In London passieren merkwürdige Morde, bei denen immer der gepackte Koffer der Opfer neben der Leiche platziert wird. Der Täter, von dem bloss die schwarzen Handschuhe bekannt sind, tötet die Opfer immer mit einem Wurfmesser direkt ins Herz. Scotland Yard vermutet die Opfer in Zusammenhang mit einem Rauschgiftclans, doch der Inspektor Redford wird immer wieder auf die falsche Fährte gebracht.
Was soll man schon grossartig zu so einem Film schreiben, der eine Umsetzung von Bryan Wallace Geschichte "The corpse packs his bags" ist und auch noch von Jess Franco (Eine Jungfrau in den Krallen von Zombies / Oase der Zombies) realisiert wurde. Meine Erwartungen waren natürlich bis aufs Minimum heruntergeschraubt, kannte ich Franco bisher bloss als Regisseur obertrashiger und öder Heuler, die mehr Erotiksleaze waren als vermeintliche Horrorfilme. Umso mehr war ich dann erstaunt, über das, was Franco alias Jess Frank uns hier präsentierte. Ein Franco ohne Sexszenen, ohne nackte Haut und dann noch als "Who done it" Film, als Umsetzung eines Wallaceromans? Kann sowas gutgehen? Kann es, kann es das? Naja, zumindest teilweise, denn die in Ansätzen gut ausgeklügelte Story schert sich wenig um ihre Logik, aber das macht nichts, umso überraschender ist es überhaupt, wie es Franco schafft einen derart bieder abgefilmten Film zu drehen. Aber erstmal vorneweg. Die erste Szene im schundigen Hinterhofhotel mit dem blinden Musikkastenspieler birgt schon von technischer Finesse, auch wenn hier gewisse Vorschreiber das ganze als pottenhässlich abtun. Klar benutzte Franco für seine Kulissen Weichzeichner, aber was erwarten wir denn bei einem solchen Film der Sorte "pissgelber Umschlag und schwarze Handschuhe"? Schundkrimis der 70er müssen so aussehen, zumindest für meinen Geschmack. Zurück zu dem Musikkastenspieler, denn der wird in diesem Teil noch so seine wichtige Rolle spielen. Habe ich jetzt schon zuviel verraten? Jedenfalls räumt Franco mehr als genug Tatsachen in den Film ein, spätestens nach dem dritten Mord hört man auf sich selbst Zusammenhänge zu bilden und nach Motiven zu suchen. Hier der geheimnisvolle Charles Barton, der unter falschen Namen eines früheren Häftlings unterwegs ist, hier die verwitwete Arztassistentin Helen Bennet, die den Koffer mit Rauschgift findet, da der vertrottelte Fotograf Andy Pickwick, nein nicht Picknick, der immer am Mordgeschehen dabei ist. Und dann noch der geheimnisvolle Arzt Bladmore, der ein Doppelleben zu führen scheint. Allesamt Charaktere, die sich gegenseitig mehr oder weniger bis gar nicht kennen, zumindest macht es den Anschein, aber doch irgendwie in Zusammenhang miteinander stehen. So schnell wird das nicht klar. Und so führt und Franco geschickt auf eine seltsame Fährte, Szene für Szene weiss man nicht, wer der Täter sein könnte, vorallem bleiben die Absichten im Dunkeln. Im Dunkeln bleibt aber vorallem ob jetzt das miserable Drehbuch daran Schuld ist, oder die unlogische Zusammensetzung einzelner Storyelemente. Was solls, unterhaltsam ist das ganze schon, vorallem weil etliche Charaktere, allen voran der Fotograf Pickwick mit herrlich dumpfen Humor glänzen können. Man hat oft den Anschein, dass Franco das ganze Krimigenre auf den Arm nehmen möchte, jedenfalls wird dadurch das ganze herrlich aufgelockert. Die Dialoge sind indes wirklich sehr ausgefeilt, von Stumpfheit oder mohnotoner Einfallslosigkeit kann hier nicht die Rede sein, immer gepaart mit charmanten Wortwitz, gesellen sie sich eh schon wunderbar zu dem typisch schundig liebevollen 70er Jahre Flair, der durch die exzellenten Kamerafahrten von Franco noch abgerundet wird. Wie bitte? Spinn ich oder was? Franco und exzellente Kamerafahrten? Ja, denn Franco zeigt dann und wann wirklich wunderbares Talent, ähnlich wie zb. in "Eine Jungfrau in den Krallen von Zombies", der ebenfalls Anfang der 70er gedreht wurde, entsteht oftmals, aufgrund der leeren Drehorte, eine wunderbar surrealistische Atmosphäre, nichtzuletzt sind Francos Kamerafahrt geschickt eingesetzt, die Schnitte sorgen für das ordentliche Tempo. Langeweile kommt hier selten auf, die Darsteller sind entsprechend brauchbar gezeichnet, die Spannung stimmt und ästhetisch ist der Film auch noch anzusehen.
Fazit:
Bevor Franco Ende der 70er und 80er totale Heuler drehte, offenbarte er uns in seinen Filmen Anfang der 70er sein wahres Talent. Ein Film, der von humoristischer und gut inszenierter Finesse zeugt, zwar dann und wann unlogisch erscheint, aber immerzu unterhält. Ein Schundkrimi wie er sein sollte. Atmosphärisch, kalt, aber genauso liebevoll. Zumindest besser, als was er aufgrund seiner Herkunft abgetan wird.
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