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„...für eine Wolke flog es viel zu schnell!“

Der im Jahre 1957 von Regisseur Fred F. Sears („Fliegende Untertassen greifen an“) inszenierte US-Low-Budget-Science-Fiction-Horrorfilm um ein riesiges geflügeltes Ungetüm, die titelgebende „Riesenkralle“, schaffte es durch eine RTL-Ausstrahlung erst im Jahre 1996 in den deutschsprachigen Raum, wurde entsprechend spät deutsch synchronisiert – und genießt seither unfreiwilligen Kultstatus.

„Habt ihr mit 'ner fliegenden Untertasse geknutscht?“

Flugzeugingenieur Mitch MacAfee (Jeff Morrow, „Metaluna 4 antwortet nicht“) macht ein riesiges unbekanntes Flugobjekt am Himmel aus. Umgehend schickt das US-Militär seine Flieger los, um den Luftraum danach abzusuchen, doch werden sie genauso wenig fündig wie die Radare am Boden. Aber auch, wenn irdische Radartechnik es nicht erfassen kann: das Objekt existiert, bringt zahlreiche Flugzeuge zum Absturz – und ist ein außerirdischer Riesenvogel, der reichlich Appetit mitgebracht hat. MacAfee reist zusammen mit der Mathematikerin Sally Caldwell (Mara Corday, „Tarantula“) nach New York, und ihr Flug wird von der Bestie angegriffen… Wie kann man dem Monstrum Herr werden?

„Für was für ein infantiles Rindvieh halten Sie mich eigentlich?!“

Ein reißerischer Voice-over-Sprecher führt in den Film ein, der zur Kostenreduktion anfänglich viel mit Militärarchivmaterial arbeitet. Der Sheriff erzählt den Leuten wenig sensibel von der Legende um den Vogel („Wer ihn sieht, wird bald sterben!“) und MacAfee schmeißt sich an die Mathematikerin heran. Nach einer knappen halben Stunde zieht der Off-Erzähler wieder vom Leder und man bekommt das Vieh erstmals in voller „Pracht“ zu sehen. Der Flattermann sieht aus wie ein gerupfter Truthahn bzw. wie eine Marionette aus dem Kindertheater und frisst zwar Fallschirmspringer, wirkt aber alles andere als bedrohlich, viel mehr belustigend. Eigentlich sollte es vom Stop-Motion-Creature-Design-Großmeister Ray Harryhausen gestaltet werden, aus Kostengründen habe man jedoch auf eine mexikanische Discount-Variante zurückgreifen müssen….

„Vernünftiges Handeln ist kein Privileg der Zivilisten!“

So darf man ungläubig diesen Kreaturenspektakel-Unfall beäugen und einigen (pseudo-)wissenschaftlichen Dialogen zu Atomen und Antimaterie lauschen, bevor unserer Riesenkralle die Eier zerschossen werden. Doch diese ist weiterhin und nicht nur in ihrer schnieken Fönwelle auf Krawall gebürstet: Halbstarke Rowdys im Straßenverkehr enden als Vogelfutter. Der Kackvogel landet wie einst sein unerreichtes Vorbild King Kong auf dem Empire State Building und nimmt es auseinander, ja, schreckt nicht einmal davor zurück, das Gebäude der Vereinten Nationen anzugreifen. Letztlich zerstört es die halbe Stadt.

„Eine Art molekulare Osmose!“ (So kann man es natürlich auch nennen.)

Wenn Militär und Wissenschaft zusammenarbeiten, sind sie unschlagbar – so oder so ähnlich lautet am Ende die Aussage dieses Ausflugs in die bestgehüteten Geheimnisse des Vogelparks Walsrode, der interessanterweise fast zeitgleich mit dem japanischen Kollegen „Rodan“ produziert und, um zusätzlich Geld zu sparen, auch noch mit Actionszenen aus Sears‘ vorausgegangenem Film „Fliegende Untertassen greifen an“ angereichert wurde. Dass er über weite Strecken von einem A-Cast mit verbissenem Ernst gespielt wird, ist damit zu erklären, dass der extraterrestrische Schluckspecht erst nachträglich in den Film eingefügt wurde – und die Schauspielerinnen und Schauspieler ihn erst während der Kinopremiere erstmals und peinlich berührt zu Gesicht bekamen. Der Kontrast aus bemühter Seriosität und völliger Wirkungsverfehlung macht das Trash-Vergnügen erst perfekt!

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