Vater und Sohn - Geschichten, Generationenkonflikt, Spionagekrempel aus dem Kalten Krieg, Amerikaner im europäischen Ausland, speziell auch im gefährlichen Pflaster von Frankreich allgemein und Paris hauptsächlich (siehe Gotcha!, Frantic, Der Spion, der aus der Highschool kam oder Taken), die Männer als Retter der Frauen und als Bewacher und Bewahrer der Familie, ein älterer Star und ein aufstrebender als Wachablösung: fertig ist das Spannungskino nicht nur der achtziger Jahre, hier vertreten mit einem Titel, der sich einzig nur die eine Szene in die Aufmerksamkeit gespielt hat, durch eine Verfolgungsjagd in Hamburg nämlich. Die Autohatz kommt natürlich später, erst kommt die Geschicht':
Die in Dallas wohnenden Vater Walter Lloyd [ Gene Hackman ] und Sohn Chris Lloyd [ Matt Dillon ] bringen ihre Ehefrau respektive Mutter Donna [ Gayle Hunnicutt ] gemeinsam zum Flughafen zu einer Reise nach Europa, speziell Paris; erfahren aber kurz darauf, dass diese von ihrer Reisegruppe getrennt wurde und bereits seit zwei Tagen vermisst wird. Beide Männer machen sich trotz der Schwierigkeiten miteinander zusammen auf dem Weg, wobei bereits am Airport ein Mann mit einer Waffe auf sie wartet und weitere Bedrohlichkeiten nicht weit entfernt sind.
Das mit den später noch ausführlich gezeigten Fahrkünsten vom Filius wird gleich und schnell in einer da noch scheinbar unscheinbaren Szene geklärt und erklärt, das wohl länger anhaltende Missverhältnis zwischen Vater und Sohn (die immerhin miteinander reden, aber halt mit versteckten und weniger versteckten Spitzen) ebenso, die Reise der Mutter als Zusammenhalt der Familie nach Europa; alles drin in einer Szene, die sonst nach nichts, nach feuchtkalt und blass und mittelständisches Texas, nach einer belanglosen Kuhbklake irgendwo im eher ländlichen Amerika aussieht. Die Häuser flach, die Autos dreckig, der Müll liegt im Fahrzeuginneren und die Arbeitszeiten sind so lax wie das Gehalt auch kläglich. Nichts deutet auf Großes oder überhaupt Kommendes hin, ein Einlullen des Zuschauers, der von biederer Normalität ausgeht und damit direkt in die Falle springt. Die Frau reist vor, die Männer bleiben zurück, sie schauen dem Flieger verschwindend in die Wolken nach, unten wartend im Auto, an der Kreuzung Laredo Street.
“Wer langsam fährt, kommt auch ans Ziel.“ Dass der Hauptdarsteller später im Bett Len Deightons kurz zuvor (1983) erschienenen Spionageroman “Brahms Vier“ (um einen Ostberliner Agenten und Top-Informanten des britischen Geheimdienstes) liest (und dabei eingenickt ist), ist natürlich kein Zufall und gibt auch prompt den Startschuss zu einer dann dringend und zwingend werdenden Handlung, die Mutter ist hinfort, bereits seit 48h unentdeckt. Dillon ist voll Eifer, Hackman macht die Routine und geht mit dem Kopf vor und voran, er spielt dann den 'typischen' Hackman, gleichzeitig unauffällig und präsent, er passt sich chamäleonartig der Umgebung, hier schnell auch dem Milieu im Konsulat bspw. an.
“Du warst wie vom Erdboden verschwunden. Ich hatte dich für tot gehalten, Duke.“ Alte Seilschaften, neue Feinde, frische Entdeckungen, lang versteckte Wahrheiten. Eine Stadt voller unsichtbarer Augen, überall Beobachter, Gefahren und tödliche Begleiter, “Da gibt es hunderte. Jeder ist verdächtig.“ Erst wird am Airport geschossen, dann ein Drive-by in den Straßen, mal die blitzschnelle Reaktion, mal die Rettung per Zufall und wohl von Gottes Gnaden. Einen nervösen Zeigefinger hat man später auch noch, der Sohn ist in der Geschichte für die jüngeren Kinogänger, als Zuhörer für paar Hintergrundinformationen und als eine Art moralisches Gewissen, also als dramaturgische Bremse da. Schuldzuweisungen beruflich wie privat folgen, Ortswechsel, von Frankreich nach Deutschland, nun Hamburg, vorher Paris; für Regisseur Penn ist das Werk schon deutlich Mainstream, die Produktion lag mit einem Kostenaufwand von knapp 12 Mio. USD aber unter dem Durchschnitt (von 14,5 Mio. USD) und wird auch geringer als bspw. White Nights - Die Nacht der Entscheidung und etwa gleichwertig zu Gotcha! - Ein irrer Trip! eingeschätzt.
“Was ist aus uns geworden?“ wird mittig mal gefragt, die Vergangenheit ist eingeholt, Entscheidungen von damals nicht zu ändern, die Gegenwart brüchig und unsicher auch in Bezug auf früheres, die Zukunft fraglich. Wie hätte man sich mit dem Wissen von Heute verhalten, andere Wege gewählt, andere Personen an sich gebunden, Leben haben sich getrennt und später zueinander, aber nicht füreinander bestimmt gefunden. Ein kurzes Erinnern, ein “Was wäre wenn?“, ein nächtliches Sinnieren, bevor es mit vier quietschenden, beschleunigenden, bremsenden Rädern quer durch das trübe Hamburg und zu Fuß, zu Boot und mit dem Wagen in die Menschenmassen an den Landungsbrücken geht. Etwas Schnelligkeit in diesem eher beruhigenden, nicht ohne Spannungsmomente (wie den Angriff in der Berliner Pension, oder die versuchte hoch komplizierte Sprengstoffentschärfung) dargereichten Thriller, der von Zeit- und Lokalkolorit vor allem, von zuweilen guten darstellerischen Leistungen, selber von Erinnerungen (an bspw. Die Akte Odessa), von Ostblockgrusel und noch einigen zähen Zufällen, von überall auftauchenden Schatten weiblichen Geschlechts und von der sich dort deutlich wiederholenden Liebesgeschichte lebt.