Zum Zeitpunkt, als "Der Zinker" als 13. Edgar Wallace Film der Rialto-Filmgesellschaft erschien, war längst eine eigene Marke entstanden. Unterstützt wurde diese filmische Serie noch dadurch, daß immer wieder die selben Schauspieler eingesetzt wurden und auch Alfred Vohrer, der sich für "Der Zinker" als Regisseur verantwortlich zeigte, war schon zum wiederholten Mal dabei.
Selbst wenn man bedenkt, daß Edgar Wallace Original-Kriminalromane auch über gewisse gleichbleibende Gesetzmäßigkeiten verfügten, so ging die Wallace-Filmreihe in ihrem Wiedererkennungswert noch weit darüber hinaus. Beginnend mit den Worten "Hier spricht Edgar Wallace", weiterführend zu den immer von Nebelschwaden umhüllten Londoner Locations (die in Wahrheit fast immer in Deutschland lagen) bis zur Besetzung ähnlicher Charaktere durch die selben Schauspieler, konnte der Zuseher sich ähnlich wie bei Fernsehserien auf die Erfüllung seiner Erwartungshaltung verlassen. Nicht erstaunlich, daß die Plots und auch die Auflösungen teilweise in den Drehbüchern im Vergleich zum Original verändert wurden, denn allein die Besetzung war ja schon ein Garant dafür, in welche Richtung sich die Auflösung entwickelte und dieser Vorgabe mußte das Drehbuch entsprechen.
Die ersten Szenen gehören in "Der Zinker" gleich Klaus Kinski, der als Tierpfleger Krischna im gesamten Film kein Wort sagt, aber an dessen krimineller Haltung von vornherein kein Zweifel ist. Deshalb bemühen sich die Macher auch gar nicht erst, einen anderen Eindruck zu erwecken und wir sehen, wir er mit der Pistole zwei Lampen ausschießt, einen Wärter niederschlägt und eine Schlange stiehlt. Interessant wäre es ,einmal darüber nachzusinnen, wie ein Zuschauer diese Art Filme empfindet, der keine Ahnung von der Filmreihe hat und der deshalb den Darstellern vorurteilsfrei gegenübersteht.
An einen solchen Zuschauer haben die Macher zumindest im "Zinker" nicht gedacht, denn immer bleibt die Kamera noch einen Moment auf den Gesichtern stehen, zeigt ihren umflorten Blick und ihre zuckenden Mundwinkel, die sagen wollen, das hier irgendetwas nicht stimmt. Das funktioniert vor allem durch die vertrauten Gesichter, die der eingeweihte Zuschauer so gut zu kennen scheint, daß er glaubt ihre Beweggründe zu kennen. Das er sich dabei auch mal irrt, weil die Macher manchmal gegen die Richtung inszenieren, gehört zum Spiel dazu. An diesen gesamten Details kann man erkennen, daß die Beurteilung eines Films wie "Der Zinker" nicht mit objektiven Kriterien zu fassen ist, denn hier wurde eine Fangemeinde herangezogen, die diese Art liebt und sich auch durch handwerkliche oder logische Fehler nicht verderben läßt.
Dazu verfügt gerade "Der Zinker" über die Qualitäten, die zu recht die Reihe so populär machte - über einen Humor, der das gesamte Geschehen nicht zu ernst nimmt. Merkwürdigerweise wurde Heinz Drache in einer zeitgenössischen Kritik ein etwas lustloses Spiel attestiert, dabei ist er hier geradezu von schnoddrigster Lässigkeit und Eddi Arendt glänzt als Reporter zwischen Trotteligkeit und spontanem Witz. Das er dabei auch noch immer mit sogenannter englischer Attitüde spielt, macht die Persiflage erst recht stimmig, wie es überhaupt witzig ist, die deutschen Schauspieler als Engländer zu erleben. Besonders Siegfried Schürenberg ist wie immer köstlich als leicht versnobter und eingebildeter Sir.
Die Story entwickelt sich in "Der Zinker" wie immer genretypisch chaotisch und von regelmäßigen Morden durchzogen. Doch wer da ermordet wird, spielt im Grunde keine Rolle, denn bei den Sympathieträgern handelt es sich fast immer um den ermittelnden Polizeibeamten und den dazugehörigen humorvollen Antipoden, denen sowieso nichts passiert. "Der Zinker" verzichtet auch auf die sonstige weibliche "Opferrolle" und hat mit Barbara Rütting als Krimiautorin und Agnes Windeck als leicht schrullige alte Dame zwei selbstbewußte Frauenrollen, was diesen Film über den Duchschnitt erhebt.
Natürlich gibt es auch hier wieder Gepflogenheiten, für die sich Hitchcock im Grab umgedreht hätte. So der klassische Fehler, daß man eine vom Täter ablenkende Handlung nur für den Zuschauer filmt. Obwohl der Mordanschlag sich später als getürkt herausstellt, wird uns das vermeintliche Opfer, daß die Sache selbst inszeniert hat, in Todesangst gezeigt. Und das ,obwohl nur wir diesem Pseudo-Anschlag beiwohnen. Aber damit kann man angesichts der insgesamt sehr unterhaltenden 85 Minuten gut leben.
Fazit : Edgar-Wallace-Filme muß man mögen. Wenn man hier nach logischen Fehlern sucht und sich über bestimmte Handlungsstränge wundert, dann sollte man die Finger davon lassen.
Edgar-Wallace-Filme sind wie vertraute Familienabende, in denen man immer wieder die selben bekannten Gesichter sieht und schon im voraus weiß, wer der Gute und Böse ist. Und da die Macher mit dieser Erwartungshaltung spielen, kommen oft schön konstruierte ,unwahrscheinliche Lösungen heraus, an denen wir alle besonders viel Freude haben.
Wenn dann wie in "Der Zinker" die Story mit einer gewissen Lässigkeit erzählt wird und einem ironischen Humor viel Raum gelassen wird, wird das Ganze zu einer zwar leichten, aber vergnüglichen Unterhaltung (7/10).