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Heutzutage eher bekannt für seine späten Katastrophenfilme Erdbeben [ 1974 ] und Lawinenexpreß [ 1978 ] als Alterswerke war der kanadische Regisseur Mark Robson bereits seit den 40ern auf mehreren Posten in Hollywood aktiv; wobei die jeweiligen Filme sicherlich bekannter als sein Name sind. Robson fing bei Orson Welles an und schnitt seine Meisterwerke Von Agenten gejagt, Der Glanz des Hauses Amberson und Citizen Kane; in derselben Tätigkeit war er für Regisseur Jacques Tourneur bei dessen gleichwertigen The Leopard Man, Ich folgte einem Zombie und Katzenmenschen zuständig. Nur kurz darauf folgte sein Einstand als Regisseur, wobei das Prädikat "melodramatische Spannung" bei vielen seiner Filme hervorsticht und die Betonung ethischer Werte oft mit einer Prise Naivität einherging; der Erfolg der Arbeiten verschaffte ihm ein Jahrzehnt später auch den Status des Produzenten.

Robson beschäftigte sich in eher geringer und dann natürlich auch kommerzieller Weise mit dem Krieg, wobei er diesen Zustand zumeist als ein in den Hintergrund gerücktes Setting benutzt; die Geschichte beansprucht dann die Umstände zur dramatischen Entfaltung, quasi als Fingerübung für die seine Karriere abschliessenden Spektakel. Auffällig dabei ist noch, dass die Gangart entsprechend der veränderten Zeit jeweils spürbar zunimmt; von Die Brücken von Toko-Ri über Colonel von Ryans Expreß hin zu Sie fürchten weder Tod noch Teufel ist doch mehr als nur ein kleiner Schritt in der Drastik. Was nicht daran hindern soll, dass die jeweilig unterschiedlichen Betrachtungen auch einzeln immer ihren eigenen Reiz besitzen und Robson allein durch sein technisches Vermögen und dem breit gefächerten Interesse für gehobene Unterhaltung sorgen konnte.

Hier spart er sich denn auch eine differenzierte Einschätzung der historischen und politischen Sachlage aus und verzichtet zugunsten von buntem color by DeLuxe Abenteuerkino auf eine penibel glaubwürdige Zeichnung; heraus kommt unterhaltsames, wenn auch unscharfes Cinemascope Kintopp in der Tradition des kurz vorher erschienenen Gesprengte Ketten.
Wieder Zweiter Weltkrieg, diesen wieder als Kulisse für einen Ausbruch und die damit verbundene Spannung und Intensität nutzend und wieder in einer actionreichen Auflösung schlussfolgernd.
An realen Situationen ist man dabei natürlich wenig bis kaum interessiert, zumal der zugrundeliegende Roman von David Westheimer auch rein fiktionale Belletristik ist. Die potentiellen Möglichkeiten werden als Vorwand genommen, ohne jetzt aber ganz den gleichen kommerziellen und - durch Sturges Regie auch - künstlerischen Reiz seines Vorgängers im Geiste zu erreichen.

Bei Robson fehlt nicht nur die spezielle Besetzung, die allein durch ihre Anwesenheit und dem Zusammenspiel enorm präsenter Individuen wie McQueen, Bronson, Garner und Coburn schon grosses Kino präsentiert; auch das frühzeitige Nach - Aussenkehren der Handlung vermeidet ein angespanntes Wechselspiel mit dem Innen des Gefangenenlagers.
Colonel Joseph L. Ryan [ Frank Sinatra ] ist kaum als prisoner of war inhaftiert, da sind er und 400 weitere anglo-amerikanische Inhaftierte schon wieder raus aus der Umzäunung. Man schreibt August 1943; Italien ist zwar noch unter deutscher Kontrolle, aber die angreifenden Mächte stehen bereits bei Salerno und arbeiten sich stetig voran. Angesichts dessen "beenden" die eh von den Deutschen wenig begeisterten Italiener den Krieg, räumen in einer Nacht - und - Nebelaktion das Lager und überlassen den eingesperrten Trupp sich selbst.

Das freut die ebenso wie den Zuschauer. Bekommt man doch nicht bereits Erzähltes noch einmal aufgetischt - Die Brücke am Kwai, The Colditz Story, The Password Is Courage, Die Gelbe Hölle und Sie nannten ihn King erschienen ebenfalls kurz vorher - und war in diesen 30min auch schnell ersichtlich, dass man nicht deren Klasse würde. Der anberaumte Konflikt zwischen dem neueingetroffenen Ryan als dem nunmehr Ranghöchsten unter den Gefangenen und dem bereits seit gewisser Zeit anwesenden Major Eric Fincham [ Trevor Howard ] liess sich leicht als Kniff im Drehbuch identifizieren; ihre unterschiedlichen Ansichten in Bezug auf eine Flucht und die Zeit bis dahin war auch nur ein Mittel zum Zweck. Fincham ist dann schon aus Prinzip gegen die Meinung des Amis, was sich neben einigem anderen Schabernack, der stetig spöttischen Anrede "Von Ryan" und viel Klischee fast zur Comedy auswächst. Sowieso erhalten die Figuren auch später nur unwesentlich mehr Tiefe; mindestens eine einschneidende Charakterwunde wird im Verlauf der anknüpfend entstehenden Gefahr aber noch eingebracht.

Man kommt nämlich nicht weit; nach einem Hinweis des zurückgelassenen Lagerkommandanten Battaglia [ Adolfo Celi ] wird man kurz darauf von den Deutschen geschnappt und soll in einem Zug nach Innsbruck deportiert werden. Das Todesurteil vor Augen setzen Ryan und seine Mannen alles daran, den Zug zu übernehmen und an den Kontrollpunkten vorbei ins sichere Gebiet der Schweiz zu lotsen. Die Änderung der Route fällt bald auf.

Dieser zweite Handlungskreis ist bestimmt von intendiert gesetzten Verwirrungen und Irrtümern; man muss die gesamte Zeit den Eindruck eines status quo vorspielen und die schicksalshafte Fügung durch Kausalität ersetzen. Die zweifache Flucht und auch die Übernahme des Zuges ist entweder ohne ihr Zutun erfolgt oder war eine Sache von Sekunden, die ohne grosse Planung durchgezogen wurde und mit mehr Glück als Verstand zum Gelingen führte. Damit kommt man aber nicht weit; bei der Bewegung ins Unbekannte muss nicht nur ein strikter Zeitplan an den jeweiligen Bahnhöfen eingehalten werden, sondern auch ein von hinten drängender Truppentransport im 5min Abstand gehalten und beachtet werden.

Dieser Kunstgriff gibt der Macht des Chaotischen eine natürliche Ordnung und weist dem nunmehr streng organisierten Plot eine klassiztische Einheit zu. Zeit, Regeln und Prozeduren müssen eingehalten werden, um die Camouflage durchziehen zu können. Präzision und Perfektionismus gegen Zufälle und Unwägbarkeiten. Der Raum wird beschränkt. Die Kamera im 45° Winkel zum jeweiligen Schauplatz ermöglicht den Blick von herausspringenden Bildpunkten und Linien von Links in die Tiefe nach Rechts; die vertikale Expansion langgezerrt, die Horizontale bis auf Luftaufnahmen ewig gering gehalten.
Umliegende Landschaften erreicht man nur mit und durch den Zug. Bahnhöfe und Haltestellen für Wasser und Kohle werden als einzige Markierungen überhaupt dargestellt. Auch von attraktiven Städten wie Rom, Florenz oder Bologna sieht man zumeist nur die Stationen, sobald einer der Alliierten mal aus dem Fenster des Waggons blickt, oder ganz nebensächlich in der Rückprojektion. Ohne die man trotz sonst technischer Aufmerksamkeit und Sorgfalt auf höherem Niveau auch hier nicht ganz auskam.

Die abgeschlossene Einheitlichkeit führt sowohl zu einem stetig vorwärtstreibenden Engpass als auch zusammen mit der Wirklichkeitsentrücktheit zu mehreren obskuren Szenen. Schon die Anwesenheit eines nur 1.70m grossen Actionhelden ergötzt ein bisschen, zumal Sinatra neben anderen Recken wie Trevor Howard [ 1.85m ], Brad Dexter [ 1.88 m ] oder James Brolin [ 1.93m ] wirklich winzig anmutet. Keiner der Fliehenden ausser Wehrpfarrer Captain Costanzo [ K.I.T.T.s Übervater Edward Mulhare, 1.88m übrigens ] kann Deutsch sprechen - und selbst der kommt nicht ohne deutlich hörbaren Akzent aus -; trotzdem darf man gegenüber Aufsichtspersonal oder gar der Gestapo nicht aus der Rolle fallen. Glücklicherweise sind die Deutschen abgesehen von ein bisschen Zackigkeit am Anfang und dem anscheinend obligaten Kriegsverbrechen im Off natürlich wieder nicht die Schlauesten; die bösen Nazis haben auch nichts Besseres zu tun, als mit Strumpfhosen und Zigaretten zu feilschen und sich in der typischen Tölpelrolle hinters Licht führen zu lassen.

Das hindert sie nicht daran, am Ende doch noch mal genregemäß agiler zu werden und mehrere Messerschmitt BF109 hinterherzujagen; erst in der letzten halben Stunde, aber dann umso ausgeprägter erfolgt der eigentlich vitale Aktionismus. Über ein beeindruckendes Flächenbombardement aus der Luft, einem in alle seine Bestandteile aufgelösten Gebäudekomplex und augenfreundlich imposant explodierenden Flammenmeer steigert man sich zu einer furiosen Verfolgungsjagd in den majestätischen Alpen, die ihren Höhepunkt auf einer unpassierbaren Gitterträgerbrücke findet. Dabei verzichtet man auch vorsorglich auf Modell und Gipskulisse und versichert sich für die grösstmöglichste Authenzität der Unterstützung der italienischen Staatsbahn. Das finale Schussgefecht ist von der Umsetzung weniger wert, aber der seitlich geöffnete Tunnel und die gleich daneben befindliche tiefe Schlucht sorgen für einen geladenen Abschluss, der zudem anders als im Buch noch eine für die Herkunft ungewohnt dicke Überraschung bereithält.

Wenn überhaupt eine Aussage stattfindet - man ist ja kein Aktualitätenlichtspiel, sondern in der Gesinnung eher Daumenkino -, dann genau bei dieser Ausblende.
"I once told you Ryan, if only one gets out, it's a victory."
Ansonsten wird Sportivität, Entschlussfreudigkeit und Führungskraft der Alliierten bzw. des fehlbesetzten Titelhelden bewundert; immerhin abendfüllend fesch und ohne gross prahlerischen Aufhebens.

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