Review

Die Vollständigkeit verlangt mir noch ein paar Worte zu einem überflüssigen Kropf ab:

Michael Bays Name erscheint im Vorspann und das große Zittern um die Banalisierung eines modernen Klassikers des Thrillerkinos kann beginnen.
Dieser Reflex kommt nicht von ungefähr, bestätigen die folgenden 80 Minuten doch schon wieder jedes Klischee von einem Hochglanzremake für die derzeitige Jugendgeneration. Man streiche einfach alles heraus, was das Original so bedeutungsvoll gemacht hatte und verforme die Substanz zu einem oberflächlichen Mischmasch, der in einem unentschlossenen Mix aus Thriller und Action aufgeht.

Wo bist du, gnadenloses Spiel mit der Weite der Wüsten? Wo ist die einengende Agoraphobie? Wo sind Geduld und Spannung hin? Was ist mit dem Surrealismus geschehen und wieso ist nirgends auch nur ein Funken von Sozialstudie zu verzeichnen? Da wird der Versuch unternommen, jede wichtige Schlüsselszene wieder einzubauen, damit auch ja gesichert ist, dass man wieder einen Hit ins Kino bringt. Aber nicht nur sind die kopierten Elemente nicht halb so intensiv wie im ersten Film - nein, viel schlimmer: Wo man es wagte, Änderungen einzubauen, ging das Unternehmen voll in die Hose. Das Splitten des einstmals alleine tourenden Anhalters auf zwei Figuren macht überhaupt keinen Sinn - man zieht höchstens das Zusammenfinden zweier Opfer ein wenig vor, büßt dafür aber in der einstmals so intensiven "Ich möchte tot sein"-Szene jeden Funken Spannung ein. Und später wird ein neuer dynamischer Faktor, der im Handlungsgefüge für frischen Antrieb sorgte - das Auftauchen der Kellnerin - einfach egalisiert, immerhin hat man ja jetzt schon von Beginn an zwei Protagonisten.

Aber wie soll sich Spannung auch einstellen, wenn Dave Meyers keine Zeit zu verlieren hat? Wenn der Mann am Set “Action!” ruft, dann meint er auch nichts anderes. Das Ding rast mit seinen knappen 80 Minuten nur so davon und ist durchsetzt mit banalen Schockeffekten. Das beginnt bei einer jeglichen Sinns entbehrenden Eröffnungsszene, in der ein wildes Kaninchen auf die Autobahn hüpft und dort überfahren wird, wohl mit der zweifelhaften Intention im Hinterkopf, damit zu verdeutlichen, wie gefährlich der Highway doch ist - womit man sich aber die Texttafel im Vorspann mit Statistiken hätte ersparen können, wie viele Menschen jährlich auf Amerikas Highways sterben. Es setzt sich fort durch uralte Kameratricks - etwas stößt plötzlich durch die Scheibe, ein Arm schnellt aus dem Off hervor, blabla. Und es endet mit einer ganzen Reihe von Splattereffekten, die das Geschehen eher trivialisieren, anstatt es zu intensivieren.

Und die Hochglanz-Autocrashs erst - wie in einer Stunt-Show, als wolle die Action mit dem Suspense auf Konfrontationskurs gehen. Polizeikarossen überschlagen sich dutzendfach unter Nine Inch Nails’ dreckigem Industrialkracher “Closer” und die “Bad Boys II”-Verfolgungsjagd erlebt mal wieder Auferstehung. Was in einem anderen Kontext auch richtig Laune gemacht hätte. Aber hier? Zählt Atmosphäre heute nichts mehr?

Sean Bean ist trotz der massiven Inflation seiner eigenen Person in der jüngsten Filmgeschichte mysteriöser als erwartet, einem Rutger Hauer jedoch ist er nimmer gewachsen. Insbesondere lässt er die Unberechenbarkeit vermissen, er ist vielmehr darauf bedacht, dem schauspielerischen Ideal eines wahnsinnigen Killers zu entsprechen und weiterhin die schon vorgekaute Rolle neu zu interpretieren. Man kann da als Darsteller wohl nicht viel ausrichten, muss sich aber darüber im Klaren sein, dass man sich aus dem undankbaren Würgegriff einer solchen Rolle nicht befreien kann, egal wie man es anstellen will. Über die beiden Jungdarsteller muss man freilich nicht reden, im Vergleich mit C. Thomas Howell und später Jennifer Jason Leigh sind sie bei aller Herausforderung ihres Gegenspielers nichts weiter als Opferfleisch.

Deswegen bleibt nicht viel übrig, was noch zur Ehrenrettung zu sagen wäre. Als Nichtkenner der Erstauflage mag man unter Umständen akzeptabel unterhalten werden, doch der Gedanke, dass dem jungen Publikum jene Erstauflage durchaus immer noch ziemlich zusagen könnte, macht das Remake zu einem schon jetzt verrottenden Anhängsel. Schnell angucken, bevor es gänzlich vergammelt ist. Eile ist geboten...

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