Review

kurz angerissen*

Während Alain Robbe-Grillet in „Eden und danach“ noch symbolische Verknüpfungen wie Portale verwendete, um sich von einem Schauplatz zum nächsten zu schleusen, kehrt er in seinem nächsten Film unter veränderten Vorzeichen immer wieder zum Ursprung zurück - einem Mord, der sich in der Fantasie oder in der Realität abgespielt haben mag. Der Regisseur unterzieht diverse Szenen, manchmal aber auch nur einzelne Objekte (so etwa die vermeintliche Mordwaffe), einer wiederholten heuristischen Interpretationsabfrage und lässt sie immer wieder in anderem Licht erscheinen, wobei sich auch jeweils neue Handlungsmotive ergeben. Der dekonstruktivistische Erzählstil ist ähnlich wie bei David Lynch achronologisch angelegt, so dass man eher intuitiv zu einem inhaltlichen Verständnis gelangt; dem bloßen Handlungsablauf zu folgen, würde in die Irre und letztlich in eine Sackgasse führen.

Ungleich Lynch jedoch dringt Robbe-Grillet nie ins Emotionale ein, sondern betreibt eine objektivistische Dialektik, so dass man als Zuschauer stets eine gewisse Distanz bewahrt. Die spielfilmfüllende Nacktheit von Hauptdarstellerin Anicée Alvina nimmt man daher nur bedingt als erotisch wahr, vielmehr hat sie gerade im Kontrast zu den oft kalkweißen Hintergründen die visuelle Wirkung eines lebendigen Kunstwerks. Der Titel kann daher irreführend wirken, obwohl er thematisch nicht ganz unangebracht ist, da sämtliche Charaktere, egal welchen Geschlechts oder welchen Bezugs, in einen sexuellen Kontext mit der Hauptfigur gesetzt werden, die Robbe-Grillet als Verkörperung der Freiheit bezeichnet hat. Diesen auf den ersten Blick weltfremden Sachverhalt als Altherrenfantasie abzuwinken, würde allerdings den Umstand ignorieren, dass jegliche Sachinhalte einem symbolischen Zweck dienen. Dies betrifft auch sämtliche Gegenstände, die der Regisseur gerne wie abstrahierte Kunstwerke vor kahlen Flächen abfotografieren lässt.

Ein faszinierender Film für ein spezielles Publikum, der alle Vorzüge des Mediums Film in grellen Kontrasten herausstellt und das Medium so an seine Grenzen führt.

*weitere Informationen: siehe Profil

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