Ich glaub, mich laust der Affe!
Im Zuge sinkender Einspielergebnisse schlug die Rialto Film unter Produzent Horst Wendlandt in der letzten Dekade der "Edgar Wallace-Filmreihe" sehr eigenwillige Wege ein, um der einst so erfolgreichen Kinoserie mehr Pfiff und Thrill zu verleihen.
Neben der Zusammenarbeit mit italienischen Filmstudios war es vor allem die Idee, Remakes alter Stoffe nun im farbenfrohen Gewand auf die große Leinwand zu bannen und mit Horst Tappert als neuen Ermittler für frischen Wind beim Yard zu sorgen.
Nach "Der Mönch mit der Peitsche", der ein Remake des zwei Jahre zuvor entstandenen Films "Der unheimliche Mönch" darstellte, folgte mit "Der Gorilla von Soho" der zweite Recycling-Streich, der sich fast 1:1 mit dem Klassiker "Die toten Augen von London" deckte, der - wie auch die "Gorilla"-Verfilmung - vom Wallace-Stammregisseur Alfred Vohrer in Szene gesetzt wurde.
Das Ensemble dieser Produktion setzt sich größtenteils aus frischen, unverbrauchten Gesichtern zusammen:
Eddie Arendt feierte bereits mit der deutsch-britischen Co-Produktion "Das Geheimnis der weißen Nonne" seinen Ausstand, während Klaus Kinski letztmals nach "Die blaue Hand" nur noch in "Das Gesicht im Dunkeln" in Erscheinung trat.
Das langjährige Wallace-Girl Karin Dor wurde gegen eine unbeholfen spielende Uschi Glas ausgewechselt, die nach "Der Mönch mit der Peitsche" hier ihren zweiten größeren Einsatz hatte.
Horst Tappert, der im 25. Jubiläums-Wallace "Der Hund von Blackwood Castle" noch einen zwielichtigen Typen spielte, wurde hier in den gehobenen Dienst als Chefinspector beim Yard befördert. Dem späteren "Derrick" steht zwar hier kein Harry zur Seite, aber mit Uwe "Sesamstraße" Friedrichsen eine Knallschote namens Sergeant Pepper.
Und Glatzkopf Hubert von Meyernick - bekannt aus unzähligen trivialen Lustspielen und Klamotten - sorgt als Sir Arthur, dem Nachfolger von Sir John, für schale Witzchen und zotige Albernheiten.
Bei aller aufgesetzter Coolness kann weder Horst Tappert einen Blacky Fuchsberger ersetzen, noch gelingt es von Meyernink die riesige Lücke zu füllen, die Siegfried Schürenberg als Sir John hinterließ.
Komponist Peter Thomas untermalte das kunterbunte Treiben mit gewohnt abwechslungsreichen, sehr markanten und atmosphärischen Melodien, während Tappert zwischen viel Nebel und nackter Haut im Dunstkreis anrüchiger Hinterwelt-Kaschemmen im Dunkeln tappt.
Drehbuchautor Freddy Gregor krempelte die Story aus "Die toten Augen von London" etwas um, peppte sie mit unfreiwilliger Komik und Nuditäten auf, und Regisseur Vohrer inszenierte daraus ein undurchschaubares Krimi-Verwirrspiel, bei dem am Ende einige Fragen offen bleiben.
Im Zentrum der Ermittlungen steht eine Mordserie an vermögenden Herren aus Übersee, die in London einen fragwürdigen Tod in der Themse finden. Doch der Gorilla, der im Schutze des berühmten Londoner Waschküchennebels auf Opferjagd geht, ist nur der Mittel zum Zweck, damit sich finstere Gestalten im Hintergrund - wie so oft bei Edgar Wallace - ein üppiges Millionenerbe unter den Nagel reißen können.
Subtiler Nervenkitzel, der feine schwarze Humor und die morbide Atmosphäre der früheren Schwarz-Weiß-Grusler aus der Wallace-Schmiede weichen hier einer Mischung aus stumpfsinnigen und geschliffenen Dialogen, hanebüchenen und banalen Handlungssträngen, die dieser Neuverfilmung eine herbe trashige Note verleihen.
Wenn ein bis zur Unkenntlichkeit verbrannter Mann in einem Gorilla-Kostüm mordend durch Soho zieht, Sergeant Pepper im Safari-Jeep zur Gorilla-Jagd bläst, Unterwasseraufnahmen in einem Zoo-Aquarium stattfinden und Horst Tappert seine Dialoge mit einer Theatralik spricht, die an Theater-Inszenierungen erinnert, dann ist "Der Gorilla von Soho" ist mancherlei Hinsicht sehr belustigend.
Zugegeben, die farbigen Wallace-Verfilmungen erreichten nicht mehr den Charme früherer Produktionen und "Der Gorilla von Soho" ist auch nicht "Der Frosch mit der Maske" - doch das reißerische und absurde Affentheater funktioniert trotzdem auf ganzer Linie. Vohrer peitscht die Handlung mit einem Affenzahn voran und sorgt so für anständigen Thrill und kurzweilige Unterhaltung ohne Längen.
7,75/10