Mit dem Terror-Film-Trend in vollem Gange und all den derzeitig ach so angesagten Torture-Flicks da draußen („Hostel“, „Live Feed“, „Hoboken Hollow“ etc), zauberte mir die Eröffnungsszene von „Living Death“, der neusten Veröffentlichung aus dem Hause „Archetype“, unweigerlich ein Lächeln auf die Lippen, denn diese entfaltet sich weder in einem osteuropäischen Kellerraum noch in irgendeiner abgelegenen Hillbilly-Scheune, sondern schlicht und ergreifend innerhalb einer mittelalterlich eingerichteten Folterkammer. Zu einer solchen wurde nämlich der Dachboden einer geräumigen Villa ausgebaut, die dem 35-jährigen Victor (Greg Bryk) gehört, einem gelangweilten (Erb-) Millionär der Marke „Sakko, Jeans, Sneakers“ sowie Hauptprotagonist der vorliegenden Angelegenheit. Aktuell nutzt er diese gerade, um Melanie (Kelsey Matheson), einer jungen Damenbekanntschaft, die erotisierende Wirkung der antiken Streckbank näher zu bringen. Auf dem Gerät festgeschnallt, genießt sie das sinnlich-anregende Gefühl, welches sich aus der körperlichen Anspannung, dem Ansatz vorhandener Furcht sowie der ganzen Atmosphäre zusammensetzt. Immer weiter lotet er, schmeichelnd beeinflussend, ihre Grenzen aus, bis diese erreicht zu sein scheinen. Für einen Moment ist unklar, was er jetzt tun wird. Plötzlich ruft jemand hinter ihm laut seinen Namen, worauf er sich erschrocken der Person zuwendet – in der Bewegung kommt er allerdings aus Versehen gegen den Hebel der Vorrichtung: Die Zahnräder setzen sich in Bewegung, der Mechanismus rastet erst bei der nächsthöheren Stufe wieder ein – bis dato wurde eines ihrer Beine jedoch schon so stark belastet, dass ein Knochen nachgab, der infolge dessen die Haut durchstieß und nun grotesk unterhalb ihres Knies herausragt…
Um es vorweg zu nehmen: Trotz des Cover-Motivs und des Eindrucks dieser ersten 10 unheilschwangeren Minuten, handelt es sich bei dieser Produktion nicht (!) um ein Folter-Filmchen oder gar Zombie-Streifen, wie es der Titel eventuell suggerieren könnte. Nein, wer eine dieser beiden Ausrichtungen erwartet, dürfte enttäuscht werden – aber dazu später mehr.
Nachdem Victor also von keiner anderen als seiner Ehefrau Elizabeth (Kristy Swanson) überrascht wurde, gelingt es ihm und seinem Anwalt Roman (Joshua Peace) gerade noch so, Melanie (u.a.) durch die Zahlung einiger tausend Dollar den Gang zur Polizei auszureden. Das Klima seiner Ehe ist inzwischen ohnehin eisig, die Beziehung mehr oder minder offen gegenüber wechselnden Partnern. Elizabeth liebt es, das Geld ihres Mannes auszugeben, an welchen sie vor allem ein Ehevertrag bindet, Victor selbst kommt extrem arrogant daher und verbringt die meiste Zeit mit Videogames, Drogenkonsum oder Seitensprüngen – er fühlt sich nur dann lebendig, wenn er andere von oben herab behandeln, kontrollieren oder gar unterdrücken kann. Irgendwann hält sie die heimische Situation nicht mehr aus, weshalb der Plan geschmiedet wird, den Göttergatten aus dem Weg zu räumen. Roman, übrigens ihr Lover, unterstützt sie dabei – ein Mandant Schrägstrich Dealer (Troy Yorke) versorgt ihn mit dem Gift des exotischen Kugelfischs (Fugu), das in minimalen Mengen stimulierend, jedoch bereits in geringen Dosen tödlich wirkt. Das „Schöne“ ist, dass Victor in seinem Testament ausdrücklich darauf beharrt, dass sein Körper im Falle des Todes nicht obduziert, hergerichtet oder zur Organspende genutzt wird, da ihn dieses Vorgehen beim Ableben seines Vaters damals angewidert und verstört hat. Einem asiatischen Gericht beigemischt, nimmt er das Gift schließlich zu sich und bricht fast augenblicklich nach dem Verzehr zusammen – der herbeigerufene Notarzt erklärt ihn wenig später für tot. Was keiner weiß, ist dass die verabreichte Konzentration nicht tödlich war – sie reduzierte seine Vitalfunktionen stattdessen bloß auf ein absolutes Minimum: Unfähig, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen, sieht, hört und spürt er alles, was mit ihm geschieht. Der teuflische Plan scheint aufgegangen zu sein – bis der zuständige Pathologe (Neil Foster) Verdacht schöpft, das Testament gerichtlich per Eilantrag anfechtet sowie drei Medizinstudenten nachts im Leichenschauhaus heimlich ihre Obduktions-Kenntnisse aufbessern wollen, indem sie an Leichen üben, deren Beerdigung in einem geschlossenen Sarg unmittelbar bevorsteht. Im Laufe dieser „Nachhilfe-Übung“ kommt Victor erstmalig wieder voll zu sich, worauf die Hochschüler die Sachlage in ihrer Panik nur noch verschlimmern – und zwar in der Hoffnung, so ihre künftigen Karrieren retten zu können. Körperlich nun nicht mehr in der besten Verfassung, dafür aber unglaublich wütend, gelingt es Victor, im Rahmen seines nächsten Erwachens in letzter Sekunde zu verhindern, dass sie ihn lebendig im Wald verscharren – ein blutiger und grausamer Rachefeldzug ist die Folge, bei dem er keinen zu verschonen gedenkt, der ihm jegliches Leid angetan hat…
Das erste Drittel von „Living Death“ erinnert (seitens des Konzepts) auffällig an Klischee-durchtränkte Erotik-Thriller der 80er und 90er: Eine klassische Dreiecksgeschichte, in der eine verführerische (blonde) Frau ihren abscheulichen Ehemann mit Hilfe ihres Lovers (des Geldes wegen) loswerden will – bis Misstrauen und die Erkenntnis, dass ihr Vorhaben misslungen ist, jeweils aufkeimen sowie das potentielle Opfer im Anschluss den Spieß umdreht. Auf nackte Haut muss der Betrachter hier allerdings verzichten. Das Mittelstück verlässt dann diesen Pfad und schöpft seine Kraft aus einem erstaunlich gelungenem Zusatz schwarzen Humors – hauptsächlich in Gestalt der Studenten Mike (Marc Hickox), Steve (Vik Sahay) und Jessica (Jennifer Waiser), welche das Leichenschauhaus als illegale „Trainingsstätte“ für ihre zukünftige Profession nutzen. Simultan steht das lockere Auftreten der Drei im krassen Gegensatz zu Victor´s Lage bzw Gemütsverfassung, der hilflos mit ansehen muss, wie sie seine Leichenöffnung vorbereiten und gar einleiten – die Entnahme einiger Gedärme ist (nicht nur deshalb) schön unappetitlich ausgefallen. Ihre Reaktion, den Vorfall vertuschen zu wollen, statt ihn bei Bemerken des Zustands auf der Stelle zu retten, macht sie ebenfalls zu einem Ziel seines Zorns und raubt ihnen zugleich einen Teil des Publikums-Wohlwollens, so dass sie ihr bevorstehendes Schicksal auch (in gewisser Weise) verdienen. Der Schlussakt besteht nun aus einer gradlinigen, konsequenten Rache-Tour, in welcher es ohne Umschweife oder einem Wimperzucken zur Sache geht und deren Finale (erwartungsgemäß) an jener Örtlichkeit stattfindet, an der die Story begann. Gnadenlos richtet Victor seine auserwählten menschlichen Ziele hin – grausam und blutig. Natürlich haben sie das so nicht verdient, und trotzdem passt dieses Vorgehen in das Persönlichkeitsprofil des jetzigen Killers, da er schon immer einen Hang zum Überreagieren hatte – und wie sonst sollte er das steigern, was man ihm angetan hat?
Greg Byrk (TV´s „ReGenesis“/„Shoot`em up“) spielt Victor, den durch und durch unsympathischen Anti-Helden unserer Geschichte. Dass er ernsthafte Probleme hat, ist ja von Beginn an leicht zu erkennen, die spöttische Freude darüber, wie billig er Melanie abspeisen konnte, steigert die Antipathie nur weiter, sein allgemeines Verhalten den Mitmenschen gegenüber bringt ihm rasch die treffende Bezeichnung „Arschloch“ ein. Er genießt es, Menschen seiner (nicht nur finanziellen, sondern auch körperlichen und/oder materiellen) Macht zu unterwerfen. Potenziell gewalttätige sowie klar selbstzerstörerische Tendenzen veranschaulicht eine Szene vortrefflich, in der er Drogen nimmt, während er aus Langeweile stundenlang blutige Videogames auf seinem Großbildfernseher zockt – sein reales „Spielzimmer“ unterm Dach oder das Zücken einer Waffe (im betrunkenen Zustand) bei einem Pokerduell zeigt deutlich auf, dass ein Überschreiten der Grenze nur eine Frage der Zeit ist. Byrk verkörpert diese Eigenschaften perfekt und sichtlich engagiert – man kann ihn nicht ausstehen, sein abgründig-bedrohliches Schimmern in den Augen lässt erahnen, zu was er alles fähig ist. Dieses Leben bietet ihm keine Erfüllung, einzig der Verlust seines Vaters geht ihm nahe – dieser Punkt stellt die alleinige Schwachstelle dar, die ihn emotional trifft. Ur-„Buffy“ Kristy Swanson („the Phantom“/„Hot Shots!“), seit Mitte der 90er (bis auf unwesentliche Ausnahmen) in der B-Movie-Versenkung verschwunden, hat jüngst (merklich) einige Kilos zugenommen, was in manch einem engen Kleid etwas unvorteilhaft anmutet. Noch nie für mimische Höchstleistungen bekannt, gelingt Kristy das hier ebenso wenig. Keinesfalls störend schlecht, mangelt es ihr jedoch an der nötigen Überzeugungskraft, die Besorgnis angesichts der anschwellenden Gefahr zu vermitteln – das „eiskalte Biest“ nimmt man ihr hingegen anstandslos ab. Joshua Peace („the Sentinel“/„Cube Zero“) ist weitestgehend annehmbar als Anwalt, Freund und Liebhaber, was genauso auf Kelsey Matheson („Dracula 2000“) zutrifft. Die Tatsache, dass der Zuschauer mit keinem der Protagonisten wirklich warm wird, stört in diesem Fall kaum – dafür werden die „niederen Gelüste“ befriedigt, indem man mit einer gewissen Genugtuung verfolgt, wie jeder (mehr oder minder) das bekommt, was er verdient. Victor gönnt man geradezu seine Leiden – im Gegenzug sind die Opfer seiner Vergeltung gleichermaßen keine Unschuldsengel, denn im Prinzip haben sie ihn ja aus reiner Geldgier „getötet“, statt etwa eine Scheidung anzustreben. Diese Denk- bzw Herangehensweise zeugt sicher nicht vom Vorgehen eines „cineastischen Feinschmeckers“ – aber mal ehrlich: Jene Vertreter sind bei einem Werk mit einem solchen Titel sowieso an der falschen Adresse.
Die Schreiberlinge Leo Scherman („White Knuckles“), Erin Berry („Trinity Dogs“) und Christopher Warre Smets („Dead Mary“) haben es geschafft, eben kein Werk in der aktuellen Tradition von „Saw“ oder „the Hills have Eyes“ abzuliefern, in welcher es primär um kreative und/oder rohe Gewalttätigkeiten geht, sondern flochten nur einen Hauch dieser Mode-Erscheinung in ihre Arbeit mit ein. Erst ein Thriller, zuletzt ein harter Slasher im „Friday the 13th“-Stil, geht das Mittelstück unverkennbar auf Edgar Allen Poe´s „the Premature Burial“ zurück treibt somit im Fahrwasser diverser Umsetzungen der dort vorhandenen inhaltlichen Leitgedanken (z.B. die „Buried Alive“-Streifen oder jüngst „Autopsy Room 4“ aus der „Nightmares and Dreamscapes“-Reihe), zudem erweckt der düstere Humor Erinnerungen an das Prinzip der „Tales from the Crypt“-Serie, welche diese Thematik einst auch schonmal behandelte. Gerade kleinere Produktionen erwecken oftmals den Eindruck, Limitierungen oder fehlende Ideen durch die Verwendung vordergründiger Gewalt verschleiern zu wollen – nicht so im vorliegenden Fall, wo diese erst im Schlussdrittel geballt auftritt, während sich die Story bis dato ohne Guts&Gore über Wasser zu halten vermag. Leider ließen es sich die Marketing-Leute nicht nehmen, dennoch auf den Zug aufzuspringen: Die Tagline „Scream all you want...he enjoys it“ wurde gewählt sowie das Cover ausnehmend reißerisch gestaltet – besonders dreist: Das Blut auf dem Titel-Motiv hat man nachträglich eingefügt, in den betreffenden Einstellungen „fehlt“ es! Um mich klar auszudrücken: Härten sind eindeutig existent (abgerissene Gliedmaße, herausgenommene Innereien, eingeschlagene Schädel etc), nur kaum in dem Ausmaß, abgebrühte Splatter-Kiddies zufrieden zu stellen, denen die erste Stunde ohnehin zu ruhig sein dürfte – verschiedene Stimmen zu Eli Roth´s 2.Regiearbeit kommen mir da unweigerlich wieder in den Sinn…
Neuerungen kann das Drehbuch keine vorweisen, von einem Folter-Keller auf dem Dachboden mal abgesehen, die Charakterzeichnungen sind oberflächlich, einige Ideen unausgereift (wie sehr mag es Elizabeth tatsächlich, wenn ihr Victor Schmerzen zufügt, so wie in einer Sequenz, in welcher er ihr mit einem Messer in den Nacken sticht und sie dabei genussvoll stöhnt…?). Die Dialog-Qualität schwankt stets zwischen amüsant und schwach (überwiegend gen letzteren Pol) – allerdings stimmt der allgemeine Fluss. Darüber hinaus wird auffallend großen Wert auf gründliche Hintergrund-Fakten gelegt: Fachwissen über das Fugu-Gift findet ausführliche Erwähnung, Vergleiche zu Zombifikationen auf Haiti werden herangezogen (usw). Außerdem ist die Herleitung der Entdeckung, dass man seine persönliche Gunst irgendwann einer vollkommen unsympathischen Figur zugesprochen hat, eine attraktive Leistung. Sobald der Verlauf des vorliegenden Spielfilmdebüts von Erin Berry, der bislang vornehmlich als Produzent bei „Archetype“ tätig war, den relativ konventionellen Anfangs-Akt hinter sich lässt, nimmt er gut Fahrt auf und behält diese bis zum Einsetzen des Abspanns bei. Das geringe Budget wird per Nutzen ausgewählter Locations erfolgreich kaschiert, die Optik ist glatt und sauber. Am Ende stirbt sogar ein Goldfisch – und neues Leben kündigt sich an…
Fazit: „Living Death“ ist ein morbider kleiner Thriller, der mich positiv überraschte. Zwar ist die ganze Angelegenheit fern von nachhaltig oder hochwertig, doch unterhaltsam ist sie unter den richtigen Umständen (wie einer angepassten Erwartungshaltung) schon … ganz knappe „6 von 10“