebfeder-Atmosphäre von passion, voyeurism and seduction erschaffen, setzen diesbezüglich auch einige leichtbekleidete femmes fatales ins dezente Gegenlicht, aber verfehlen gerade aufgrund ihrer männlichen Besetzung und der vorherrschenden Biederkeit, Einfalt und Bonhomie dabei jegliche Wirkung.
Gerade Nick Cheung hat sich zwar mittlerweile mehrmals unter Johnnie To bewährt und vermag auch hier eine zumindest rechtschaffen-stabile Zentralperspektive zu absolvieren, die alle anderen Figuren auf ihn hin orientiert. Er stellt in seiner kleinbürgerlichen Ausweglosigkeit und Verlorenheit auch so gar nicht den gewohnten Genrehelden des durchsetzungsfähigen tough guys dar und vermag sich gerade wegen seines unaufdringlichen Schattendaseins unterstützend in den mitleidenden Vordergrund zu spielen.
In Kombination mit dem ähnlich kleinkariert - krämerhaften Wong aber, der sich auch noch als Sexobjekt einer Fellatioszene präsentiert, hat die Vorstellung arg wenig mit einem schwülen noir zu tun, sondern erinnert beinahe an den bemüht feuchten Tagtraum eines aufgeregten Philisters. Die Kluft zwischen gewollt und gekonnt ist nicht nur dort ebenso kapital wie das Fehlen einer scharfen Rhythmisierung von Sprache und Bewegung, einer effektvollen Polarität oder zumindest vorübergehenden Anspannung.

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