„Freischwimmer auf höchster Ebene!"
Eines sei bereits vorweg gesagt: Bei „Hot Fuzz" handelt es sich um einen Film bei dem man vorzüglich unterhalten wird. Der Streifen strotzt vor skurrilen Ideen, flotten Sprüchen und einem wahren Gag Feuerwerk, welches in weiten Teilen der 121-minütigen Vorstellung in rasantem Tempo dargeboten wird. Ich habe bewusst auf den deutschen Untertitel „Zwei abgewichste Profis" verzichtet, da man diesen hätte nicht unpassender wählen können. Meines Erachtens schreckt der Titel eher potentielle Kinogänger ab, als dass er sie in die Vorstellung lockt. Der Titel suggeriert eine platte, prollige, billige Komödie a là „Flodder - Eine Familie zum Knutschen" oder „Zwei Nasen tanken Super". Genauso hätte man als Untertitel etwa „Zwei durchgeknallte Volldeppen gehen auf Achse" wählen können. Auch dieser Titel wäre dem wahren Kern des Films in keinster Weise gerecht geworden. Aber wie so oft wollten die Macher mit dem deutschen Untertitel vermutlich noch ein besonders komisches, aber unnötiges „i-Tüpfelchen" draufsatteln. Genau das Gegenteil ist der Fall. „Hot Fuzz" ist eine exzellente, vielschichtige „Komödie", bei der man eben nicht sein Hirn beim Kauf einer Kinokarte an der Kasse abgeben muss, um nicht dann in der Vorstellung neben einer absoluten „Bauch- und Hirnfrei" - Klientel unangenehm auf zu fallen, sondern ein vom Plot, der Besetzung, den Dialogen und der Umsetzung her absolut gelungener Film. Die Vielschichtigkeit und Tiefgründigkeit der verschiedenen Ebenen erschließt sich dem Betrachter vermutlich kaum in voller Gänze bei erstmaligem Sehen. Umso mehr stellt sich nun die Frage, warum ich den Film „nur" mit acht Punkten bewerte, wenn es sich angeblich doch um ein brillantes Meisterwerk britischer Filmkunst handelt.
Die Handlung des Films möchte ich nur in wenigen Worten wiedergeben, da man diese an zahlreichen anderen Stellen ausführlicher nachlesen kann. Der absolut überqualifizierte, hundertprozentig exakte und perfektionistische Superpolizist Nicholas Angel, exzellent dargestellt durch den britischen stand-up Comedian Simon Pegg, wird von seinen Vorgesetzen (glänzend: unter anderem Bill Nighy als Metropolitan Chief Inspector Kenneth), die neben ihm auf Grund dessen überragender Verhaftungsquote regelrecht Blass erscheinen vom lebhaften, pulsierenden London ins beschauliche Bauernkaff Stanford weg gelobt. Auf den ersten Blick scheint das Dörfchen absolut frei von jeglicher Kriminalität. Nick Angels Aufgaben beschränken sich anfangs auf Aufträge des Kalibers, entlaufene Gartenzwerge fest zu nageln (um im Fachjargon zu sprechen), betuliche kirchliche Wohltätigkeitsveranstaltungen mit eiserner Faust zu bewachen, oder diverse Autokollisionen (das Wort „Unfall" entspricht nicht der polizeilich korrekten Ausdrucksweise) aufzunehmen. Doch der Schein trügt. Das einzige Ziel der Dorfbewohner ist es, ihr Kleinod erneut zum schönsten Dorf des Landes zu machen, welches mit einer ehrenhaften Auszeichnung durch eine fachliche Jury bestätigt werden soll. Wie sich im Laufe des Filmes herausstellt verfolgen die Bewohner dieses Ziel mit allen Mitteln. Nick Angel, der schon ziemlich rasch hinter die augenscheinlich glänzende Fassade des Dorfes blickt, wird die Situation immer brenzliger und undurchsichtiger, denn die militanten Dorfbewohner gehen durchaus über Leichen um ihr Ziel zu verfolgen...
Dies bringt mich schon zu meinem ersten Kritikpunkt. Die Art und Weise, wie die diversen Morde von statten gehen entspricht kaum der im Action-Genre üblichen Vorgehensweise. Ich bin ohne große Vorkenntnisse in diesen Film gegangen, was vermutlich ein Fehler war. Das einzige was ich wusste, war, dass es sich um ein Parodie auf zahlreiche bekannte und überaus erfolgreiche Actionfilme handelt. Die Fernsehzeitschriften- und Radiokritiken, die ich im Vorfeld gelesen bzw. gehört hatte, waren durchweg äußerst positiv. Ich ging also mit der Annahme und Vorstellung in „Hot Fuzz", eine unterhaltsame, britische Parodie das Action-Genre zu sehen. Wie sich herausstellte, traf meine Annahme nicht vollständig zu. Denn gerade diese Mordszenen gehen über die in Actionfilmen üblichen Methoden des Tötens etwa durch Erschießen oder durch eine „krawallige" Explosion hinaus. Dadurch gleitet der Film in diesen Szenen immer wieder kurzzeitig ins Splatter- bzw. Horrorgenre ab. Auch ohne diese Szenen hätte der Film bereits durch seine außergewöhnlich skurrile, aber durchweg in sich schlüssige Handlung, seine superben Schauspieler (dazu später mehr) und seine völlig überzogenen (zumindest am Ende), aber durchaus angemessenen Actionszenen, seinen Anspruch, eine äußerst unterhaltsame Actionparodie zu sein, zur genüge unter Beweis gestellt. Die Macher der Zombie-Parodie „Shaun of the Dead" hätten es gar nicht nötig gehabt, völlig überzogene, blutrünstige Meucheleien einzubauen. Wenn man kein großer Freund des Splatters ist, findet man diese Szenen eher als (ver)störend und vollkommen überflüssig. Dadurch verliert der Film etwas an Glaubwürdigkeit und Echtheit. Er erhält dadurch einen etwas trashigen Charakter, den es nicht gebraucht hätte, wenn die Macher es bei genreüblichen Tötungsdelikten belassen hätten, zumal das Horrorgenre eben bereits bei „Shaun of the Dead" exzessiv parodiert wurde.Äußerst erfreulich ist dagegen, dass man die Riege der Schauspieler man nicht hätte besser zusammenstellen können. Es ist nicht allein das kongeniale Zusammenspiel zwischen dem Komiker-Duo Nick Frost, als etwas trotteliger aber herzensguter Partner von Simon Pegg alias Nicholas Angel, welches zusammen mit dem Regisseur Edgar Wright („Shaun of the Dead") als „Dream-Team" wunderbar harmoniert, sondern die Tatsache, dass wie oftmals bei britischen Komödien üblich, die Darsteller, angefangen von den Hautrollen bis zu den kleinsten Nebenrollen perfekt ausgewählt und zusammengestellt wurden. Jeder Darsteller für sich ist ein absolutes Original, welches sein Fach meisterhaft beherrscht. Anders als bei manchen amerikanischen Komödien hat man den Eindruck, dass die Macher das Geld nicht nur in zwei, drei namhafte Hauptdarsteller investierten und die Nebenrollen irgendwelchen untalentierten, billigen Schauspiel-Azubis überlassen haben, sondern das selbst für die winzigste Nebenrolle der betreffende Darsteller mit Liebe und Bedacht ausgewählt wurde. Genau diese Liebe zum Detail merkt man dem Film auch an. In einer solchen Nebenrolle findet man zum Beispiel dann Schauspieler wie Bill Nighy, gerade zu sehen auch in „Fluch der Karibik" als Davy Jones oder den ehemaligen James Bond - Hauptdarsteller Timothy Dalton als hinterlistigen Supermarktbesitzer. Jeder Rolle ist auf ihre Weise mehr oder weniger schrullig, etwas verschroben und schräg aber auch auf ihre Weise äußerst liebenswürdig. So auch die neue Kollegin von Nicholas Angel, eine Polizisten die sich mit ihren anzüglichen, frivolen doppelbödigen Kommentaren („Ich habe auch schon Frauen flach gelegt") zum Running - Gag des Films entwickelt.
Blitzlichtartige Kameraschnitte wechseln sich mit bombastischen Actionszenen ab. Der beabsichtigt vollkommen überdrehte Schluss des Films, ein derartig mit Action und Explosionen beladenes Feuerwerk gepaart mit spitzfindigen, oftmals doppeldeutigen Anspielungen, dass einem beinahe schwindlig werden könnte, täuscht jedoch leider nicht über gewisse Längen in der Mitte des Films hinweg. Alles geschieht jedoch vor dem Hintergrund, bekannte Klassiker des Actiongenres wie zum Beispiel „Gefährliche Brandung" oder „Bad Boys II" nicht nur subtil, sondern ganz offensichtlich durch den Kakao zu ziehen. Diese beiden Filme sind nur der für den größten Filmlaien ersichtliche Gipfel der Parodien. „Hot Fuzz" ist eine derartig brillante Parodie des Actiongenres, leider zum Teil auch des Horrorgenres, dass es schier unmöglich ist alle Anspielungen und Zitate beim einmaligen Betrachten in voller Gänze zu erfassen. Es ist wirklich erstaunlich, wie es den Machern des Films gelingt eine derartige Fülle von wahnwitzigen Dialogen, Anspielungen und imitierten Szenen in eine logische, sich bis in ein Bahn brechendes Finale steigernde Handlung schlüssig einzubetten.
Wie gesagt, „Hot Fuzz" ist ein absolut sehenswerter Film. Man wird selten eine derartig von Einfällen und Ideen strotzende Filmparodie finden, welcher es derartig wunderbar gelingt, sich so spielend leicht über eine platte, niveaulose Blödelei a là „Police Academy" oder „Hot Shots" hinweg zu setzen. In dieser Hinsicht spielt „Hot Fuzz" in seiner eigenen Liga der Filmparodien, denn im Gegensatz zur besagten „Mutter aller Filme" („Hot Shots") wird er dem Anspruch ein auf verschiedenen Ebenen intelligentes und zum Großteil äußerst lustiges und kurzweiliges Meisterwerk britischer Filmkunst zu sein, in jeder Hinsicht gerecht. Leider gelingt es dem Film jedoch nicht sich von einem bestimmten Genre frei zu schwimmen. Der Hauptgrund dafür sind die meines Erachtens vollkommen unnötigen Splatter - Einlagen. Ich weiß bis heute nicht, ob es sich bei dem Film um eine Actionkomödie mit besagten Splatter - Einlagen handelt, oder um eine Action - Parodie. Was hätten dann allerdings diese Splatter - Szenen darin zu suchen. Es kann auch sein, dass „Hot Fuzz" eine Filmparodie ist, dessen Schwerpunkt auf Action liegt mit einem Hauch von Horror oder einfach ein lustiger Polizeifilm. In welches Genre oder zu welcher Kategorie man den Film zuordnet, bleibt letztendlich dem Auge bzw. dem Geschmack des Betrachters überlassen. Und das ist ja dann wiederum auch das Schöne am Kino, dass jeder auf seine eigene Art und Weise glücklich werden kann. Hätten die Macher diese Splatter-Szenen weggelassen und durch dem Konzept des Films angemessene Action-Szenen ersetzt und hätte man auf diesen furchtbaren Untertitel verzichtet, der vermutlich eine Klientel anzieht, die dem Anspruch und dem Niveau des Film in keinster Weise gerecht wird, wäre eine weitaus bessere Bewertung locker möglich gewesen.
(8,5/10 Punkten)