Mit seiner Produktionsfirma Ghosthouse Pictures half Sam Raimi dem Horrorfilm der Low-Budget-Klasse zu Kino- und Videothekenstarts, darunter auch „Rise: Blood Hunter“, dessen Regisseur Sebastian Gutierrez und Drehbuchautor bereits B-Movies wie „Der Todesengel aus der Tiefe“ schuf und manchmal sogar an den Scripts von Hollywoodwerken wie „Gothika“ und „Snakes on a Plane“ mitschreibselte.
„Rise: Blood Hunter“ ist dann ein Mittelding, ein B-Picture, für das man aber überraschend prominente Leute aus Hollywoods zweiter Reihe gewinnen konnte. Gastauftritte bekannter Nasen gibt es auch, etwa von Robert Forster, dem Protagonistin Sadie Blake (Lucy Liu) in der Auftaktsequenz die Prostituierte vor der Nase wegschnappt. Sadie benutzt die Gute allerdings in erster Linie als Köder, um aus einem an den Rollstuhl gefesselten Vampir eine Adresse herauszupressen, diesen dann zu killen und die Prostituierte laufen zu lassen. Zwar wird das Wort „Vampir“ nie in dem Film gesagt, doch schon von Anfang ist klar zu welch untoter Spezies die Übelwichte hier gehören, zumal Titel und Promotion „Rise: Blood Hunter“ unterschwer erkennbar als Vampirfilm verkaufen.
In einer Rückblende erfährt der Zuschauer nun, dass Sadie ebenfalls zu den Kreaturen der Nacht gehört, nachdem sie als Reporterin einer Enthüllungsstory nachging, in der es um tote Teenager und Aussaugepartys ging. Dummerweise recherchierte sie zu gut, stieß auf Partyveranstalter Bishop (James D’Arcy) und dessen untote Crew, war aber gleichzeitig nicht gut genug im Verschleiern ihrer Recherchen. Also wird dem Zuschauer in epischer Breite vorgekaut wie Sadie erst gefangen genommen, dann zum Sex mit Bishop und seiner Freundin Eve (Carla Gugino) gezwungen und später ausgesaugt wird. Dabei kommen keine Beißerchen zum Einsatz, sondern die Vampire schlitzen die Adern ihrer Opfer mit kleinen Metalkrallen auf, aber andere Elemente des Vampirmythos wie den tödlichen Treffer in die Herzregion oder das fehlende Spiegelbild behält „Rise: Blood Hunter“ dann doch bei.
Während der Zuschauer noch mehr über Sadie, ihr Vampirdasein und ihre Hintergründe erfährt, hat die Gute vor allem Rache an ihren Peinigern und Mördern im Kopf, deren Spur sie folgt. Gleichzeitig wird auch der Polizist Clyde Rawlins (Michael Chiklis) in die Sache verstrickt…
Die Vorbilder von „Rise: Blood Hunter“ sind unschwer zu erkennen, gerade mit Blick auf zum Veröffentlichungszeitpunkt aktuelle Trends: Die Vampir-Amazone kennt man aus „Underworld“, den (Halb-)Vampir auf der Jagd nach Artgenossen aus „Blade“. Mit den beiden Filmreihen hat „Rise: Blood Hunter“ dann allerdings wenig mehr gemein, denn die von Sadie überwundene Gegnerzahl würde dort noch nicht einmal für die Auftaktszene reichen. Stattdessen fühlt sich Gutierrez‘ B-Picture wie die Vampirvariante eines „Death Wish“-Plagiats an: Ein paar Schuldige müssen ausfindig gemacht werden und dran glauben, wobei sie meist einfach mit der Armbrust bedroht und dann erschossen. Die Konfrontationen sind dabei meist so bodenständig und unspektakulär, dass es auch Bronson in seiner Spätphase noch hinbekommen hätte – eine Rangelei mit Vampirbutler Poe (Mako) und das finale Handgemenge mit Bishop sind da schon das Äußerste der Gefühle, weshalb man lieber keine große Action von „Rise: Blood Hunter“ erwartet.
Stattdessen handelt es sich hierbei um einen Rachethriller nach Schema F, in dessen Verlauf die Protagonistin von jedem überwundenen Schurken den Hinweis auf das nächste potentielle Opfer erhält und sich so durch die (dünn besetzten) Reihen ihrer Feinde arbeitet. Das ist ein eher wenig aufregender Mainplot, der (vor allem in der Unrated-Fassung) noch einmal dadurch in die Länge gezogen wird, dass Heldin und Widersacher sich ellenlang mit nichtssagendem Firlefanz volllabern. Damit nimmt Gutierrez vollends das Tempo aus einem Film, der eh voller in der Luft hängender Ansätze ist. Man nehme beispielsweise den Mentor, der Sadie an einer Stelle aufnimmt, zwischen zwei Szenen zur Vollstreckerin austrainiert hat und selbst wohl noch eine Rechnung mit den anderen Vampiren offen hat, über die aber nie wieder groß gesprochen wird. Seine Figur hat eigentlich null Bewandtnis für die Handlung, soll einfach nur begrenzt glaubwürdig erklären wieso die zuvor harmlose Reporterin zur Gefahr für die Vampire wird.
Nebenbei geht „Rise: Blood Hunter“ dann ein wenig in Richtung von Vampirdramen wie „Interview mit einem Vampir“, wenn Sadie mit ihrer neuen Natur hadert, eigentlich niemanden verletzten will und doch Blut trinken muss. Das klingt in zwei Szenen überzeugend an: In der einen schlürft sie einen Sterbenden in einem Obdachlosenasyl aus, in der anderen nimmt sie einen Anhalter mit und geht durch Nachfragen sicher, dass dieser keine Frau, Freundin oder Familie hat, was dieser als Anmache versteht. Ebenfalls stark sind auch die Szenen, in denen Sadie mit ihrer Familie Kontakt aufnehmen will, für die sie aber tot ist. Die Tiefe oder den Hintersinn großer Vorbilder erreicht „Rise: Blood Hunter“ in diesen Szenen nicht, offenbart aber immerhin einiges Potential und baut Stimmung auf. Wesentlich mehr als in den dumpfen Fragerunden und Schnitzeljagden auf der Suche nach Bishop.
Auch Rawlins, dessen Tragik man erst nach und nach erkennt, ist eine willkommene Ergänzung, wird aber zu spät in den Plot eingebunden, um noch wirklich etwas zu reißen. Dabei ist sein arbeitswütiger und von einer privaten Tragödie gebeutelter Cop im Endeffekt sogar noch interessanter als die leicht eindimensionale Rächerin. Gänzlich flach wird es dann bei den Vampiren: Bishop ist halt ein beißender und über Leichen gehende Lebemann, dem aber jede Motivation zu Größerem fehlt, die anderen Vampire sind dumpfe Handlanger mit ähnlichem Durst wie ihr Meister. Einzig und allein Eve offenbart in einer Unterredung mit Sadie komplexere Facetten, wird danach aber direkt aus der Handlung genommen, wodurch das alles keinen Nachhall hat. Ansatzweise versucht sich Gutierrez auch am Appeal der Vampirerotik, denn seine Blutsauger haben noch andere Gelüste als den roten Lebenssaft, wobei der Film mit seinen Nacktszenen eher Sleaze- und Exploitationterrain abdeckt und das auch noch in der handzahmen Videothekenvariante. Ähnlich sieht es mit den Blutschmierereien und gelegentlichen Härten aus, die auch nicht den Härtegrad von „Blade“ und Co. erreichen.
Tapfer spielt sich Lucy Liu durch den Film, kann aber nie ganz verhehlen, dass artverwandte Figuren wie ihre „Kill Bill“-Schwertkämpferin wesentlich markanter und cooler waren. Immerhin: Die Tragik der leidenden, zum Bluttrinken gezwungenen Neuvampirin bringt sie überzeugend rüber. Michael Chiklis muss hier eine menschlichere, sympathischere Version seiner „The Shield“-Paraderolle als harter Bulle spielen, hinterlässt damit aber Eindruck. James D’Arcy als Oberschurke ist dagegen ein total interessantes Milchbrötchen und somit ein ziemlicher Ausfall, während seine mit den bekannten Gesichtern Carla Gugino, Mako und Holt McCallany besetzte Entourage nie so richtig zum Zuge kommt. Weitere Kurzauftritte aus „Der kenn ich doch“-Sparte: Marilyn Manson als Barmann, Elden Henson als menschlicher Kleingauner und „Cabin in the Woods“-Kiffer Fran Kranz als Anhalter.
So wundert man sich ob des verschenkten Schauspieltalents, das in diesem geschwätzigen wie actionarmen „Death Wish“-meets-„Interview mit einem Vampir“-Streifen verbraten wird. Hin und wieder macht Gutierrez die Tragik des Tötens um zu Überleben klar, einige Passagen sind durchaus atmosphärisch, aber unterm Strich ist diese Rachestory viel zu verlabert, redundant und unspektakulär.