Hong Kong Godfather zeichnet trotz seiner Position als eigenständige Arbeit bereits eindrücklich auf, warum diese Produktion und noch nachfolgenden Fury [ 1988 ] und Bloody Brotherhood [ 1989 ] grundsätzlich weniger Enthusismus verbreitet haben und weitgehend namen- und ruhmloser sind als die sonstigen Werke von Regisseur Johnny Wang Lung-wei. Der Unterschied in der Bearbeitung von Triadendramen vollständiger Dichtung einerseits und grundsätzlich simpler Action andererseits stellt Wang trotz diverser Brücken in der Thematik vor unlösbare Probleme; vor allem die Doppelaufgabe des Erlebens und Darstellens der Figuren und ihrer Zusammenhänge gelingen ihm in der jeweiligen Gangster-/Unterwelt nur schwerfällig mühsam, mit sichtlich gedämpften Impuls.
Wang arbeitet gemeinhin mit einer stetig gesteigerten Erregung, einer spürbar schlichten Direktheit, einer kahlen, ungeschlachtenen Diktion in eher konventioneller Haltung, die der aufs Entscheidenste reduzierten Geschichte normalerweise die ungeminderte Kraft von Dynamik und Zielgerichtetheit verleihen. Geht es aber an die poetische Darstellung einer Handlung, an Anschauungskraft, Suggestivität und damit auch an ein Gesamtbild von Antrieben, Hergängen, Zwischenspielen und Rückwirkungen patzt er ziemlich, ist weder lyrisch einfühlsam genug, um die Innenwelt der Figuren aufzuzeigen noch kann er episch umfangreich die entsprechende Außenwelt deklarieren. Er ist besser im Verabscheuen als im Begehren, kann blendend Negieren. Was sonst die Vorteile darstellen, wirkt sich nun hinderlich bis abträglich aus; statt einer Verewigung in Gravur und Politur erschafft er mit seiner Formelhaftigkeit, der aufopferungsvollen, aber auch selbstverleugnenden Zurückhaltung, der mangelnden Gedankenschärfe und der konsequent entbehrungsreichen Dramaturgie voller Verschleppung und Vertagung hier oftmals nur unschöne Schleifspuren im Material. Das Stigma eines zu langen Nachdenkens:
Szetu Han [ Sek Kin ], alterndes Oberhaupt der Te Yi Society, möchte sich innerhalb der nächsten zwei Jahre zur Ruhe setzen und seiner Familie, besonders dem Enkel ein friedliches Leben bieten. Als Protégé hat er Playboy Lung [ Norman Chu ] auserkoren, einen etwas genußsüchtigen, aber im Notfall tatkräftig zupackenden Mann, der seine Lehrjahre als bezahlter Killer verdingt hat. Als mit Lam Chia-hsi [ Kong Lung ] ein Nebenbuhler im Nachtclub- und Glücksspielgeschäft auftaucht, mit unlauteren Mitteln arbeitet und den zwielichtigen Rotten Chi [ Shum Wai ] auf seine Seite ziehen kann, werden auch die Aussteiger Mad Wei [ Leung Kar-yan ] und der mittlerweile als Polizist tätige Sergeant Wen [ Richard Cheung ] unweigerlich in das Schlachtfeld hineingesogen.
Auffällig dabei ist eigentlich nur, dass trotz massig Verklärung der Situation diese niemals auch nur im Ansatz den Anschein einer auch nur irgendwie gearteten Opulenz erreichen kann, niemals den hochgestochenen Popanz, den Reichtum, Überfluß, Üppigkeit sonstiger Settings vortäuschen möchte oder doch eher nicht in der Lage dazu ist. Die übliche Walstatt, in der fein geschniegelte Anzugträger in den täglichen, durch das ewige Drumherumgerede fast schon philosophischen Dialog über Geschäfte, Strategien und andere Angelegenheiten verfallen, hat hier beizeiten einem noch ruhenden, aber unter der wahrlich frugalen Oberfläche schon brodelndem Kriegsgebiet Platz gemacht. Zwar findet auch hier reichlich lehrende oder auch schildernde Beredsamkeit mit jeweilig die Meinung abrundender Schlußgebärde statt, kann diese Konferenz aber niemals das Brandmal der nichtigen Trivialität ablegen.
Der zu bearbeitende Stoff und die Werkzeuge dafür waren selbst in den Achtzigern, noch vor A Better Tomorrow und seiner Entladung an Nachzüglern, schon derartig industriell, dass ab der Einführung in die hiesig spezielle Situation schon die Momente der letzten Spannung abzusehen sind und die Handlung nur die Funktion einer den Sinn erläuternden Unterschrift haben kann. Die Erzählung vom Machtkampf in der Schwarzen Gesellschaft, von erbittert konkurrierenden Gangs samt den Verrätern und Spionen in den eigenen Reihen und den obligaten Überläufern gehört mit zu den etwa fünf Meisten und damit auch fast schon erschöpfend ausgelasteten Entwicklungslinien im Genre. [Beliebt sind noch der Aufstieg zu einer Gangstergrösse samt anschliessendem Fall, sowie der Rückzug ins Privatleben, meist nach einem lehrreichen Gefängnisaufenthalt und der folgende Drangsal durch die einstigen Kollegen als die mittlerweile auch leidige Undercoverfabel.]
Die Emblematik in der Beschreibung, in der die Bedeutung der Bilder und Wechselreden schon von vornherein festgelegt und durch Tradition verbürgt sind, werden diesbezüglich auch einschlägig beherrscht; man formuliert den Schicksalsinhalt im Einfluss der Vorbilder des wuxia pian, der martial chivalry, und verlagert die gültigen Hoheitszeichen samt Symbolgehalt nur in die moderne Gegenwart. Dabei findet gleichzeitig eine Vervollständigung der bisher bekannten Regeln und Grundsätze als auch eine Entmythisierung statt und sind somit schnell zwei gegenläufige, einander widerstreitende Grundtendenzen spürbar. Mehr noch als in den Nachfolgern hat das unappetitlich katastrophensüchtige Geschehen hier trotz all dem Getue und Gesage mit Ehre, Anstand, Erhabenheit und anderen ideellen Fundamenten mythischer Verbrämung überhaupt nichts mehr zu tun. Selbst die Guten in der Erzählung sind bestenfalls naive archaische Stereotypen, die in den unzivilisierten Schranken des Daseins festhängen und partout nicht einsehen wollen, dass sich die Zeiten gehörig geändert haben und damit auch das Bisherige, so wie sie es kennen und vollziehen nicht mehr gültigen Bestand hat. Die fehlende Anpassung an die längst eingetretene Richtungsänderung und das sture Verweigern auch der drohenden Zukunft – dass das Autokennzeichen von Playboy Lung "1997" lautet ist dahingehend aussagekräftig genug – geht sarkastischerweise einher mit Herstellung des Filmes.
Hong Kong Godfather ist einer der letzten Produktionen der Shaw Brothers, die in dem Jahr die Tore der ehrwürdigen Studios aufgrund ungenügender Assimilation und folgerichtig finanzieller Einbussen für die nächsten drei Jahre komplett schliessen mussten und sie auch danach nur noch für einen kleinen Spalt wieder eröffneten. Wang, der genau in dieser Krise seine Regiekarriere begann, dreht damit praktisch auf vebrannter Erde, auf unfruchtbarem Boden, was sich merklich in der niederen Ausstattung, der primitiven, bisweilen gar behelfsmäßig erscheinenden Optik und den gesamt schmucklosen Umständen auch bis in die Besetzung niederschlägt. Vor allem die Herren, abgesehen mal von Sek Kin, der aber auch der alten Schule entstammt, beweisen allesamt nur laienhaft vulgäres Schauspiel fern jeder Historienmalerei; vermeintlich böse Blicke, grosse Posen, aufgerollte Jackets und Bauch rein Brust raus ersetzen jegliches lebhafte und erlebbare Gefühl und andere Äusserungen der Sinnesart.
Merkwürdig unangepasst ist auch das sture Beharren, auf Schusswaffen nahezu gänzlich zu verzichten und fast die gesamte Phase nur mit Macheten und anderen Schneide- oder auch Hieb- & Stichwaffen zu agieren. Selbst der Sergeant oder auch die Hundertschaft der Wachgarde des Bösewichts verzichten unsinnigerweise auf Colt und Gewehr; was immerhin allen Beteiligten ausgiebig die Gelegenheit dazu gibt, als Knüppelgarde den Heldentot zu sterben und vorher noch literweise Kunstblut in jede der vorhandenen vier Ecken zu verteilen. Besonders ein slice ‘n dice Massaker im trauten Familienheim und das apokalyptische Finale in dem Großbau eines Konsumtempels / Bürogebäudes lässt nur noch Verwüstung im Purpurmantel über. Chang Cheh war bestimmt neidisch und begeistert.