Sicher muss es für einen Drehbuchautoren sehr reizvoll sein, sich ein kurzes Werk der Weltliteratur anzueignen, um es dann gnadenlos fortzuspinnen.
Ein gewisser A.E. Hotchner schnappte sich die 7-seitige Short Story "Nach dem Sturm" von Ernest Hemingway, gab den anonymen Abenteurern Namen und schuf die Basis für füllige Beziehungsszenen, indem er den ursprünglich einsamen Handlungsprotagonisten Mütter, Ehefrauen und Freundinnen an die Seite stellte, die ein bisschen Partnertausch spielen und so ein paar dekorative Eifersücheleien ermöglichen. Aus dem anonymen Ich-Erzähler der Short Story wird Arno, der Strandgutsammler und Playboy, der nur einen einsamen Bretterverschlag und ein Boot sein eigen nennen kann. Der brutal direkte Erzählton der literarischen Vorlage wird in dieser Verfilmung komplett verfehlt: Vor der malerischen Kolonialkulisse der Karibikinsel Belize reden sich alle exzessiv mit dem bürgerlichen Vornamen an. Das ist eher bei frisch gebackenen Schulfreunden üblich, nicht jedoch bei knallhart konkurrierenden Kriminellen. Und so dauert es auch ganze 20 Minuten bis dieser Film nach Arnos dekorativem Kulissen- und Bettentourismus in die Gänge kommt. Dann hagelt es plötzlich Blitze aus versteckten Scheinwerferbatterien und alle anwesenden Inselstädter schauen betroffen drein, weil das Unheil nun seinen Lauf nimmt.
Das schwimmende Lagunenkasino "Pride of Chicago" versinkt mitsamt der ganzen Zockerbelegschaft in den Fluten und lockt mit dem Diamantenschmuck der spielsüchtigen Damen, sowie einem prall gefüllten Goldsafe. Arno möchte sich als Bergetaucher betätigen, schafft es aber ohne geeignete Ausrüstung nicht, in das elegant ausgestaltete Wrack einzudringen. Zusammen mit dem französischen Abenteurer Jean-Pierre, dessen Frau Janine und der eigenen Freundin Coquina bildet Strandgutsammler Arno nun ein Tauchteam, das den Kasinoschatz ohne großes Aufsehen heben soll. Überflüssig zu sagen, dass sich auch der korrupte Polizeichef der Insel für das gesunkene Kasino zu interessieren scheint. Natürlich kommt es zu einem Duell zwischen Arno und Jean-Pierre und natürlich ist am Ende alles futsch. Die Pointen regnen nicht vom Himmel.
Dass der Film nicht vollkommen floppt, liegt an der sorgfältigen Regie von Guy Ferland, der mit relativ knappem Budget zumindest optisch gediegenes Kintopp liefert. Das handlungstragende Darstellerquartett Benjamin Bratt, Armand Assante, Mili Avital und Simone-Élise Girard harmoniert recht gut und hätte sich wohl gern über knackigere Dialoge gefreut. Filmkomponist Bill Wandel erfüllt die Erwartungen an eine milieukompatible Musik mit Latin Jazz und Fusion Tangos, leistet sich aber einmal einen Schnitzer, als er eine Fiestagesellschaft zu Elektro Bass Klängen abtanzen lässt. AFTER THE STORM spielt nun mal im Jahre 1933, da sollte man nicht zu modern klingen, wenn die Musik ein Teil der Szene sein soll.
Hemingway - Puristen werden diese Verfilmung sicherlich als "Panschkino" ablehnen. Literarisch Unbedarfte erfreuen sich an der filmhandwerklichen Sorgfalt.