Review

Nachdem der vorige Fernsehdarsteller Clint Eastwood durch die Dollar-Trilogie Sergio Leones (Für eine Handvoll Dollar, 1964; Für ein paar Dollar mehr, 1965; Zwei glorreiche Halunken, 1966) populär geworden war und die Italo-Western auch in den USA beachtliche Zahlen schrieben, kehrte er 1968 nach Hollywood zurück, um seinen weltweiten Durchbruch in der Heimat zu untermauern. Dem Westerngenre treu zu bleiben lag natürlich nahe. Unter der Regie des ebenfalls nicht staub- und sattelfremden Ted Post, der bis dahin 55 Episoden von Rauchende Colts, sowie 24 Episoden von Rawhide (mit Eastwood) inszeniert hatte, gab Eastwood einmal mehr den Revolverhelden. Hängt ihn höher konnte aber nicht nur nicht an den finanziellen Erfolg seiner italienischen Vettern anschließen, auch künstlerisch gelangt der Film nicht in deren Nähe und kann es beispielsweise auch nicht mit dem acht Jahre zuvor erschienen Klassiker „Die glorreichen Sieben" aufnehmen, ist insgesamt aber dennoch ein ordentlicher Vertreter seines Genres.
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Jed Cooper treibt eine Viehherde vor sich her, als eine Gruppe von neun Männern ihn des Diebstahls und des Mordes beschuldigt, ihn mitten in der Prärie aufknüpft und dem sicheren Tod überlässt. Marshall Dave Bliss, der mit einem Gefangentransport des Weges kommt, kann Cooper retten. In Fort Grant wird er dem Richter Adam Fenton vorgeführt, der Coopers Unschuld bestätigt und ihm einen Posten als Marshall anbietet, wodurch er ihm ermöglicht, sich auf den Pfaden des Gesetzes an den Männern zu rächen und sie vor Gericht zu stellen. Doch kann jemand wie Cooper, der einzig seine Rache im Sinn hat, tatsächlich für Gerechtigkeit sorgen?
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Meistens liebt zunächst, wer später rächt, nicht jedoch Jed Cooper. Dem einstigen Hilfssheriff wird nicht die Familie, kein guter Freund, nicht die Liebe genommen, er wird zunächst vom Mörder des Viehbesitzers um achthundert Dollar betrogen, dann von den Lynchjustizlern um seinen Sattel und beinahe um sein Leben gebracht. Den Weg der Selbstjustiz schlägt er nur deshalb nicht ein, weil er auf der Liste des Gesetzes damit der nächste wäre, gleich nach seinen Peinigern. Ein in deutlichem Maße egoistischer Held also, der sich da den Stern des Gesetzes anheftet und zunächst überhaupt kein Interesse daran zu haben scheint, diesen abseits seines Vergeltungsweges zu tragen. Das 70,000 Quadratmeilen große Gebiet des annähernd gesetzlosen Oklahomas reduziert sich für ihn auf jene Pfade, die zu den Männern führen, die ihn hängen ließen. Coopers zusammengekniffene Augen sind so erbarmungslos wie seine Revolverkugeln, als er den ersten der Neun aufspürt und zur Strecke bringt.
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Doch allein dem Motiv der moralisch fragwürdigen Rache bleibt Hängt ihn höher nicht treu, was sich nicht zu Gunsten des Films auswirkt. Cooper trifft später auf einen Farmer, dessen Vater und Bruder von Viehdieben ermordet wurden. Nur widerwillig erklärt sich der Marshall zur Hilfe bereit, spürt die drei Männer auf, von denen zwei noch nicht einmal volljährig sind. Cooper verhindert die Lynchjustiz des Farmers und seiner Leute, stattdessen schafft er die jungen Burschen, von deren Unschuld an den Morden er überzeugt ist, und deren gerissenen Anführer Miller nach Fort Grant, wo er für dieses risikoreiche Unterfangen als Held gefeiert wird. Und obwohl sich während der Überführung ein Vorfall ereignet, der für die Unschuld der beiden jungen Brüder spricht, verurteilt der unnachgiebige Richter Fenton auch sie zum Tode, was Cooper mit reichlich Wut im Bauch zurücklässt. Diese ganze Phase des Films ist jedoch so unnütz wie nasses Schießpulver und schwächt die Positionen Coopers und Fentons. Hängt ihn höher ist dann stark, wenn er Clint Eastwood seiner instinktgetriebenen Rache nachgehen lässt und schwächelt dann, wenn seine Motive durch Nebenplots hinterfragt werden, die ihn plötzlich ganz andere Standpunkte einnehmen lassen. Pat Hingle wird als Fenton hingegen von jetzt auf gleich vom für Coopers Dienste dankbaren Befürworter zum ihn und sein Wort engstirnig abwimmelnden Fanatiker, der sich später auch noch beklagt, dass er niemanden hat, der in seinen Entscheidungen zwischen ihm und Gott steht. Hängt ihn höher wirft also zwar interessante Fragen und Gedanken über Recht und Gerechtigkeit auf, lässt sie allerdings von den falschen Personen unzulänglich formulieren und gibt letztlich auch keinem seiner Charaktere genügend Rückenstärke, um zufriedenstellende Antworten zu liefern.  
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Schade ist dabei, dass sich in der trauernden Witwe Rachel, die sich jeden neu eintreffenden Gefangenen ansieht und auf die Mörder ihres Mannes und ihre Vergewaltiger wartet, eigentlich eine Figur findet, anhand der Cooper wahrscheinlich klarer zu hinterfragen gewesen wäre, ohne diesen derart verwässert dastehen zu lassen. Da sich ohnehin eine, in dieser Form allerdings äußerst lapidare Liebesgeschichte zwischen den beiden entwickelt, hätten sich sicher bessere und auch den Persönlichkeiten der Figuren nicht so entgegengestellte Möglichkeiten geboten, zumal die Schwedin Inger Stevens in ihren Szenen beweist, dass sie Eastwoods harter Coolness nicht nur weibliche Reize entgegen setzen kann. Tatsächlich sind jene Momente, in denen sie die neuen Gefangenen begutachtet, immer auf jene wartend, um deren Hälse sie den Strick gelegt sehen will, einige der besten des Films, in denen die Verletzlichkeit einer leidenden Frau für Bruchteile hinter ihrer Beherrschung vorbricht.
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Auch wenn die Figur des Jed Cooper in ihren wechselhaften Überzeugungen für andere Westernhelden höchstens Sattelputzer oder Pferdetränker geworden wäre, profitiert Hängt ihn höher dennoch von der rauen Präsenz Clint Eastwoods. Ohne John Wayne-Romantik und noch fern der gerade von Eastwood selbst mit seinem großartigen Erbarmungslos (1992) vorangetriebenen Entmystifizierung des Wilden Westens gibt er einen geerdeten Mann, der den Staub zwischen den Zähnen schmeckt und der sich am ehesten auf sich selbst verlässt. Neben Pat Hingle und Inger Stevens glänzt Bruce Dern als verschlagener Viehdieb und Mörder, während die lynchenden Neun um den von Ed Begley gespielten Cpt. Wilson trotz finsteren Charaktervisagen irgendwie gesichtslos bleiben. Immer mal wieder auf die Perspektive der zunehmend in die Enge getriebenen Männer zu schwenken ist allerdings ein gut umgesetzter Aspekt der Story.
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Den Sprung über den Durchschnittswestern schafft Hängt ihn höher vor allem aufgrund seines Hauptdarstellers, sehenswerter Sets und Kameraarbeit und der gut eingesetzten Musik von Dominic Frontiere. Auch nach dem (wenngleich etwas unspektakulären) Showdown bleibt jedoch der Eindruck, dass bei voller und ungetrübter Fokussierung auf Coopers Rachefeldzug ein besserer und stringenterer Film entstanden wäre, wie er sich in den ersten dreißig, vierzig Minuten andeutet. Denn Eastwood auf seinem Vergeltungszug zu verfolgen macht an Hängt ihn höher einfach den meisten Spaß, seine unnachgiebigen Blicke und trockenen Sprüche sorgen für Stimmung. Alles, was darüber hinaus gehen soll, wird von Regisseur Ted Post mit zu vielen Unzulänglichkeiten, die sich zum Glück nur hierin bemerkbar machen, und auf Kosten klarer Figurenzeichnung in den Film gezwungen.

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