Review

Selbstjustiz im Wandel der Zeiten war schon immer ein hübsches Thema für Clint Eastwood und noch bevor er den Hüter des Gesetzes im Reaktionär-Modus (aka Dirty Harry) geben durfte, setzte er sich noch mit dem Thema in „Hängt ihn höher“ auseinander.

Eastwood wird hier als angehender Viehzüchter selbst Opfer von Lynchjustiz, kann aber abgeschnitten werden, bevor der Hahn endgültig zugeht. Nachdem sein Fall geklärt wird, verdingt er sich als Hilfssheriff für den einzigen Richter im gesamten Bundesstaat, um die Schuldigen aufzustöbern.

Was wie eine typische Rachegeschichte anfängt, gerät nach der Vereidigung jedoch zusehends zu einer moralischen Nachfrage, wie hart oder wie locker man die Fäden des Gesetzes in der Hand halten sollte. Als Jed Cooper (Eastwood) etwa einen der Killer beim Viehdiebstahl aufstöbert, verweigert er den übrigen Verfolgern die Chance zur Selbstjustiz und riskiert sein Leben für den kompletten Heimweg, wobei er die anderen halbwüchsigen Diebe und ihre Unerfahrenheit durchaus wahrnimmt.
Vor Gericht allerdings hat das alles nichts zu sagen, der streng subjektiv und in aller Härte vorgehende Richter (Pat Hingle) schert sie alle über einen Kamm. Die Möglichkeit zur Fürsprache und für eine variable Auslegung des Gesetzes wird Cooper genommen, in ihm steigt trotz seines eigenen Schicksals die Bitterkeit hoch.

In der wohl stärksten Sequenz wird die sechsfache Hinrichtung im Umfang eines Volksfestes vorbereitet und dann in allen Einzelheiten vollzogen, während in einer Parallelmontage der dafür zur Hälfte verantwortliche Cooper sich mit halber Gewalt eine Prostituierte vom Richtplatz schnappt, sie noch vor der Hinrichtung nagelt, um dann von drei seiner Peiniger noch im Schlafzimmer niedergeschossen zu werden.

Eine definitive Position bezieht der Film aber nicht, zu schwammig wankt Cooper in seinen Ansichten und Handlungen hin und her, mischt sich immer das Rachemotiv in die moralischen Implikationen. Erst rachedurstig, dann gesetzestreu, später von der Starrheit abgestoßen und den Dienst kündigend, dann wieder aus der Not eine Tugend machend und Marshal bleibend, weil es zu wenig Männer wie ihn selbst gibt. In diese Abfolge mischt sich auch noch eine rudimentäre Liebesgeschichte und immer wieder Gefechte mit seinen Henkern, was den dramatischen Bogen immer weiter verwässert.
Am Ende bietet das Drehbuch dann ein Gefecht mit den Attentätern in der Dunkelheit auf einer Farm, aber das Verhalten der Henker zeugt erst von wenig Intelligenz und von noch weniger Durchhaltevermögen. Wenn Eastwood in der Schlußsequenz wieder mit dem Stern aus der Stadt reitet, wird er mit Gewalt einen Geständigen freigepreßt haben und zwei seiner Mörder sind immer noch auf freiem Fuß.
Diese Aufhebung oder Negierung der eigentlichen Storyline führt zu dem Schluß, daß die moralischen Bedenken das wesentliche Thema waren, aber der gesamte Aufbau läßt dafür kaum wirkliche Rückschlüsse zu.

„Hängt ihn höher“ ist unterhaltsam, teilweise auch sehr spannend und besitzt Inhalte, die man auch auf die Gegenwart beziehen könnte, ist so wesentlich reifer, als so mancher Spätwestern aus dieser Zeit, aber sein Aufbau ist zu stückhaft und es fehlt an Entschiedenheit, was man auch an der Arbeit des soliden, aber stets zweitklassigen Regisseurs Ted Post merkt (Post drehte später, wie offenbarend, den zweiten Dirty Harry und den zweiten Planet-der-Affen-Film, allesamt handfest ohne jedoch den genialen Touch).
Eastwood an sich rettet aber die düstere Verschlossenheit des Mann ohne Namen aus den Leone-Filmen in diesen hinüber, um ihm gleichzeitig eine menschlichere Note zu verpassen.
Ein guter, aber meistens überschätzter Film. (7/10)

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