Review

Mit einiger Verspätung kommt „Big Nothing“, die Story zweier Verlierer, die sich von der Erpressung eines pädophilen Priesters das große Geld versprechen, nach Deutschland.

Nach einem beschaulichen Beginn schlägt das Drehbuch einen Haken nach dem anderen, reiht Twist an Twist und bietet so viele Plotwendungen wie nur irgend möglich. Dass in dem schwarzhumorigen Chaos so manch logische Lücke ungeschlossen und auch die Glaubwürdigkeit weitestgehend auf der Strecke bleibt, ergibt sich aus eben dieser Überkonstruktion der Handlung. Dabei sind die unzähligen Überraschungen aber derart charmant und gewitzt in Szene gesetzt, dass es eine reine Freude ist. Bei einer so schnell erzählten, verrückten Geschichte bleiben die Protagonisten zwar denkbar schablonenhaft gezeichnet, das neue Dreamteam David Schwimmer und Simon Pegg („Run Fatboy Run“) macht etwaige Schnitzer in der Dramaturgie mehr als wett. Alice Eve unterstützt die beiden hervorragend, ohne zum üblichen Love Interest zu verkommen. Mit voranschreitender Handlung werden über alle drei Hauptfiguren überraschende persönliche Details enthüllt, deren Vorwegnahme aber zuviel verraten würde, ebenso wie der Plot am besten gänzlich voreingenommen begutachtet wird.

Anders als in seinem durchwachsenen aber sehenswerten Regiedebüt „Dead End“, welches er mit Fabrice Canepa als Co-Regisseur inszenierte, setzt Regisseur Jean-Baptiste Andrea aber nicht auf einen ultimativen Schlusspunkt sondern geht schon nach fünfzehn Minuten aufs Vollgas. Von nun an folgt eine absurde Überraschung nach der anderen, wofür die Ausgangslage nur eine Art Prolog darstellt. Konsequent und bitter fällt dann der melancholisch stimmende Abgang aus, doch zu skurril überzeichnet ist der gesamte Film, als dass eine emotionale Tiefenwirkung stattfinden kann. „Big Nothing“ bleibt in jeder Hinsicht ein kleiner Film. Wie sich schon „Dead End“ nicht gänzlich dem Regelwerk des Genres Horror unterwarf, so unterwandert auch Andreas zweiter Film die Konventionen seiner eigenen Gattung. Denn mit rabenschwarzem Humor gibt sich der Film auch nicht zufrieden, der ernste Unterton mit dezenter Prise Sozialkritik schimmert beinahe allgegenwärtig unter der schrillen, schnellen Oberfläche hindurch. Wie aber die letzte Szene beweist, geht es Andrea in erster Linie um makabre, stets augenzwinkernde Unterhaltung – was ihm zweifelsfrei gelingt.

In ihrer Turbulenz erinnern die einzelnen Stationen bedenklich stark an eine lose aneinander geheftete Sketch-Show, eine Verdichtung der emotionalen Konflikte strebt der Film in keiner Weise an. So fintenreich sich die Handlung also entwickelt, an Komplexität mangelt es nicht nur der Figurenzeichnung. Dagegen überzeugt die ausgewogene, stimmige Songauswahl des tollen Soundtracks. Stilistisch experimentiert Regisseur Andrea mit mäßig integrierten, eigentlich vollkommen redundanten Zeichentrickszenen, die aber nur sparsam zum Einsatz kommen. Insgesamt hält man sich zurück mit optischen Spielereien, für einige schöne Luftaufnahmen hat es dann aber doch noch gereicht. Und die leise Einstellung, in der die beiden Sitzplätze im Call Center gezeigt werden, entbehrt nicht einer gewissen Tragik. Abgesehen davon wird nicht viel auf politische Korrektheit gegeben, der Tod tritt bis zum Ende beinahe schon inflationär auf und bestimmt den skurrilen atmosphärischen Grundton.

Fazit: „Big Nothing“ kann durch irrwitzige Wendungen und gute Schauspieler, sowie teilweise sehr makabren Humor begeistern, ohne aber wirklichen Nährwert zu besitzen. Dennoch nicht nur für Fans von Pegg und Schwimmer ein kleiner, wohl schmeckender Snack, den man sich zwischendurch geben kann ohne Bauchschmerzen befürchten zu müssen.

07 / 10

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