Chillout an der Owl-Creek-Bridge
Ein Film mit Clint Eastwood kann nicht ganz schlecht sein. Dieser aber ist leider nicht mehr als das. Am Eastwood liegt es nicht, der gibt den verbissenen Rächer wie immer exzellent, und seine Selbstzweifel kauft man ihm genauso ab wie seine Wandlung zu einem, dem das Vergeben möglich geworden ist. Auch gelingen am Anfang Momente der mythischen Kraft, die dem Film leider danach fast völlig abgehen. Der einsame Viehhirte rettet ein ertrinkendes Kälbchen, eine Gruppe von sieben Cowboys kommt dazu und lyncht den vermeintlichen Viehdieb. Dann setzt der Vorspann ein. Der Held ist tot? Sehen wir nun einen Rückblick? Nein, ein zufällig vorbei kommender Sheriff schneidet den nur Halbtoten vom Strick ab und belebt ihn wieder, beides mit einer Routine, so als würde ihm das täglich passieren. Dann wird der Held zum Hängen in's Gefängnis gebracht. Wenn dort durch das vom Morgenrot erleuchtete Fenster die Geräusche der sich öffnenden Galgenklappe zu hören sind, weil der Henker sein Gerät vor Gebrauch testet, gelingt auch hier noch einmal Beachtliches. Aber dann ist Schluss. Ab jetzt herrscht fade Fernsehdramaturgie. Alles sieht nun aus wie eine der besseren Bonanzafolgen, oder, nein, es sind eher die Männer von der Shiloh-Ranch. Die Kamera ist nur dabei, der Mythos ist verflogen. Kein Wunder, dass der Regisseur Ted Post ein paar Jahre später ganz beim Fernsehen landete, und zwischendurch nur noch Eastwoods „Calahan" abstürzen ließ.
Was hätte man aus diesem Film machen können? „The walking dead" mit Boris Karloff kommt einem da in den Sinn, wo der bloße Anblick des scheinbar Toten die Schuldigen in den Tod treibt. Auch ein „Satan der Rache" hätte es werden können, wo Kinski im Dunkeln munkelt, metzelt und meuchelt. Aber der Eastwood gibt nicht Kinski oder Karloff, entblößt nur einmal seinen malträtierten Hals, und das war es dann auch schon.
Nachdem seine Unschuld bewiesen ist, ernennt ihn der „Hanging Judge" zum Deputy Marshal. Der nun staatlich subventionierte Rachefeldzug kann beginnen. Aber dieser Strang wird nur kurz verfolgt, um dann die Läuterung des Helden zu zeigen. Hilfreich ist dabei eine neurotische junge Witwe, die von der neurotischen Inger Stevens gegeben wird und die nach einer Nacht mit Clint von ihren Neurosen geheilt scheint.
Dennis Hopper hat einen wundervollen Kurzauftritt als völlig durchgeknallter Prophet, dessen Prophezeiung vom eigenen Tod schneller als erwartet eintrifft. Das, immer wieder der Eastwood und ein paar kleine Petitessen retten den Film vor dem völligen Absturz, aber angesichts der leider nur angerissenen Themen bleibt der Film weit unter seinen Möglichkeiten. Ein intelligenter Rachediskurs hätte es werden können, heraus kam ein mittelmäßiger Fernsehwestern.
Daher nur 6 von 10 Kugeln im Lauf.