Wieder einmal gilt: Dieses ManCity-Review ist nur für (volljährige) Genrekenner geeignet...
"Wer hat in Europa in den 70er- und frühen 80er-Jahren die extremsten Sexploitation-Filme gedreht?"
Auf diese Frage würden viele – nebst Jess Franco – bestimmt hauptsächlich mit Namen von italienischen Regisseuren wie Joe D’Amato oder Bruno Mattei antworten.
Ich würde – ohne zu zögern – den Namen Renato Polselli nennen. Renato Polselli? Bis auf THE REINCARNATION OF ISABEL und DAS GRAUEN KOMMT NACHTS, von denen insgesamt doch einige Video- und DVD-Ausgaben veröffentlicht wurden, sind die meisten seiner anderen knapp 20 Filme praktisch unbekannt.
In Italien wurden nebst typischen Mondos auch zahlreiche "Pseudo-Sexdokus" realisiert. Zum Beispiel LIBIDO MANIA, AMANDA LEAR – FOLLOW ME, ALLE PERVERSIONEN DIESER WELT usw. Und auch Polselli (der für solche Filme meistens das Pseudonym Ralph Brown verwendete) drehte mehr als einen Film, der sich mit "sexuellen Abarten" beschäftigte...
REVELATIONS OF A PSYCHIATRIST ON THE PERVERSE WORLD OF SEX drehte er im Jahre 1973. Und auch sein sehr ähnlicher OUANDO L’AMORE E OSCENITA wurde im selben Jahr realisiert. Veröffentlicht wurde der Film jedoch erst 1980 (und nicht in der Version, wie ursprünglich geplant).
Die Hintergründe sind interessant, auch wenn leider nur äußerst wenig darüber zu erfahren ist. Um es möglichst kurz zu machen: Der Film wurde 1973 in Italien aufgrund des extremen Inhalts nicht zugelassen. Erst im Jahre 1979 entschied sich Polselli, den Film neu zu vertonen. Die Zensurbehörde sollte dadurch das Gefühl erhalten, es würde "kritisch" über diverse furchtbare und sexuell motivierte Gewalttaten von Männern berichtet.
Schlicht unglaublich, dass dieser "Pseudo-Feministen-Film” 1980 in dieser Form tatsächlich veröffentlicht werden konnte...
Ja, auch in der neuen Fassung von OSCENITA ist einiges zu sehen, was nur die wenigsten Zuschauer sehen wollen. Insgesamt sieht man mehrere Vergewaltigungen, Sexualmorde usw. Für Freunde derber Sexploitation-Kost bietet dieser praktisch unbekannte Film einiges: Eine Frau die sich mit einem Messer selber blutige Wunden zufügt, Lesbensex mit einem Maiskolben, eine Frau die in einer Badewanne brutal ertränkt wird usw.
Nebst solchen Szenen bietet der Film jedoch auch viel Langeweile. Vieles scheint zusammenhangslos, die Aussagen eines "Psychiaters" sind meist so uninteressant oder gar lächerlich, wie einige der langweiligen Erotikszenen. Mindestens eine der Lesbenszenen ist immerhin ziemlich erotisch. Und eine Frau die sich mit einem Ast befriedigt, sieht man in einem Film auch nicht gerade oft...
Im Vergleich zu REVELATIONS OF A PSYCHIATRIST ON THE PERVERSE WORLD OF SEX, den man fast schon Experimental-Porno bezeichnen könnte, gibt es in OUANDO L’AMORE E OSCENITA nur ganz wenig Hardcore-Sex zu sehen.
Einige Aufnahmen und der Score sind typisch für einen solchen Film von Renato Polselli. Seine Filme bieten oft eine Gesamtatmosphäre, die durchaus als gelungen, nicht selten gar als recht einzigartig bezeichnet werden kann.
Normalerweise könnte ich dieses Review hier beenden (und dem Film ca. 5 Punkte vergeben).
Aber: OSCENITA bietet gegen Filmende eine Szene, die auch manche hartgesottene Genrefans schockieren wird...
Die Regisseure, die ich zu Beginn dieses Reviews erwähnt habe, suchten immer wieder einmal nach Wegen, um das Publikum zu schockieren – und so für (noch mehr) Gesprächsstoff zu sorgen. Besonders in italienischen Filmen wie etwa EMANUELLE NERA IN AMERICA, SS GIRLS, CALIGULA 2 oder LIBIDO MANIA 2 war – zumindest in den ungekürzten Fassungen – immer wieder einmal zu sehen, wie sich eine Frau mit einem Tier (meist Pferd oder Schäferhund) vergnügt...
In keinem der eben erwähnten Filme wird der sexuelle Akt mit einem Tier jedoch auch nur schon annähernd so grafisch dargestellt, wie in OUANDO L’AMORE E OSCENITA...
Ja, ich liebe extreme Filme. Aber wenn man in einem "Spielfilm" in Nahaufnahme sieht, wie eine Frau mit einem Esel Sex hat, geht das (sogar) für mich zu weit!
Und somit ist OSCENITA einer der äußerst wenigen Filme, die ich hier in der OFDb aufgrund einer einzigen Szene mit dem Punkteminimum bewerte.